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[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 1. Hamburg u. a., [1769].

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Jürge. För düssen Jungen, de mie mienen
Bündel op dee Reise bed in unse Dörp dragen hed,
un ik bün ganß licht un sacht hergahn.
Lise. Büst du to Foote hergahn?
Jürge. Ja. Wielt't veel cummoder is.
Lise. Da hest du een Maark.
Jürge. Dat is doch noch resuabel. Wo veel
maakt't? So veel is dat. Een Maark hed se mie
dahn: da, da is't. Nehmt' hen; so is't richdig.
Lise. Un du verdeihst fief Schillink an een Jun-
gen, de die dat Pak dragen hed?
Jürge. Ja! ik met ehm doch een Drankgeld
geven.
Valentin. Sollen die fünf Schilling für mich,
Herr Jürge?
Jürge. Ja, mien Fründ!
Valentin. Fünf Schilling? ein reicher Erbe!
fünf Schillinge? ein Mann von ihrem Stande!
Und wo bleibt die Hoheit der Seele?
Jürge. O! et kumt mie even darop nich an,
jy dörft't man seggen. Maake Fro, smiet ehm
noch een Schillink hen; by uns regnet man so.

Wie ist das? Jürge ist zu Fuße gegangen,
weil es kommoder ist? Er fordert fünf Schillin-
ge, und seine Frau giebt ihm ein Mark, die
ihm fünf Schillinge nicht geben wollte? Die
Frau soll dem Jungen noch einen Schilling hin-
schmeissen? warum thut er es nicht selbst? Von
dem Marke blieb ihm ja noch übrig. Ohne das

Fran-
E e 2
Juͤrge. Foͤr duͤſſen Jungen, de mie mienen
Buͤndel op dee Reiſe bed in unſe Doͤrp dragen hed,
un ik buͤn ganß licht un ſacht hergahn.
Liſe. Buͤſt du to Foote hergahn?
Juͤrge. Ja. Wielt’t veel cummoder is.
Liſe. Da heſt du een Maark.
Juͤrge. Dat is doch noch reſuabel. Wo veel
maakt’t? So veel is dat. Een Maark hed ſe mie
dahn: da, da is’t. Nehmt’ hen; ſo is’t richdig.
Liſe. Un du verdeihſt fief Schillink an een Jun-
gen, de die dat Pak dragen hed?
Juͤrge. Ja! ik met ehm doch een Drankgeld
geven.
Valentin. Sollen die fuͤnf Schilling fuͤr mich,
Herr Juͤrge?
Juͤrge. Ja, mien Fruͤnd!
Valentin. Fuͤnf Schilling? ein reicher Erbe!
fuͤnf Schillinge? ein Mann von ihrem Stande!
Und wo bleibt die Hoheit der Seele?
Juͤrge. O! et kumt mie even darop nich an,
jy doͤrft’t man ſeggen. Maake Fro, ſmiet ehm
noch een Schillink hen; by uns regnet man ſo.

Wie iſt das? Juͤrge iſt zu Fuße gegangen,
weil es kommoder iſt? Er fordert fuͤnf Schillin-
ge, und ſeine Frau giebt ihm ein Mark, die
ihm fuͤnf Schillinge nicht geben wollte? Die
Frau ſoll dem Jungen noch einen Schilling hin-
ſchmeiſſen? warum thut er es nicht ſelbſt? Von
dem Marke blieb ihm ja noch uͤbrig. Ohne das

Fran-
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[219/0233] Juͤrge. Foͤr duͤſſen Jungen, de mie mienen Buͤndel op dee Reiſe bed in unſe Doͤrp dragen hed, un ik buͤn ganß licht un ſacht hergahn. Liſe. Buͤſt du to Foote hergahn? Juͤrge. Ja. Wielt’t veel cummoder is. Liſe. Da heſt du een Maark. Juͤrge. Dat is doch noch reſuabel. Wo veel maakt’t? So veel is dat. Een Maark hed ſe mie dahn: da, da is’t. Nehmt’ hen; ſo is’t richdig. Liſe. Un du verdeihſt fief Schillink an een Jun- gen, de die dat Pak dragen hed? Juͤrge. Ja! ik met ehm doch een Drankgeld geven. Valentin. Sollen die fuͤnf Schilling fuͤr mich, Herr Juͤrge? Juͤrge. Ja, mien Fruͤnd! Valentin. Fuͤnf Schilling? ein reicher Erbe! fuͤnf Schillinge? ein Mann von ihrem Stande! Und wo bleibt die Hoheit der Seele? Juͤrge. O! et kumt mie even darop nich an, jy doͤrft’t man ſeggen. Maake Fro, ſmiet ehm noch een Schillink hen; by uns regnet man ſo. Wie iſt das? Juͤrge iſt zu Fuße gegangen, weil es kommoder iſt? Er fordert fuͤnf Schillin- ge, und ſeine Frau giebt ihm ein Mark, die ihm fuͤnf Schillinge nicht geben wollte? Die Frau ſoll dem Jungen noch einen Schilling hin- ſchmeiſſen? warum thut er es nicht ſelbſt? Von dem Marke blieb ihm ja noch uͤbrig. Ohne das Fran- E e 2

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Zitationshilfe: [Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 1. Hamburg u. a., [1769], S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie01_1767/233>, abgerufen am 21.11.2024.