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[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769].

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"ter die tragischen Leidenschaften in Schrecken
"und Mitleiden eintheilet. Schrecken und Mit-
"leiden! Jst denn das theatralische Schrecken
"kein Mitleiden? Für wen erschrickt der Zu-
"schauer, wenn Merope auf ihren eignen Sohn
"den Dolch ziehet? Gewiß nicht für sich, son-
"dern für den Aegisth, dessen Erhaltung man so
"sehr wünschet, und für die betrogne Königinn,
"die ihn für den Mörder ihres Sohnes ansiehet.
"Wollen wir aber uur die Unlust über das ge-
"genwärtige Uebel eines andern, Mitleiden nen-
"nen: so müssen wir nicht nur das Schrecken,
"sondern alle übrige Leidenschaften, die uns von
"einem andern mitgetheilet werden, von dem
"eigentlichen Mitleiden unterscheiden." --



Ham-

„ter die tragiſchen Leidenſchaften in Schrecken
„und Mitleiden eintheilet. Schrecken und Mit-
„leiden! Jſt denn das theatraliſche Schrecken
„kein Mitleiden? Für wen erſchrickt der Zu-
„ſchauer, wenn Merope auf ihren eignen Sohn
„den Dolch ziehet? Gewiß nicht für ſich, ſon-
„dern für den Aegiſth, deſſen Erhaltung man ſo
„ſehr wünſchet, und für die betrogne Königinn,
„die ihn für den Mörder ihres Sohnes anſiehet.
„Wollen wir aber uur die Unluſt über das ge-
„genwärtige Uebel eines andern, Mitleiden nen-
„nen: ſo müſſen wir nicht nur das Schrecken,
„ſondern alle übrige Leidenſchaften, die uns von
„einem andern mitgetheilet werden, von dem
„eigentlichen Mitleiden unterſcheiden.„ —



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[176/0182] „ter die tragiſchen Leidenſchaften in Schrecken „und Mitleiden eintheilet. Schrecken und Mit- „leiden! Jſt denn das theatraliſche Schrecken „kein Mitleiden? Für wen erſchrickt der Zu- „ſchauer, wenn Merope auf ihren eignen Sohn „den Dolch ziehet? Gewiß nicht für ſich, ſon- „dern für den Aegiſth, deſſen Erhaltung man ſo „ſehr wünſchet, und für die betrogne Königinn, „die ihn für den Mörder ihres Sohnes anſiehet. „Wollen wir aber uur die Unluſt über das ge- „genwärtige Uebel eines andern, Mitleiden nen- „nen: ſo müſſen wir nicht nur das Schrecken, „ſondern alle übrige Leidenſchaften, die uns von „einem andern mitgetheilet werden, von dem „eigentlichen Mitleiden unterſcheiden.„ — Ham-

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Zitationshilfe: [Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769], S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie02_1767/182>, abgerufen am 21.11.2024.