Das ist das Bild der Umgebung der mächtigsten Handelsstadt von Frankreich.
Marseille ist die Hauptstadt des Departements Bouches du Rhone und zählt ausschliesslich einer starken fluctuirenden Hafen- bevölkerung 376.143 Einwohner.
Die Stadt ist Sitz eines Handelsgerichtes und einer Handels- kammer, einer Börse und eines Bischofs, der Oberbehörden des De- partements und des Commandos des 15. Armeecorps.
Schon in alten Zeiten ein Hort der Kunst und besonders der Wissenschaft, glänzt Marseille auch heute durch seine zahlreichen wissenschaftlichen Institute, höheren Anstalten und Sammlungen, deren Unterhaltung der allgemeine Wohlstand gestattet und fördert.
Ausser zahlreichen Elementar- und Mittelschulen besitzt die Stadt neben einer von der Akademie zu Aix delegirten Facultät der Wissenschaften eine vollständige Schule für Medicin und Phar- macie, eine Handelsakademie (Ecole superieure), ein Musik- und De- clamations-Conservatorium, eine sehr gut besuchte Schule der schönen Künste, ein Lyceum mit Kanzeln für arabische und neugriechische Sprache, dann das Collegium Belsunce, zwei Seminare, das Pensionat des freres, eine höhere Töchterschule, eine Schiffsjungen-Schule und verschiedenes Andere.
Von grosser Wichtigkeit für die Schiffahrt ist die am Plateau von Longchamp nächst dem zoologischen Garten errichtete Sternwarte, die 78 m über dem Meere in der geographischen Position von 43° 18' 19" nördl. Breite und 3° 3' 24" östl. Länge von Paris liegt. Die mit Instru- menten gut dotirte Anstalt verfügt unter Anderem über ein grosses Teleskop von 80 cm Objectiv-Durchmesser.
Wie wir bereits anlässlich der Schilderung von Smyrna erwähnten, wird die Gründung von Massilia als das Werk der altgriechischen Colonie Phokäa, die am Eingange des Smyrna-Golfes blühte, dargestellt; indes beginnen neue Forscher mit Recht zur Annahme hinzuneigen, dass möglicherweise schon die Phönikier die ersten Pionniere in Massalia gewesen seien, daher das Alter der Stadt noch um zwei bis drei Jahrhunderte höher zu schätzen sei. Es wird uns be- richtet, dass um 600 v. Chr. eine von Limos und Protis geführte Expedition der Phokäer nach mancherlei Abenteuern an der Stelle des heutigen Marseille gelandet und die Stadt Massalia gegründet habe.
Der Wohlstand der neuen Colonie, welche durch Freundschaftsverbindungen erstarkte, die Eroberung des jonischen Mutterlandes durch die Perser hatten weitere Zuzüge von Phokäern und anderen Landsleuten zur Folge, und bald sah Massalia sich im Besitze einer Kriegs- und Handelsflotte. Bei Zeiten mit Rom verbunden, bestand sie mehrere Seegefechte gegen die mächtige Rivalin Carthago. Diese aber verband sich mit den Liguriern, welche den Wohlstand der auf ihrem
Das Mittelmeerbecken.
Das ist das Bild der Umgebung der mächtigsten Handelsstadt von Frankreich.
Marseille ist die Hauptstadt des Departements Bouches du Rhône und zählt ausschliesslich einer starken fluctuirenden Hafen- bevölkerung 376.143 Einwohner.
Die Stadt ist Sitz eines Handelsgerichtes und einer Handels- kammer, einer Börse und eines Bischofs, der Oberbehörden des De- partements und des Commandos des 15. Armeecorps.
Schon in alten Zeiten ein Hort der Kunst und besonders der Wissenschaft, glänzt Marseille auch heute durch seine zahlreichen wissenschaftlichen Institute, höheren Anstalten und Sammlungen, deren Unterhaltung der allgemeine Wohlstand gestattet und fördert.
Ausser zahlreichen Elementar- und Mittelschulen besitzt die Stadt neben einer von der Akademie zu Aix delegirten Facultät der Wissenschaften eine vollständige Schule für Medicin und Phar- macie, eine Handelsakademie (École superieure), ein Musik- und De- clamations-Conservatorium, eine sehr gut besuchte Schule der schönen Künste, ein Lyceum mit Kanzeln für arabische und neugriechische Sprache, dann das Collegium Belsunce, zwei Seminare, das Pensionat des frères, eine höhere Töchterschule, eine Schiffsjungen-Schule und verschiedenes Andere.
Von grosser Wichtigkeit für die Schiffahrt ist die am Plateau von Longchamp nächst dem zoologischen Garten errichtete Sternwarte, die 78 m über dem Meere in der geographischen Position von 43° 18′ 19″ nördl. Breite und 3° 3′ 24″ östl. Länge von Paris liegt. Die mit Instru- menten gut dotirte Anstalt verfügt unter Anderem über ein grosses Teleskop von 80 cm Objectiv-Durchmesser.
Wie wir bereits anlässlich der Schilderung von Smyrna erwähnten, wird die Gründung von Massilia als das Werk der altgriechischen Colonie Phokäa, die am Eingange des Smyrna-Golfes blühte, dargestellt; indes beginnen neue Forscher mit Recht zur Annahme hinzuneigen, dass möglicherweise schon die Phönikier die ersten Pionniere in Massalia gewesen seien, daher das Alter der Stadt noch um zwei bis drei Jahrhunderte höher zu schätzen sei. Es wird uns be- richtet, dass um 600 v. Chr. eine von Limos und Protis geführte Expedition der Phokäer nach mancherlei Abenteuern an der Stelle des heutigen Marseille gelandet und die Stadt Massalia gegründet habe.
Der Wohlstand der neuen Colonie, welche durch Freundschaftsverbindungen erstarkte, die Eroberung des jonischen Mutterlandes durch die Perser hatten weitere Zuzüge von Phokäern und anderen Landsleuten zur Folge, und bald sah Massalia sich im Besitze einer Kriegs- und Handelsflotte. Bei Zeiten mit Rom verbunden, bestand sie mehrere Seegefechte gegen die mächtige Rivalin Carthago. Diese aber verband sich mit den Liguriern, welche den Wohlstand der auf ihrem
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Das Mittelmeerbecken.
Das ist das Bild der Umgebung der mächtigsten Handelsstadt
von Frankreich.
Marseille ist die Hauptstadt des Departements Bouches du
Rhône und zählt ausschliesslich einer starken fluctuirenden Hafen-
bevölkerung 376.143 Einwohner.
Die Stadt ist Sitz eines Handelsgerichtes und einer Handels-
kammer, einer Börse und eines Bischofs, der Oberbehörden des De-
partements und des Commandos des 15. Armeecorps.
Schon in alten Zeiten ein Hort der Kunst und besonders der
Wissenschaft, glänzt Marseille auch heute durch seine zahlreichen
wissenschaftlichen Institute, höheren Anstalten und Sammlungen, deren
Unterhaltung der allgemeine Wohlstand gestattet und fördert.
Ausser zahlreichen Elementar- und Mittelschulen besitzt die
Stadt neben einer von der Akademie zu Aix delegirten Facultät der
Wissenschaften eine vollständige Schule für Medicin und Phar-
macie, eine Handelsakademie (École superieure), ein Musik- und De-
clamations-Conservatorium, eine sehr gut besuchte Schule der schönen
Künste, ein Lyceum mit Kanzeln für arabische und neugriechische
Sprache, dann das Collegium Belsunce, zwei Seminare, das Pensionat
des frères, eine höhere Töchterschule, eine Schiffsjungen-Schule und
verschiedenes Andere.
Von grosser Wichtigkeit für die Schiffahrt ist die am Plateau
von Longchamp nächst dem zoologischen Garten errichtete Sternwarte,
die 78 m über dem Meere in der geographischen Position von 43° 18′ 19″
nördl. Breite und 3° 3′ 24″ östl. Länge von Paris liegt. Die mit Instru-
menten gut dotirte Anstalt verfügt unter Anderem über ein grosses
Teleskop von 80 cm Objectiv-Durchmesser.
Wie wir bereits anlässlich der Schilderung von Smyrna erwähnten, wird die
Gründung von Massilia als das Werk der altgriechischen Colonie Phokäa, die am
Eingange des Smyrna-Golfes blühte, dargestellt; indes beginnen neue Forscher
mit Recht zur Annahme hinzuneigen, dass möglicherweise schon die Phönikier
die ersten Pionniere in Massalia gewesen seien, daher das Alter der Stadt
noch um zwei bis drei Jahrhunderte höher zu schätzen sei. Es wird uns be-
richtet, dass um 600 v. Chr. eine von Limos und Protis geführte Expedition der
Phokäer nach mancherlei Abenteuern an der Stelle des heutigen Marseille gelandet
und die Stadt Massalia gegründet habe.
Der Wohlstand der neuen Colonie, welche durch Freundschaftsverbindungen
erstarkte, die Eroberung des jonischen Mutterlandes durch die Perser hatten
weitere Zuzüge von Phokäern und anderen Landsleuten zur Folge, und bald sah
Massalia sich im Besitze einer Kriegs- und Handelsflotte. Bei Zeiten mit Rom
verbunden, bestand sie mehrere Seegefechte gegen die mächtige Rivalin Carthago.
Diese aber verband sich mit den Liguriern, welche den Wohlstand der auf ihrem
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 390. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/410>, abgerufen am 22.11.2024.
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