Leisewitz, Johann Anton: Julius von Tarent. Leipzig, 1776.Die Morgenröthe brach eben an, als ich so träumte; ich gieng in den Garten, und träumte noch so süß, als Sie mich antrafen. Aspermonte. So bedaur' ich in der That, daß ich Sie störte. Julius. Freund, so sehr ich von der Liebe taumle, so weis ich doch noch so viel, daß ich taumle. Sie müssen mich leiten, Aspermonte. Rathen Sie mir in Absicht meines Entwurfs! -- aber lieben Sie mich auch wirklich? Aspermonte. Die Frage, und was Sie vor- hin sagten, beleidigt mich. Haben Sie denn alles vergessen, daß ich mich Jhnen ganz widmete, weil ich Jhr Herz kannte, und wusste, wie selten Fürsten Freunde haben, daß mir selbst der Zweifel aufstieß, ich schäzte vielleicht in Jhnen den Fürsten und nicht den Menschen -- wissen Sie es denn nicht mehr, wie wir da ausmachten; ich solte ganz unabhängig seyn. -- Jhnen sogar insgeheim mei- nen Unterhalt an Jhrem Hofe bezahlen? Julius. (umarmt ihn) Verzeihen Sie dem Affekt, auch im Taumel der Liebe fragte mich Blanka. Julius liebst du mich? Aspermonte. Doch ich geb' Jhnen eine ent- scheidende Probe. Wenn Sie Jhren Entschlus ausführen, und kein Fürst mehr sind, so folg' ich Jhnen. Die Morgenroͤthe brach eben an, als ich ſo traͤumte; ich gieng in den Garten, und traͤumte noch ſo ſuͤß, als Sie mich antrafen. Aſpermonte. So bedaur’ ich in der That, daß ich Sie ſtoͤrte. Julius. Freund, ſo ſehr ich von der Liebe taumle, ſo weis ich doch noch ſo viel, daß ich taumle. Sie muͤſſen mich leiten, Aſpermonte. Rathen Sie mir in Abſicht meines Entwurfs! — aber lieben Sie mich auch wirklich? Aſpermonte. Die Frage, und was Sie vor- hin ſagten, beleidigt mich. Haben Sie denn alles vergeſſen, daß ich mich Jhnen ganz widmete, weil ich Jhr Herz kannte, und wuſſte, wie ſelten Fuͤrſten Freunde haben, daß mir ſelbſt der Zweifel aufſtieß, ich ſchaͤzte vielleicht in Jhnen den Fuͤrſten und nicht den Menſchen — wiſſen Sie es denn nicht mehr, wie wir da ausmachten; ich ſolte ganz unabhaͤngig ſeyn. — Jhnen ſogar insgeheim mei- nen Unterhalt an Jhrem Hofe bezahlen? Julius. (umarmt ihn) Verzeihen Sie dem Affekt, auch im Taumel der Liebe fragte mich Blanka. Julius liebſt du mich? Aſpermonte. Doch ich geb’ Jhnen eine ent- ſcheidende Probe. Wenn Sie Jhren Entſchlus ausfuͤhren, und kein Fuͤrſt mehr ſind, ſo folg’ ich Jhnen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#JUL"> <pb facs="#f0014" n="10"/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Die Morgenroͤthe brach eben an, als ich ſo<lb/> traͤumte; ich gieng in den Garten, und traͤumte<lb/> noch ſo ſuͤß, als Sie mich antrafen.</p> </sp><lb/> <sp who="#ASP"> <speaker>Aſpermonte.</speaker> <p>So bedaur’ ich in der That,<lb/> daß ich Sie ſtoͤrte.</p> </sp><lb/> <sp who="#JUL"> <speaker>Julius.</speaker> <p>Freund, ſo ſehr ich von der Liebe<lb/> taumle, ſo weis ich doch noch ſo viel, daß ich taumle.<lb/> Sie muͤſſen mich leiten, Aſpermonte. Rathen<lb/> Sie mir in Abſicht meines Entwurfs! — aber<lb/> lieben Sie mich auch wirklich?</p> </sp><lb/> <sp who="#ASP"> <speaker>Aſpermonte.</speaker> <p>Die Frage, und was Sie vor-<lb/> hin ſagten, beleidigt mich. Haben Sie denn<lb/> alles vergeſſen, daß ich mich Jhnen ganz widmete,<lb/> weil ich Jhr Herz kannte, und wuſſte, wie ſelten<lb/> Fuͤrſten Freunde haben, daß mir ſelbſt der Zweifel<lb/> aufſtieß, ich ſchaͤzte vielleicht in Jhnen den Fuͤrſten<lb/> und nicht den Menſchen — wiſſen Sie es denn<lb/> nicht mehr, wie wir da ausmachten; ich ſolte ganz<lb/> unabhaͤngig ſeyn. — Jhnen ſogar insgeheim mei-<lb/> nen Unterhalt an Jhrem Hofe bezahlen?</p> </sp><lb/> <sp who="#JUL"> <speaker>Julius.</speaker> <stage>(umarmt ihn)</stage> <p>Verzeihen Sie dem<lb/> Affekt, auch im Taumel der Liebe fragte mich<lb/> Blanka. Julius liebſt du mich?</p> </sp><lb/> <sp who="#ASP"> <speaker>Aſpermonte.</speaker> <p>Doch ich geb’ Jhnen eine ent-<lb/> ſcheidende Probe. Wenn Sie Jhren Entſchlus<lb/> ausfuͤhren, und kein Fuͤrſt mehr ſind, ſo folg’ ich<lb/> Jhnen.</p><lb/> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [10/0014]
Die Morgenroͤthe brach eben an, als ich ſo
traͤumte; ich gieng in den Garten, und traͤumte
noch ſo ſuͤß, als Sie mich antrafen.
Aſpermonte. So bedaur’ ich in der That,
daß ich Sie ſtoͤrte.
Julius. Freund, ſo ſehr ich von der Liebe
taumle, ſo weis ich doch noch ſo viel, daß ich taumle.
Sie muͤſſen mich leiten, Aſpermonte. Rathen
Sie mir in Abſicht meines Entwurfs! — aber
lieben Sie mich auch wirklich?
Aſpermonte. Die Frage, und was Sie vor-
hin ſagten, beleidigt mich. Haben Sie denn
alles vergeſſen, daß ich mich Jhnen ganz widmete,
weil ich Jhr Herz kannte, und wuſſte, wie ſelten
Fuͤrſten Freunde haben, daß mir ſelbſt der Zweifel
aufſtieß, ich ſchaͤzte vielleicht in Jhnen den Fuͤrſten
und nicht den Menſchen — wiſſen Sie es denn
nicht mehr, wie wir da ausmachten; ich ſolte ganz
unabhaͤngig ſeyn. — Jhnen ſogar insgeheim mei-
nen Unterhalt an Jhrem Hofe bezahlen?
Julius. (umarmt ihn) Verzeihen Sie dem
Affekt, auch im Taumel der Liebe fragte mich
Blanka. Julius liebſt du mich?
Aſpermonte. Doch ich geb’ Jhnen eine ent-
ſcheidende Probe. Wenn Sie Jhren Entſchlus
ausfuͤhren, und kein Fuͤrſt mehr ſind, ſo folg’ ich
Jhnen.
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