Lehmann, Rudolf: Deutsche Poetik. München, 1908.ple_016.001 ple_016.019 1) ple_016.042
Elements of Criticism. Edinburg 1762-1765. Vgl. Hettner, Geschichte der ple_016.043 englischen Literatur S. 442. ple_016.001 ple_016.019 1) ple_016.042
Elements of Criticism. Edinburg 1762–1765. Vgl. Hettner, Geschichte der ple_016.043 englischen Literatur S. 442. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0030" n="16"/><lb n="ple_016.001"/> Gegenstände die echten Grundsätze der schönen Kunst zu entdecken.“<note xml:id="ple_016_1" place="foot" n="1)"><lb n="ple_016.042"/> Elements of Criticism. Edinburg 1762–1765. Vgl. <hi rendition="#k">Hettner,</hi> Geschichte der <lb n="ple_016.043"/> englischen Literatur S. 442.</note> <lb n="ple_016.002"/> In Deutschland hat <hi rendition="#g">Moses Mendelssohn,</hi> zuerst aus selbständigem <lb n="ple_016.003"/> Antriebe, dann unter dem Einfluß jener englischen Denker, die <lb n="ple_016.004"/> psychologische Betrachtung der Kunst und des Schönen angebahnt (besonders <lb n="ple_016.005"/> in den „Briefen über die Empfindungen“, Berlin 1755). Er suchte <lb n="ple_016.006"/> die Eigentümlichkeiten der künstlerischen Wirkungen aus empirisch erkennbaren <lb n="ple_016.007"/> inneren Zuständen und Vorgängen zu verstehen und betrachtete <lb n="ple_016.008"/> die ästhetischen Erscheinungen zugleich als Quelle psychologischer Erkenntnis. <lb n="ple_016.009"/> Er hat damit einen starken Einfluß auf seinen Freund Lessing <lb n="ple_016.010"/> ausgeübt: als eine Art von Unterströmung zieht sich die psychologische <lb n="ple_016.011"/> Betrachtungsweise vom Laokoon an durch die klassische Literatur, hier <lb n="ple_016.012"/> und da, bei Herder wie bei Schiller, an die Oberfläche tretend. An sich <lb n="ple_016.013"/> freilich wurde, wie wir gesehen haben, die Denkweise dieser Epoche <lb n="ple_016.014"/> von ganz anderen Gesichtspunkten bestimmt, und ebenso blieb auch in <lb n="ple_016.015"/> der Periode des Hegelschen Einflusses das psychologische Element untergeordnet <lb n="ple_016.016"/> und unwirksam, bis es durch die wissenschaftliche Gesamtentwicklung <lb n="ple_016.017"/> kraftvoll in die Höhe getragen wurde, um nunmehr schnell als die <lb n="ple_016.018"/> herrschende Strömung zutage zu treten.</p> <p><lb n="ple_016.019"/> Zwei Schriftsteller sind in dieser Hinsicht von entscheidendem Einfluß <lb n="ple_016.020"/> geworden; beide nicht speziell der Poetik, sondern allgemeinen Fragen der <lb n="ple_016.021"/> Kunst zugewandt, beides Männer, die auch sonst dem wissenschaftlichen <lb n="ple_016.022"/> Denken wichtige Impulse gegeben haben: H. <hi rendition="#g">Taine</hi> durch die <hi rendition="#g">Histoire de <lb n="ple_016.023"/> la littérature anglaise</hi> 1863 (und im Zusammenhang hiermit seine <hi rendition="#g">Philosophie <lb n="ple_016.024"/> de l'art</hi> 1865) und G. Th. <hi rendition="#g">Fechner</hi> mit der <hi rendition="#g">Vorschule der Ästhetik</hi> <lb n="ple_016.025"/> 1876. <hi rendition="#g">Taine,</hi> ein rationalistisch scharfer Denker, ein Psychologe und zugleich <lb n="ple_016.026"/> ein Geschichtsschreiber großen Stils, legt das entscheidende Gewicht auf <lb n="ple_016.027"/> den Einfluß, den <hi rendition="#g">Rasse, soziales Milieu</hi> und <hi rendition="#g">Zeitalter</hi> auf die Geistesverfassung <lb n="ple_016.028"/> des Künstlers ausüben: diesen Einfluß gilt es zu untersuchen <lb n="ple_016.029"/> und aus der so verstandenen psychologischen Eigenart des Urhebers das <lb n="ple_016.030"/> Wesen des Kunstwerks zu erfassen. G. Th. <hi rendition="#g">Fechner,</hi> einer der Hauptbegründer <lb n="ple_016.031"/> der wissenschaftlichen Psychologie in Deutschland, fordert mit <lb n="ple_016.032"/> aller Entschiedenheit eine ästhetische Erfahrungswissenschaft, die ihre allgemeinen <lb n="ple_016.033"/> Sätze und Begriffe auf psychologische Empirie begründen und <lb n="ple_016.034"/> induktiv vom Besonderen zum Allgemeinen aufsteigen soll, statt wie es <lb n="ple_016.035"/> die frühere Kunstphilosophie getan hatte, von allgemeinen Sätzen und Begriffen <lb n="ple_016.036"/> aus die einzelnen Erscheinungen zu betrachten und zu beurteilen. <lb n="ple_016.037"/> Er leitet auf diesem Wege eine Reihe ästhetischer Erfahrungsprinzipien ab, <lb n="ple_016.038"/> die dem Zwecke dienen, die komplizierten Erscheinungen, welche die <lb n="ple_016.039"/> ästhetischen Vorgänge darbieten, mit den elementaren Funktionen des Seelenlebens <lb n="ple_016.040"/> in eine kausale Verbindung zu setzen, ihren Ursprung in diesen letz— <lb n="ple_016.041"/> teren nachzuweisen. So führt er z. B. die künstlerischen Prinzipien des Kontrastes </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [16/0030]
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Gegenstände die echten Grundsätze der schönen Kunst zu entdecken.“ 1) ple_016.002
In Deutschland hat Moses Mendelssohn, zuerst aus selbständigem ple_016.003
Antriebe, dann unter dem Einfluß jener englischen Denker, die ple_016.004
psychologische Betrachtung der Kunst und des Schönen angebahnt (besonders ple_016.005
in den „Briefen über die Empfindungen“, Berlin 1755). Er suchte ple_016.006
die Eigentümlichkeiten der künstlerischen Wirkungen aus empirisch erkennbaren ple_016.007
inneren Zuständen und Vorgängen zu verstehen und betrachtete ple_016.008
die ästhetischen Erscheinungen zugleich als Quelle psychologischer Erkenntnis. ple_016.009
Er hat damit einen starken Einfluß auf seinen Freund Lessing ple_016.010
ausgeübt: als eine Art von Unterströmung zieht sich die psychologische ple_016.011
Betrachtungsweise vom Laokoon an durch die klassische Literatur, hier ple_016.012
und da, bei Herder wie bei Schiller, an die Oberfläche tretend. An sich ple_016.013
freilich wurde, wie wir gesehen haben, die Denkweise dieser Epoche ple_016.014
von ganz anderen Gesichtspunkten bestimmt, und ebenso blieb auch in ple_016.015
der Periode des Hegelschen Einflusses das psychologische Element untergeordnet ple_016.016
und unwirksam, bis es durch die wissenschaftliche Gesamtentwicklung ple_016.017
kraftvoll in die Höhe getragen wurde, um nunmehr schnell als die ple_016.018
herrschende Strömung zutage zu treten.
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Zwei Schriftsteller sind in dieser Hinsicht von entscheidendem Einfluß ple_016.020
geworden; beide nicht speziell der Poetik, sondern allgemeinen Fragen der ple_016.021
Kunst zugewandt, beides Männer, die auch sonst dem wissenschaftlichen ple_016.022
Denken wichtige Impulse gegeben haben: H. Taine durch die Histoire de ple_016.023
la littérature anglaise 1863 (und im Zusammenhang hiermit seine Philosophie ple_016.024
de l'art 1865) und G. Th. Fechner mit der Vorschule der Ästhetik ple_016.025
1876. Taine, ein rationalistisch scharfer Denker, ein Psychologe und zugleich ple_016.026
ein Geschichtsschreiber großen Stils, legt das entscheidende Gewicht auf ple_016.027
den Einfluß, den Rasse, soziales Milieu und Zeitalter auf die Geistesverfassung ple_016.028
des Künstlers ausüben: diesen Einfluß gilt es zu untersuchen ple_016.029
und aus der so verstandenen psychologischen Eigenart des Urhebers das ple_016.030
Wesen des Kunstwerks zu erfassen. G. Th. Fechner, einer der Hauptbegründer ple_016.031
der wissenschaftlichen Psychologie in Deutschland, fordert mit ple_016.032
aller Entschiedenheit eine ästhetische Erfahrungswissenschaft, die ihre allgemeinen ple_016.033
Sätze und Begriffe auf psychologische Empirie begründen und ple_016.034
induktiv vom Besonderen zum Allgemeinen aufsteigen soll, statt wie es ple_016.035
die frühere Kunstphilosophie getan hatte, von allgemeinen Sätzen und Begriffen ple_016.036
aus die einzelnen Erscheinungen zu betrachten und zu beurteilen. ple_016.037
Er leitet auf diesem Wege eine Reihe ästhetischer Erfahrungsprinzipien ab, ple_016.038
die dem Zwecke dienen, die komplizierten Erscheinungen, welche die ple_016.039
ästhetischen Vorgänge darbieten, mit den elementaren Funktionen des Seelenlebens ple_016.040
in eine kausale Verbindung zu setzen, ihren Ursprung in diesen letz— ple_016.041
teren nachzuweisen. So führt er z. B. die künstlerischen Prinzipien des Kontrastes
1) ple_016.042
Elements of Criticism. Edinburg 1762–1765. Vgl. Hettner, Geschichte der ple_016.043
englischen Literatur S. 442.
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