ihrer Bewohner feierten, vielleicht mit noch mehr Berechtigung zu. Enge verknüpft mit dem neuen Genua ist der Name des grossmüthigen, 1876 verstorbenen Herzogs von Galliera, welcher zum Bau des Hafens 20 Millionen Lire gespendet hatte.
Der Anblick von Genua ist ein äusserst fesselnder. Die Stadt baut sich an den mitunter steilen Abhängen zwischen den beiden tief eingeschnittenen Thälern des Bisagno und der Polcevera zu be- deutender Höhe amphitheatralisch auf und die Wallgänge ihrer starken Befestigungen klimmen längs steilen Hängen und Abgründen weiter empor bis zu dem 3 km von der Küste entfernten, hochgele- genen Fort Sperone, dem Schlüsselpunkte der ganzen Position. Da- durch ist ein ganz bedeutendes Terrain eingeschlossen, wo viele Landhäuser und Villen in anmuthigen Gärten sich behaglich betten konnten.
Das malerische Gros der Stadt lagert an der Ostseite der Bucht, in welcher ein grandioser mit den neuesten Einrichtungen ausge- statteter Kunsthafen, auf den wir zurückkommen werden, entstanden ist. Den Norden und Westen desselben umklammern neben Bahnhof- anlagen nur die lebenskräftigen Ausläufer der Stadt. Aber die mo- dernen Bauten der Bahnhöfe und Lagerhäuser haben den Vordergrund eingenommen und trennen die ehrwürdigen Paläste von dem Hafen, dem Lebensnerv der heutigen Stadt.
Der jederzeit von hunderten Schiffen belebte Hafen mit seinen zahlreichen Dämmen, hier Ponti genannt, mit seinen Schienensträngen, Krahnen und Waarenlagern ist denn auch das Centralgebiet der rast- losen Thätigkeit der genuesischen Kaufmannschaft. Der volle Glanz der alten Republik findet hier in neuen Formen und in verjüngtem Leben den hellsten Widerschein. Unwillkürlich gedenkt man im An- blicke des weiten Hafens, dessen hoher Leuchtthurm aus den Ba- stionen beim Cap S. Benigno kräftig emporragt, an die Heroengestalt des Cristoforo Colombo, des 1456 in dem westlich von Genua lie- genden Küstenstädtchen Cogoleto geborenen Entdeckers von Amerika, des berühmtesten Bürgers der alten Republik. Genuas Handel hatte zwar durch die Entwicklung der oceanischen Schiffahrt infolge der Entdeckung des Columbus den Todesstoss erhalten; aber der Nieder- gang war nur vorübergehend. Der neueren Zeit war es vorbehalten, die einstige Handelsmächtigkeit wieder herzustellen und Genua, die Königin der italienischen Seehäfen, gerade zum wichtigsten Ausbruchhafen Italiens für den amerikanischen Verkehr zu erheben.
Sehr spät und vielleicht erst nach Erkenntniss der glücklichen
Das Mittelmeerbecken.
ihrer Bewohner feierten, vielleicht mit noch mehr Berechtigung zu. Enge verknüpft mit dem neuen Genua ist der Name des grossmüthigen, 1876 verstorbenen Herzogs von Galliera, welcher zum Bau des Hafens 20 Millionen Lire gespendet hatte.
Der Anblick von Genua ist ein äusserst fesselnder. Die Stadt baut sich an den mitunter steilen Abhängen zwischen den beiden tief eingeschnittenen Thälern des Bisagno und der Polcevera zu be- deutender Höhe amphitheatralisch auf und die Wallgänge ihrer starken Befestigungen klimmen längs steilen Hängen und Abgründen weiter empor bis zu dem 3 km von der Küste entfernten, hochgele- genen Fort Sperone, dem Schlüsselpunkte der ganzen Position. Da- durch ist ein ganz bedeutendes Terrain eingeschlossen, wo viele Landhäuser und Villen in anmuthigen Gärten sich behaglich betten konnten.
Das malerische Gros der Stadt lagert an der Ostseite der Bucht, in welcher ein grandioser mit den neuesten Einrichtungen ausge- statteter Kunsthafen, auf den wir zurückkommen werden, entstanden ist. Den Norden und Westen desselben umklammern neben Bahnhof- anlagen nur die lebenskräftigen Ausläufer der Stadt. Aber die mo- dernen Bauten der Bahnhöfe und Lagerhäuser haben den Vordergrund eingenommen und trennen die ehrwürdigen Paläste von dem Hafen, dem Lebensnerv der heutigen Stadt.
Der jederzeit von hunderten Schiffen belebte Hafen mit seinen zahlreichen Dämmen, hier Ponti genannt, mit seinen Schienensträngen, Krahnen und Waarenlagern ist denn auch das Centralgebiet der rast- losen Thätigkeit der genuesischen Kaufmannschaft. Der volle Glanz der alten Republik findet hier in neuen Formen und in verjüngtem Leben den hellsten Widerschein. Unwillkürlich gedenkt man im An- blicke des weiten Hafens, dessen hoher Leuchtthurm aus den Ba- stionen beim Cap S. Benigno kräftig emporragt, an die Heroengestalt des Cristoforo Colombo, des 1456 in dem westlich von Genua lie- genden Küstenstädtchen Cogoleto geborenen Entdeckers von Amerika, des berühmtesten Bürgers der alten Republik. Genuas Handel hatte zwar durch die Entwicklung der oceanischen Schiffahrt infolge der Entdeckung des Columbus den Todesstoss erhalten; aber der Nieder- gang war nur vorübergehend. Der neueren Zeit war es vorbehalten, die einstige Handelsmächtigkeit wieder herzustellen und Genua, die Königin der italienischen Seehäfen, gerade zum wichtigsten Ausbruchhafen Italiens für den amerikanischen Verkehr zu erheben.
Sehr spät und vielleicht erst nach Erkenntniss der glücklichen
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Das Mittelmeerbecken.
ihrer Bewohner feierten, vielleicht mit noch mehr Berechtigung zu.
Enge verknüpft mit dem neuen Genua ist der Name des grossmüthigen,
1876 verstorbenen Herzogs von Galliera, welcher zum Bau des Hafens
20 Millionen Lire gespendet hatte.
Der Anblick von Genua ist ein äusserst fesselnder. Die Stadt
baut sich an den mitunter steilen Abhängen zwischen den beiden
tief eingeschnittenen Thälern des Bisagno und der Polcevera zu be-
deutender Höhe amphitheatralisch auf und die Wallgänge ihrer
starken Befestigungen klimmen längs steilen Hängen und Abgründen
weiter empor bis zu dem 3 km von der Küste entfernten, hochgele-
genen Fort Sperone, dem Schlüsselpunkte der ganzen Position. Da-
durch ist ein ganz bedeutendes Terrain eingeschlossen, wo viele
Landhäuser und Villen in anmuthigen Gärten sich behaglich betten
konnten.
Das malerische Gros der Stadt lagert an der Ostseite der Bucht,
in welcher ein grandioser mit den neuesten Einrichtungen ausge-
statteter Kunsthafen, auf den wir zurückkommen werden, entstanden
ist. Den Norden und Westen desselben umklammern neben Bahnhof-
anlagen nur die lebenskräftigen Ausläufer der Stadt. Aber die mo-
dernen Bauten der Bahnhöfe und Lagerhäuser haben den Vordergrund
eingenommen und trennen die ehrwürdigen Paläste von dem Hafen,
dem Lebensnerv der heutigen Stadt.
Der jederzeit von hunderten Schiffen belebte Hafen mit seinen
zahlreichen Dämmen, hier Ponti genannt, mit seinen Schienensträngen,
Krahnen und Waarenlagern ist denn auch das Centralgebiet der rast-
losen Thätigkeit der genuesischen Kaufmannschaft. Der volle Glanz
der alten Republik findet hier in neuen Formen und in verjüngtem
Leben den hellsten Widerschein. Unwillkürlich gedenkt man im An-
blicke des weiten Hafens, dessen hoher Leuchtthurm aus den Ba-
stionen beim Cap S. Benigno kräftig emporragt, an die Heroengestalt
des Cristoforo Colombo, des 1456 in dem westlich von Genua lie-
genden Küstenstädtchen Cogoleto geborenen Entdeckers von Amerika,
des berühmtesten Bürgers der alten Republik. Genuas Handel hatte
zwar durch die Entwicklung der oceanischen Schiffahrt infolge der
Entdeckung des Columbus den Todesstoss erhalten; aber der Nieder-
gang war nur vorübergehend. Der neueren Zeit war es vorbehalten, die
einstige Handelsmächtigkeit wieder herzustellen und Genua, die Königin
der italienischen Seehäfen, gerade zum wichtigsten Ausbruchhafen
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/384>, abgerufen am 24.11.2024.
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