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Lehmann, Johann Gottlob: Versuch einer Geschichte von Flötz-Gebürgen. Berlin, 1756.

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wenn er mir allererst darthun könnte, daß
diese Felsen, besonders der Marmor, von An-
fang der Welt schon gewesen wäre.

Eben so wenig kan ich einsehen, warum
er aus einer Bemerckung des Herrn Linnäus
schlüssen will, weil er mit denselben nicht ei-
nig ist, daß einige Muscheln an dem Sar-
gaßo einer Meerpflantze solten gehangen ha-
ben, und mit derselben gegen Norden solten
geführt seyn worden, so müsten solche von
der Schöpfung her bereits daselbst gewesen
seyn. Allein ist denn dieses auch so etwas
unerhörtes, da man ja täglich siehet, daß
sich Schnecken an Pflantzen, und Muscheln
an See-Gewächse anhängen, wie viele so
genannte Seeeichen siehet man nicht, an wel-
chen verschiedene Arten von Muscheln hän-
gen. S. die 98te Seite.

Daß es aber möglich gewesen sey, daß
diese Erdlager, welche wir jetzo als harte
Felsen, Marmor und Kalckgebürge etc. sehen,
im Anfange zum Theil weich gewesen, lässet
sich aus vielen Gründen sehr deutlich erweisen.
Denn 1) sehen wir ja noch täglich, daß un-
ter der Erde Steine wachsen, alle abgebaue-
te Stollörter, Strecken etc. zeigen uns die-
ses. So viel versinterte Schächte und Höh-
len, legen davon den deutlichsten Beweis
ab, als deren Erhärtung nur nach und nach
geschiehet, da solche Anfangs von einer wei-
chen und flüßigen Materie erfüllet worden.

2) Müste

wenn er mir allererſt darthun koͤnnte, daß
dieſe Felſen, beſonders der Marmor, von An-
fang der Welt ſchon geweſen waͤre.

Eben ſo wenig kan ich einſehen, warum
er aus einer Bemerckung des Herrn Linnaͤus
ſchluͤſſen will, weil er mit denſelben nicht ei-
nig iſt, daß einige Muſcheln an dem Sar-
gaßo einer Meerpflantze ſolten gehangen ha-
ben, und mit derſelben gegen Norden ſolten
gefuͤhrt ſeyn worden, ſo muͤſten ſolche von
der Schoͤpfung her bereits daſelbſt geweſen
ſeyn. Allein iſt denn dieſes auch ſo etwas
unerhoͤrtes, da man ja taͤglich ſiehet, daß
ſich Schnecken an Pflantzen, und Muſcheln
an See-Gewaͤchſe anhaͤngen, wie viele ſo
genannte Seeeichen ſiehet man nicht, an wel-
chen verſchiedene Arten von Muſcheln haͤn-
gen. S. die 98te Seite.

Daß es aber moͤglich geweſen ſey, daß
dieſe Erdlager, welche wir jetzo als harte
Felſen, Marmor und Kalckgebuͤrge ꝛc. ſehen,
im Anfange zum Theil weich geweſen, laͤſſet
ſich aus vielen Gruͤnden ſehr deutlich erweiſen.
Denn 1) ſehen wir ja noch taͤglich, daß un-
ter der Erde Steine wachſen, alle abgebaue-
te Stolloͤrter, Strecken ꝛc. zeigen uns die-
ſes. So viel verſinterte Schaͤchte und Hoͤh-
len, legen davon den deutlichſten Beweis
ab, als deren Erhaͤrtung nur nach und nach
geſchiehet, da ſolche Anfangs von einer wei-
chen und fluͤßigen Materie erfuͤllet worden.

2) Muͤſte
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[64/0142] wenn er mir allererſt darthun koͤnnte, daß dieſe Felſen, beſonders der Marmor, von An- fang der Welt ſchon geweſen waͤre. Eben ſo wenig kan ich einſehen, warum er aus einer Bemerckung des Herrn Linnaͤus ſchluͤſſen will, weil er mit denſelben nicht ei- nig iſt, daß einige Muſcheln an dem Sar- gaßo einer Meerpflantze ſolten gehangen ha- ben, und mit derſelben gegen Norden ſolten gefuͤhrt ſeyn worden, ſo muͤſten ſolche von der Schoͤpfung her bereits daſelbſt geweſen ſeyn. Allein iſt denn dieſes auch ſo etwas unerhoͤrtes, da man ja taͤglich ſiehet, daß ſich Schnecken an Pflantzen, und Muſcheln an See-Gewaͤchſe anhaͤngen, wie viele ſo genannte Seeeichen ſiehet man nicht, an wel- chen verſchiedene Arten von Muſcheln haͤn- gen. S. die 98te Seite. Daß es aber moͤglich geweſen ſey, daß dieſe Erdlager, welche wir jetzo als harte Felſen, Marmor und Kalckgebuͤrge ꝛc. ſehen, im Anfange zum Theil weich geweſen, laͤſſet ſich aus vielen Gruͤnden ſehr deutlich erweiſen. Denn 1) ſehen wir ja noch taͤglich, daß un- ter der Erde Steine wachſen, alle abgebaue- te Stolloͤrter, Strecken ꝛc. zeigen uns die- ſes. So viel verſinterte Schaͤchte und Hoͤh- len, legen davon den deutlichſten Beweis ab, als deren Erhaͤrtung nur nach und nach geſchiehet, da ſolche Anfangs von einer wei- chen und fluͤßigen Materie erfuͤllet worden. 2) Muͤſte

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Zitationshilfe: Lehmann, Johann Gottlob: Versuch einer Geschichte von Flötz-Gebürgen. Berlin, 1756, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehmann_versuch_1756/142>, abgerufen am 27.11.2024.