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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Libau.

Auf einer schmalen sandigen Nehrung zwischen der Ostsee und
der sogenannten Kleinen See liegt zu beiden Seiten des Seeabflusses
die wichtigste Handelsstadt Kurlands, Libau. Die Bedeutung dieser
Stadt als Handelsplatzes ist neuesten Datums, obwohl dieselbe schon
im XIV. Jahrhundert als Hafen in Urkunden erwähnt wird. Den
grossen Aufschwung, der sie zu einem bedeutenden Exporthafen in
Getreide und Mehl machte, hat sie nämlich erst durch ihre Hafen-
bauten und durch die Herstellung von Eisenbahnverbindungen einer-
seits mit Polen und dem Inneren des Reiches, andererseits mit Peters-
burg und den nördlichen Gouvernements und durch die protectio-
nistische russische Politik genommen. Dadurch hat sich Libau ins-
besondere auf Kosten Königsbergs entwickelt.

Die Stadt zählt 27.000 Einwohner und zeigt in ihren Bauten
deutlich den raschen Uebergang, der sich seit wenigen Jahren in
ihrer wirthschaftlichen Bedeutung vollzieht. Es überwiegen zwar noch
die alten einstöckigen Holzhäuser, meist sauber und freundlich; aber
zwischen ihnen erheben sich bereits grosse, schöne Neubauten, welche
der Stadt einen durchaus modernen Charakter verleihen.

Im Norden der anspruchslosen Stadt dehnt sich eine endlose,
kahle, sandige Ebene aus, das "Kurische Sibirien". Interessanter als
durch die Scenerie ist das Land durch seine Bewohner, welche, so
lange vom Weltverkehre abgeschlossen, noch zum grössten Theile
die Sitten und Gebräuche einer längst verflossenen Zeit beibehalten
haben.

Der beste Beweis für den Aufschwung Libaus ist wohl die
Thatsache, dass die Stadt heute der Sitz einer Navigationsschule,
eines Realgymnasiums, einer Stadtbank, Commerzbank und einer
Filiale der Reichsbank ist.

Die Stadt zeichnet sich ausserdem durch mehrere gut geleitete
Wohlthätigkeitsanstalten aus. Auch die Industrie beginnt sich zu

Libau.

Auf einer schmalen sandigen Nehrung zwischen der Ostsee und
der sogenannten Kleinen See liegt zu beiden Seiten des Seeabflusses
die wichtigste Handelsstadt Kurlands, Libau. Die Bedeutung dieser
Stadt als Handelsplatzes ist neuesten Datums, obwohl dieselbe schon
im XIV. Jahrhundert als Hafen in Urkunden erwähnt wird. Den
grossen Aufschwung, der sie zu einem bedeutenden Exporthafen in
Getreide und Mehl machte, hat sie nämlich erst durch ihre Hafen-
bauten und durch die Herstellung von Eisenbahnverbindungen einer-
seits mit Polen und dem Inneren des Reiches, andererseits mit Peters-
burg und den nördlichen Gouvernements und durch die protectio-
nistische russische Politik genommen. Dadurch hat sich Libau ins-
besondere auf Kosten Königsbergs entwickelt.

Die Stadt zählt 27.000 Einwohner und zeigt in ihren Bauten
deutlich den raschen Uebergang, der sich seit wenigen Jahren in
ihrer wirthschaftlichen Bedeutung vollzieht. Es überwiegen zwar noch
die alten einstöckigen Holzhäuser, meist sauber und freundlich; aber
zwischen ihnen erheben sich bereits grosse, schöne Neubauten, welche
der Stadt einen durchaus modernen Charakter verleihen.

Im Norden der anspruchslosen Stadt dehnt sich eine endlose,
kahle, sandige Ebene aus, das „Kurische Sibirien“. Interessanter als
durch die Scenerie ist das Land durch seine Bewohner, welche, so
lange vom Weltverkehre abgeschlossen, noch zum grössten Theile
die Sitten und Gebräuche einer längst verflossenen Zeit beibehalten
haben.

Der beste Beweis für den Aufschwung Libaus ist wohl die
Thatsache, dass die Stadt heute der Sitz einer Navigationsschule,
eines Realgymnasiums, einer Stadtbank, Commerzbank und einer
Filiale der Reichsbank ist.

Die Stadt zeichnet sich ausserdem durch mehrere gut geleitete
Wohlthätigkeitsanstalten aus. Auch die Industrie beginnt sich zu

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[[844]/0864] Libau. Auf einer schmalen sandigen Nehrung zwischen der Ostsee und der sogenannten Kleinen See liegt zu beiden Seiten des Seeabflusses die wichtigste Handelsstadt Kurlands, Libau. Die Bedeutung dieser Stadt als Handelsplatzes ist neuesten Datums, obwohl dieselbe schon im XIV. Jahrhundert als Hafen in Urkunden erwähnt wird. Den grossen Aufschwung, der sie zu einem bedeutenden Exporthafen in Getreide und Mehl machte, hat sie nämlich erst durch ihre Hafen- bauten und durch die Herstellung von Eisenbahnverbindungen einer- seits mit Polen und dem Inneren des Reiches, andererseits mit Peters- burg und den nördlichen Gouvernements und durch die protectio- nistische russische Politik genommen. Dadurch hat sich Libau ins- besondere auf Kosten Königsbergs entwickelt. Die Stadt zählt 27.000 Einwohner und zeigt in ihren Bauten deutlich den raschen Uebergang, der sich seit wenigen Jahren in ihrer wirthschaftlichen Bedeutung vollzieht. Es überwiegen zwar noch die alten einstöckigen Holzhäuser, meist sauber und freundlich; aber zwischen ihnen erheben sich bereits grosse, schöne Neubauten, welche der Stadt einen durchaus modernen Charakter verleihen. Im Norden der anspruchslosen Stadt dehnt sich eine endlose, kahle, sandige Ebene aus, das „Kurische Sibirien“. Interessanter als durch die Scenerie ist das Land durch seine Bewohner, welche, so lange vom Weltverkehre abgeschlossen, noch zum grössten Theile die Sitten und Gebräuche einer längst verflossenen Zeit beibehalten haben. Der beste Beweis für den Aufschwung Libaus ist wohl die Thatsache, dass die Stadt heute der Sitz einer Navigationsschule, eines Realgymnasiums, einer Stadtbank, Commerzbank und einer Filiale der Reichsbank ist. Die Stadt zeichnet sich ausserdem durch mehrere gut geleitete Wohlthätigkeitsanstalten aus. Auch die Industrie beginnt sich zu

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. [844]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/864>, abgerufen am 22.11.2024.