Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lenz, Jakob Michael Reinhold: Anmerkungen übers Theater, nebst angehängten übersetzten Stück Shakespears. Leipzig, 1774.

Bild:
<< vorherige Seite


Ros. Nicht eher als bis sein Reuter im
Kothe liegt.
Bir. Wenn soll das geschehen?
Ros. Wenn mich ein Thor fragen wird.
Bir. Laßt ihr die Maske fallen.
Ros. Jst mein Gesicht so schön als sie?
Bir. Es wird euch viel Anbeter herbey
ziehn.
Ros. Wenn ihr nur nicht drunter seyd.
Bir. So muß ich wohl gehn.
König. Madame! Euer Vater erwähnt
hier der Zurückzahlung hunderttausend Cro-
nen, der Hälfte der Summe die mein Vater
ihm zum letzten Kriege vorgeschossen, ich
muß euch sagen, weder er noch ich haben je
dies Geld gesehen, und auch in dem Fall
würden immer noch hunderttausend zu be-
zahlen übrig seyn, zur Entschädigung ma-
chen wir auf einen Theil von Aquitanien
Anspruch, obgleich es unter dem Werthe
unserer Schuldforderung ist. Versteht sich
also der König Euer Vater, mir diese ge-
wiß noch unbezahlte Hälfte wieder zu er-
statten, so wollen wir unser Recht auf Aqui-
tanien fahren lassen. Allein wie es scheint,
ist ers nicht willens, er will meinem Va-
ter hunderttausend Cronen bezahlt haben,
und denkt mit keinem Worte an die Bezah-
lung der andern Hälfte. Also schönste
Prinzeßin! wären seine Foderungen nicht
so


Roſ. Nicht eher als bis ſein Reuter im
Kothe liegt.
Bir. Wenn ſoll das geſchehen?
Roſ. Wenn mich ein Thor fragen wird.
Bir. Laßt ihr die Maske fallen.
Roſ. Jſt mein Geſicht ſo ſchoͤn als ſie?
Bir. Es wird euch viel Anbeter herbey
ziehn.
Roſ. Wenn ihr nur nicht drunter ſeyd.
Bir. So muß ich wohl gehn.
Koͤnig. Madame! Euer Vater erwaͤhnt
hier der Zuruͤckzahlung hunderttauſend Cro-
nen, der Haͤlfte der Summe die mein Vater
ihm zum letzten Kriege vorgeſchoſſen, ich
muß euch ſagen, weder er noch ich haben je
dies Geld geſehen, und auch in dem Fall
wuͤrden immer noch hunderttauſend zu be-
zahlen uͤbrig ſeyn, zur Entſchaͤdigung ma-
chen wir auf einen Theil von Aquitanien
Anſpruch, obgleich es unter dem Werthe
unſerer Schuldforderung iſt. Verſteht ſich
alſo der Koͤnig Euer Vater, mir dieſe ge-
wiß noch unbezahlte Haͤlfte wieder zu er-
ſtatten, ſo wollen wir unſer Recht auf Aqui-
tanien fahren laſſen. Allein wie es ſcheint,
iſt ers nicht willens, er will meinem Va-
ter hunderttauſend Cronen bezahlt haben,
und denkt mit keinem Worte an die Bezah-
lung der andern Haͤlfte. Alſo ſchoͤnſte
Prinzeßin! waͤren ſeine Foderungen nicht
ſo
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0090" n="84"/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <sp>
              <speaker><hi rendition="#g">Ro&#x017F;</hi>.</speaker>
              <p>Nicht eher als bis &#x017F;ein Reuter im<lb/>
Kothe liegt.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker><hi rendition="#g">Bir</hi>.</speaker>
              <p>Wenn &#x017F;oll das ge&#x017F;chehen?</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker><hi rendition="#g">Ro&#x017F;</hi>.</speaker>
              <p>Wenn mich ein Thor fragen wird.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker><hi rendition="#g">Bir</hi>.</speaker>
              <p>Laßt ihr die Maske fallen.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker><hi rendition="#g">Ro&#x017F;</hi>.</speaker>
              <p>J&#x017F;t mein Ge&#x017F;icht &#x017F;o &#x017F;cho&#x0364;n als &#x017F;ie?</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker><hi rendition="#g">Bir</hi>.</speaker>
              <p>Es wird euch viel Anbeter herbey<lb/>
ziehn.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker><hi rendition="#g">Ro&#x017F;</hi>.</speaker>
              <p>Wenn ihr nur nicht drunter &#x017F;eyd.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker><hi rendition="#g">Bir</hi>.</speaker>
              <p>So muß ich wohl gehn.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker><hi rendition="#g">Ko&#x0364;nig</hi>.</speaker>
              <p>Madame! Euer Vater erwa&#x0364;hnt<lb/>
hier der Zuru&#x0364;ckzahlung hunderttau&#x017F;end Cro-<lb/>
nen, der Ha&#x0364;lfte der Summe die mein Vater<lb/>
ihm zum letzten Kriege vorge&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en, ich<lb/>
muß euch &#x017F;agen, weder er noch ich haben je<lb/>
dies Geld ge&#x017F;ehen, und auch in dem Fall<lb/>
wu&#x0364;rden immer noch hunderttau&#x017F;end zu be-<lb/>
zahlen u&#x0364;brig &#x017F;eyn, zur Ent&#x017F;cha&#x0364;digung ma-<lb/>
chen wir auf einen Theil von Aquitanien<lb/>
An&#x017F;pruch, obgleich es unter dem Werthe<lb/>
un&#x017F;erer Schuldforderung i&#x017F;t. Ver&#x017F;teht &#x017F;ich<lb/>
al&#x017F;o der Ko&#x0364;nig Euer Vater, mir die&#x017F;e ge-<lb/>
wiß noch unbezahlte Ha&#x0364;lfte wieder zu er-<lb/>
&#x017F;tatten, &#x017F;o wollen wir un&#x017F;er Recht auf Aqui-<lb/>
tanien fahren la&#x017F;&#x017F;en. Allein wie es &#x017F;cheint,<lb/>
i&#x017F;t ers nicht willens, er will meinem Va-<lb/>
ter hunderttau&#x017F;end Cronen bezahlt haben,<lb/>
und denkt mit keinem Worte an die Bezah-<lb/>
lung der andern Ha&#x0364;lfte. Al&#x017F;o &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te<lb/>
Prinzeßin! wa&#x0364;ren &#x017F;eine Foderungen nicht<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;o</fw><lb/></p>
            </sp>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[84/0090] Roſ. Nicht eher als bis ſein Reuter im Kothe liegt. Bir. Wenn ſoll das geſchehen? Roſ. Wenn mich ein Thor fragen wird. Bir. Laßt ihr die Maske fallen. Roſ. Jſt mein Geſicht ſo ſchoͤn als ſie? Bir. Es wird euch viel Anbeter herbey ziehn. Roſ. Wenn ihr nur nicht drunter ſeyd. Bir. So muß ich wohl gehn. Koͤnig. Madame! Euer Vater erwaͤhnt hier der Zuruͤckzahlung hunderttauſend Cro- nen, der Haͤlfte der Summe die mein Vater ihm zum letzten Kriege vorgeſchoſſen, ich muß euch ſagen, weder er noch ich haben je dies Geld geſehen, und auch in dem Fall wuͤrden immer noch hunderttauſend zu be- zahlen uͤbrig ſeyn, zur Entſchaͤdigung ma- chen wir auf einen Theil von Aquitanien Anſpruch, obgleich es unter dem Werthe unſerer Schuldforderung iſt. Verſteht ſich alſo der Koͤnig Euer Vater, mir dieſe ge- wiß noch unbezahlte Haͤlfte wieder zu er- ſtatten, ſo wollen wir unſer Recht auf Aqui- tanien fahren laſſen. Allein wie es ſcheint, iſt ers nicht willens, er will meinem Va- ter hunderttauſend Cronen bezahlt haben, und denkt mit keinem Worte an die Bezah- lung der andern Haͤlfte. Alſo ſchoͤnſte Prinzeßin! waͤren ſeine Foderungen nicht ſo

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lenz_anmerkungen_1774
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lenz_anmerkungen_1774/90
Zitationshilfe: Lenz, Jakob Michael Reinhold: Anmerkungen übers Theater, nebst angehängten übersetzten Stück Shakespears. Leipzig, 1774, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lenz_anmerkungen_1774/90>, abgerufen am 04.12.2024.