Lehmann, Rudolf: Deutsche Poetik. München, 1908.ple_012.001 ple_012.003 ple_012.026 1) ple_012.041 Vgl. die Zusammenstellung bei Hettner, Geschichte der deutschen Literatur im ple_012.042 19. Jahrhundert, Teil III3, 1. Abt. S. 34 ff., 49. 2) ple_012.043
R. Haym, Die romantische Schule, S. 779, vgl. 766. ple_012.001 ple_012.003 ple_012.026 1) ple_012.041 Vgl. die Zusammenstellung bei Hettner, Geschichte der deutschen Literatur im ple_012.042 19. Jahrhundert, Teil III3, 1. Abt. S. 34 ff., 49. 2) ple_012.043
R. Haym, Die romantische Schule, S. 779, vgl. 766. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0026" n="12"/><lb n="ple_012.001"/> liebt und sie gegen fremde nicht hingeben möchte. Sie sind ja <hi rendition="#g">ihre</hi> <lb n="ple_012.002"/> Dichter.“ (Fragmente über die neuere deutsche Literatur, 1766/67.)<note xml:id="ple_012_1" place="foot" n="1)"><lb n="ple_012.041"/> Vgl. die Zusammenstellung bei <hi rendition="#k">Hettner,</hi> Geschichte der deutschen Literatur im <lb n="ple_012.042"/> 19. Jahrhundert, Teil III<hi rendition="#sup">3</hi>, 1. Abt. S. 34 ff., 49.</note> </p> <p><lb n="ple_012.003"/> Der breite Strom nationalen und volkstümlichen Lebens, der sich <lb n="ple_012.004"/> unter dem Einfluß dieser befreienden Anschauungsweise in den siebziger <lb n="ple_012.005"/> Jahren in die Poesie ergoß, wurde durch die schnelle Rückwendung Goethes <lb n="ple_012.006"/> und Schillers zum Klassizismus fast gewaltsam zurückgedämmt; aber er <lb n="ple_012.007"/> versiegte darum nicht, und in den letzten Jahren des zu Ende gehenden <lb n="ple_012.008"/> Jahrhunderts wurden alle Keime, die er mit sich trug, in der <hi rendition="#g">Romantik</hi> <lb n="ple_012.009"/> von neuem lebendig. Mehr noch als in ihren Schriften zum Ausdruck <lb n="ple_012.010"/> kam, schritt die neue Schule auf den Bahnen, die Herder gebrochen hatte. <lb n="ple_012.011"/> Auch sie verwarf die einseitige Geltung des Griechentums und des hierauf <lb n="ple_012.012"/> gegründeten Idealstils. Sie stellte, wie es schon Herder getan, das Mittelalter, <lb n="ple_012.013"/> die Dichtung der romanischen Völker, ja der Inder und Orientalen <lb n="ple_012.014"/> neben die hellenische Kunst. Die geschichtliche Betrachtung der Poesie <lb n="ple_012.015"/> entfaltete sich weiter und trat besonders in August Wilhelm <hi rendition="#g">Schlegels</hi> <lb n="ple_012.016"/> Berliner Vorlesungen über schöne Literatur und Kunst (1803–1804) systematisch <lb n="ple_012.017"/> hervor: man darf dieselben als den ersten Versuch zu einer historisch <lb n="ple_012.018"/> begründeten Gesamtpoetik bezeichnen. Schlegel unternimmt es, das <lb n="ple_012.019"/> Wesen der Dichtung und der dichterischen Formen aus der geschichtlichen <lb n="ple_012.020"/> Entwicklung zu verstehen, „die Poesie genetisch zu erklären und sie auf <lb n="ple_012.021"/> den verschiedenen Stufen, welche sie von der ersten Regung des Instinkts <lb n="ple_012.022"/> an bis zur vollendeten künstlerischen Absicht durchzugehen hat, zu begleiten“.<note xml:id="ple_012_2" place="foot" n="2)"><lb n="ple_012.043"/><hi rendition="#k">R. Haym,</hi> Die romantische Schule, S. 779, vgl. 766.</note> <lb n="ple_012.023"/> Eine unendliche Erweiterung des Gesichtskreises ging daraus <lb n="ple_012.024"/> hervor, eine Bereicherung und Vertiefung des Verständnisses, die selbst <lb n="ple_012.025"/> auf die Führer des Klassizismus zurückwirkte.</p> <p><lb n="ple_012.026"/> Die geschichtliche Betrachtungsart bedeutet in Wahrheit den ersten <lb n="ple_012.027"/> Schritt zu einer wissenschaftlichen Erfassung der Poesie überhaupt. Aber <lb n="ple_012.028"/> es ist deutlich, daß sie für sich allein nicht genügt, um eine Wissenschaft <lb n="ple_012.029"/> von dem Wesen der Dichtung nach ihren allgemeinen und bleibenden <lb n="ple_012.030"/> Grundzügen und Gesetzen zu schaffen. Die <hi rendition="#g">Geschichte</hi> der Poesie, auch <lb n="ple_012.031"/> die vergleichende, wie sie Herder und A. W. Schlegel angebahnt haben, <lb n="ple_012.032"/> ist eben Literaturgeschichte, nicht Poetik: sie hebt die Charakterzüge <lb n="ple_012.033"/> zeitlicher und nationaler Erscheinungen schärfer hervor, sie überblickt <lb n="ple_012.034"/> das Gesamtgebiet klarer und vollständiger, als das früher möglich war, <lb n="ple_012.035"/> aber sie vermag auf die letzten Fragen nach dem Wesen der Poesie, nach <lb n="ple_012.036"/> den treibenden Kräften ihrer Entwicklung, nach dem Verhältnis der Formen <lb n="ple_012.037"/> zum Inhalt und vielem ähnlichen, worüber der forschende Menschengeist <lb n="ple_012.038"/> Aufschluß sucht, keine Antwort zu geben. Sie weist mithin über sich <lb n="ple_012.039"/> selbst hinaus auf eine allgemeinere und tiefere Auffassung hin, durch welche <lb n="ple_012.040"/> das, was sie sammelt und darstellt, erst seine wahre Bedeutung gewinnen </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [12/0026]
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liebt und sie gegen fremde nicht hingeben möchte. Sie sind ja ihre ple_012.002
Dichter.“ (Fragmente über die neuere deutsche Literatur, 1766/67.) 1)
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Der breite Strom nationalen und volkstümlichen Lebens, der sich ple_012.004
unter dem Einfluß dieser befreienden Anschauungsweise in den siebziger ple_012.005
Jahren in die Poesie ergoß, wurde durch die schnelle Rückwendung Goethes ple_012.006
und Schillers zum Klassizismus fast gewaltsam zurückgedämmt; aber er ple_012.007
versiegte darum nicht, und in den letzten Jahren des zu Ende gehenden ple_012.008
Jahrhunderts wurden alle Keime, die er mit sich trug, in der Romantik ple_012.009
von neuem lebendig. Mehr noch als in ihren Schriften zum Ausdruck ple_012.010
kam, schritt die neue Schule auf den Bahnen, die Herder gebrochen hatte. ple_012.011
Auch sie verwarf die einseitige Geltung des Griechentums und des hierauf ple_012.012
gegründeten Idealstils. Sie stellte, wie es schon Herder getan, das Mittelalter, ple_012.013
die Dichtung der romanischen Völker, ja der Inder und Orientalen ple_012.014
neben die hellenische Kunst. Die geschichtliche Betrachtung der Poesie ple_012.015
entfaltete sich weiter und trat besonders in August Wilhelm Schlegels ple_012.016
Berliner Vorlesungen über schöne Literatur und Kunst (1803–1804) systematisch ple_012.017
hervor: man darf dieselben als den ersten Versuch zu einer historisch ple_012.018
begründeten Gesamtpoetik bezeichnen. Schlegel unternimmt es, das ple_012.019
Wesen der Dichtung und der dichterischen Formen aus der geschichtlichen ple_012.020
Entwicklung zu verstehen, „die Poesie genetisch zu erklären und sie auf ple_012.021
den verschiedenen Stufen, welche sie von der ersten Regung des Instinkts ple_012.022
an bis zur vollendeten künstlerischen Absicht durchzugehen hat, zu begleiten“. 2) ple_012.023
Eine unendliche Erweiterung des Gesichtskreises ging daraus ple_012.024
hervor, eine Bereicherung und Vertiefung des Verständnisses, die selbst ple_012.025
auf die Führer des Klassizismus zurückwirkte.
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Die geschichtliche Betrachtungsart bedeutet in Wahrheit den ersten ple_012.027
Schritt zu einer wissenschaftlichen Erfassung der Poesie überhaupt. Aber ple_012.028
es ist deutlich, daß sie für sich allein nicht genügt, um eine Wissenschaft ple_012.029
von dem Wesen der Dichtung nach ihren allgemeinen und bleibenden ple_012.030
Grundzügen und Gesetzen zu schaffen. Die Geschichte der Poesie, auch ple_012.031
die vergleichende, wie sie Herder und A. W. Schlegel angebahnt haben, ple_012.032
ist eben Literaturgeschichte, nicht Poetik: sie hebt die Charakterzüge ple_012.033
zeitlicher und nationaler Erscheinungen schärfer hervor, sie überblickt ple_012.034
das Gesamtgebiet klarer und vollständiger, als das früher möglich war, ple_012.035
aber sie vermag auf die letzten Fragen nach dem Wesen der Poesie, nach ple_012.036
den treibenden Kräften ihrer Entwicklung, nach dem Verhältnis der Formen ple_012.037
zum Inhalt und vielem ähnlichen, worüber der forschende Menschengeist ple_012.038
Aufschluß sucht, keine Antwort zu geben. Sie weist mithin über sich ple_012.039
selbst hinaus auf eine allgemeinere und tiefere Auffassung hin, durch welche ple_012.040
das, was sie sammelt und darstellt, erst seine wahre Bedeutung gewinnen
1) ple_012.041
Vgl. die Zusammenstellung bei Hettner, Geschichte der deutschen Literatur im ple_012.042
19. Jahrhundert, Teil III3, 1. Abt. S. 34 ff., 49.
2) ple_012.043
R. Haym, Die romantische Schule, S. 779, vgl. 766.
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