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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.

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an den König von England.
ben, sondern sich selbst durch eigenes Vermögen des Verstan-
des, durch die anhaltende Bildung Dero von Natur erhabenen
Geistes nach dem, was rechtmäßig erhaben ist, durch Lesung
guter Bücher und Werke von allerley Art zu wege gebracht,
selbst mitten unter den vielfältigen Reichssorgen, die mit Be-
herrschung so vieler Völker im Krieg und Frieden verknüpfet sind.
Jch habe es aus dem Munde eines Mannes, der einer von De-
roselben Hofmeistern gewesen, daß Ew. Königliche Majestät
schon in jugendlichen Jahren so der Arbeit gewohnt, und der Ge-
rechtigkeit und Billigkeit ergeben gewesen, daß Dieselben die öf-
fentlichen Verträge der neuesten Zeitläufte mit selbsteigener Be-
mühung in einen Auszug gebracht, und sie ins Gedächtniß ge-
fast, damit Ew. Königliche Majestät bey Deroselben Er-
hebung auf den Thron, auf welchem wir Sie herrschen sehen, ge-
nau wüsten, wie viel Dieselben jedem sich verpflichten, und was
Sie von jedem hinwieder mit Recht zu fordern haben. Was
ists also Wunder, wenn ausser andern Wissenschaften diese Nach-
richt des Alterthums, das Licht der Zeiten, die Schule guter
Exempel und die Mutter der Staatsklugheit, die Historie nem-
lich, Dero Vergnügen geworden? Und hier gründe mich nicht
auf das Zeugniß anderer; sondern auf die untrügliche Empfin-
dung meiner eigenen Ohren und Augen. So oft Ew. Kö-
nigliche Majestät
diesen Jhren meiner Aufsicht anvertrauten
Bücherschatz in hohen Augenschein nehmen, und mich Dero Un-
terredung würdigen; das geschicht aber allezeit, wenn Dieselben
aus Dero Königreich in diese Stadt kommen: so fragen Diesel-
ben nach unserm neuen historischen Vorrath, sehen die wichtigsten
Werke mit begierigen Blicken über, urtheilen davon, lesen die
Handschriften, auch die allerältesten, mit grosser Fertigkeit, wis-
sen den Jnhalt unserer vorräthigen Urkunden eher, als sie vorge-
holet werden, und führen über die noch vorhandenen Nachrichten
von Hochdero Vorfahren so gelehrte Unterredungen, daß wir,
die wir bey solchen Papieren blas und bleich werden, nicht besse-
re führen können.

Das rühme ich nicht in der Absicht, als gedächte ich nur
durch diese einigen Stücke das ganze Bild Dero Tugenden vol-
kommen zu entwerfen. Es wären weit mehr Dinge zu erweh-
nen, die sowol die Regirungskunst, als Kriegeswissenschaft, so
Denenselben rühmlichst eigen ist, betreffen, und darunter die
Schlacht bey Oudenarde, welche zuerst Dero Britanniern ge-
wiesen, wer Dieselben einmal seyn würden, wenn Ew. König-
liche Majestät
ganz mit Dero Farben allen abzuschildern ich
mich unterfangen hätte. Vor allen andern verdiente Ew. Kö-

niglichen
f 2

an den Koͤnig von England.
ben, ſondern ſich ſelbſt durch eigenes Vermoͤgen des Verſtan-
des, durch die anhaltende Bildung Dero von Natur erhabenen
Geiſtes nach dem, was rechtmaͤßig erhaben iſt, durch Leſung
guter Buͤcher und Werke von allerley Art zu wege gebracht,
ſelbſt mitten unter den vielfaͤltigen Reichsſorgen, die mit Be-
herrſchung ſo vieler Voͤlker im Krieg und Frieden verknuͤpfet ſind.
Jch habe es aus dem Munde eines Mannes, der einer von De-
roſelben Hofmeiſtern geweſen, daß Ew. Koͤnigliche Majeſtaͤt
ſchon in jugendlichen Jahren ſo der Arbeit gewohnt, und der Ge-
rechtigkeit und Billigkeit ergeben geweſen, daß Dieſelben die oͤf-
fentlichen Vertraͤge der neueſten Zeitlaͤufte mit ſelbſteigener Be-
muͤhung in einen Auszug gebracht, und ſie ins Gedaͤchtniß ge-
faſt, damit Ew. Koͤnigliche Majeſtaͤt bey Deroſelben Er-
hebung auf den Thron, auf welchem wir Sie herrſchen ſehen, ge-
nau wuͤſten, wie viel Dieſelben jedem ſich verpflichten, und was
Sie von jedem hinwieder mit Recht zu fordern haben. Was
iſts alſo Wunder, wenn auſſer andern Wiſſenſchaften dieſe Nach-
richt des Alterthums, das Licht der Zeiten, die Schule guter
Exempel und die Mutter der Staatsklugheit, die Hiſtorie nem-
lich, Dero Vergnuͤgen geworden? Und hier gruͤnde mich nicht
auf das Zeugniß anderer; ſondern auf die untruͤgliche Empfin-
dung meiner eigenen Ohren und Augen. So oft Ew. Koͤ-
nigliche Majeſtaͤt
dieſen Jhren meiner Aufſicht anvertrauten
Buͤcherſchatz in hohen Augenſchein nehmen, und mich Dero Un-
terredung wuͤrdigen; das geſchicht aber allezeit, wenn Dieſelben
aus Dero Koͤnigreich in dieſe Stadt kommen: ſo fragen Dieſel-
ben nach unſerm neuen hiſtoriſchen Vorrath, ſehen die wichtigſten
Werke mit begierigen Blicken uͤber, urtheilen davon, leſen die
Handſchriften, auch die alleraͤlteſten, mit groſſer Fertigkeit, wiſ-
ſen den Jnhalt unſerer vorraͤthigen Urkunden eher, als ſie vorge-
holet werden, und fuͤhren uͤber die noch vorhandenen Nachrichten
von Hochdero Vorfahren ſo gelehrte Unterredungen, daß wir,
die wir bey ſolchen Papieren blas und bleich werden, nicht beſſe-
re fuͤhren koͤnnen.

Das ruͤhme ich nicht in der Abſicht, als gedaͤchte ich nur
durch dieſe einigen Stuͤcke das ganze Bild Dero Tugenden vol-
kommen zu entwerfen. Es waͤren weit mehr Dinge zu erweh-
nen, die ſowol die Regirungskunſt, als Kriegeswiſſenſchaft, ſo
Denenſelben ruͤhmlichſt eigen iſt, betreffen, und darunter die
Schlacht bey Oudenarde, welche zuerſt Dero Britanniern ge-
wieſen, wer Dieſelben einmal ſeyn wuͤrden, wenn Ew. Koͤnig-
liche Majeſtaͤt
ganz mit Dero Farben allen abzuſchildern ich
mich unterfangen haͤtte. Vor allen andern verdiente Ew. Koͤ-

niglichen
f 2
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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik01_1747/23>, abgerufen am 27.04.2024.