Gallerie näher. Er ist neugierig zu sehen, wer sich mit der Blanca so lange unterhält; und er- staunt, den Grafen von Essex zu erblicken. Aber noch mehr erstaunt er über das, was er gleich darauf zu hören bekömmt. Essex hat an den Roberto geschrieben, und sagt der Blanca den Inhalt seines Schreibens, das er sofort durch den Cosme abschicken will. Roberto soll mit allen seinen Freunden einzeln nach London kommen; Essex will ihn mit seinen Leuten unter- stützen; Essex hat die Gunst des Volks; nichts wird leichter seyn, als sich der Königinn zu be- mächtigen; sie ist schon so gut, als todt. -- Erst müßt ich sterben! ruft auf einmal der Herzog, und kömmt auf sie los. Blanca und der Graf erstaunen über diese plötzliche Erscheinung; und das Erstaunen des letztern ist nicht ohne Eifer- sucht. Er glaubt, daß Blanca den Herzog bey sich verborgen gehalten. Der Herzog rechtfer- tiget die Blanca, und versichert, daß sie von seiner Anwesenheit nichts gewußt; er habe die Gallerie offen gefunden, und sey von selbst her- eingegangen, die Gemählde darinn zu betrach- ten. (*)
Der
(*)Por vida del Rey mi hermano, Y por la que mas estimo, De la Reina mi sennora, Y por -- pero yo lo digo
Que
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Gallerie näher. Er iſt neugierig zu ſehen, wer ſich mit der Blanca ſo lange unterhält; und er- ſtaunt, den Grafen von Eſſex zu erblicken. Aber noch mehr erſtaunt er über das, was er gleich darauf zu hören bekömmt. Eſſex hat an den Roberto geſchrieben, und ſagt der Blanca den Inhalt ſeines Schreibens, das er ſofort durch den Coſme abſchicken will. Roberto ſoll mit allen ſeinen Freunden einzeln nach London kommen; Eſſex will ihn mit ſeinen Leuten unter- ſtützen; Eſſex hat die Gunſt des Volks; nichts wird leichter ſeyn, als ſich der Königinn zu be- mächtigen; ſie iſt ſchon ſo gut, als todt. — Erſt müßt ich ſterben! ruft auf einmal der Herzog, und kömmt auf ſie los. Blanca und der Graf erſtaunen über dieſe plötzliche Erſcheinung; und das Erſtaunen des letztern iſt nicht ohne Eifer- ſucht. Er glaubt, daß Blanca den Herzog bey ſich verborgen gehalten. Der Herzog rechtfer- tiget die Blanca, und verſichert, daß ſie von ſeiner Anweſenheit nichts gewußt; er habe die Gallerie offen gefunden, und ſey von ſelbſt her- eingegangen, die Gemählde darinn zu betrach- ten. (*)
Der
(*)Por vida del Rey mi hermano, Y por la que mas eſtimo, De la Reina mi ſeñora, Y por — pero yo lo digo
Que
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Gallerie näher. Er iſt neugierig zu ſehen, wer
ſich mit der Blanca ſo lange unterhält; und er-
ſtaunt, den Grafen von Eſſex zu erblicken.
Aber noch mehr erſtaunt er über das, was er
gleich darauf zu hören bekömmt. Eſſex hat an
den Roberto geſchrieben, und ſagt der Blanca
den Inhalt ſeines Schreibens, das er ſofort
durch den Coſme abſchicken will. Roberto ſoll
mit allen ſeinen Freunden einzeln nach London
kommen; Eſſex will ihn mit ſeinen Leuten unter-
ſtützen; Eſſex hat die Gunſt des Volks; nichts
wird leichter ſeyn, als ſich der Königinn zu be-
mächtigen; ſie iſt ſchon ſo gut, als todt. — Erſt
müßt ich ſterben! ruft auf einmal der Herzog,
und kömmt auf ſie los. Blanca und der Graf
erſtaunen über dieſe plötzliche Erſcheinung; und
das Erſtaunen des letztern iſt nicht ohne Eifer-
ſucht. Er glaubt, daß Blanca den Herzog bey
ſich verborgen gehalten. Der Herzog rechtfer-
tiget die Blanca, und verſichert, daß ſie von
ſeiner Anweſenheit nichts gewußt; er habe die
Gallerie offen gefunden, und ſey von ſelbſt her-
eingegangen, die Gemählde darinn zu betrach-
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(*) Por vida del Rey mi hermano,
Y por la que mas eſtimo,
De la Reina mi ſeñora,
Y por — pero yo lo digo
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[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769], S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie02_1767/75>, abgerufen am 21.11.2024.
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