[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.Geschichte des ersten Bischof Meinhards, 1192diesem Aberglauben ergeben gewesen, bezeuget der ungenante Verfasser der Lebensbeschrei-bung des heiligen Otto lib. 2. c. 32 so den Titel führet: Von dem prophetischen Pfer- de und Spiessen. Cranz gestehet, Vandal. lib. 5. cap. 12. er habe den Saxo ausgeschrie- ben; doch drückt er die ganze Sache kürzer und besser aus: Wenn es die bezeichnete Stelle mit dem rechten Fusse berühret: so vermuthen sie was gutes; wenn aber mit dem lin- ken, etwas böses. Daher nent unser Verfasser den rechten Fuß den| Fuß des Lebens. o) Einige unter den Preussen getraueten sich nicht, auch nur einigermassen auf einem Rappen oder Schimmel zu reiten, ihrer Götter wegen, schreibt der von Duisburg part. 3. c. 5. Unser Auctor gibt davon die Ursache an, nemlich die Einbildung, als ob ein Götze auf des Pferdes Rücken sässe, den man ohne die gröste Sünde nicht herunter jagen könne. p) Ein fast gleiches Loos, obgleich von betrübterm Ausgange, fiel auf einen gewissen Bür- ger aus Magdeburg, den die Preussen im Kriege gefangen bekommen. Von diesem meldet der Duisburger part. 3. c. 86: Die Nattanger wolten ihren Göttern ein Sie- gesopfer bringen, und warfen daher das Loos über die bey ihnen gefangenen Deutschen: selbiges traf zu zweyen malen einen gewissen Bürger von Meydenburg, der Hirz- hals hieß, einen vornehmen und reichen Mann. Wie er nun dergestalt in Angst war, bat er Heinrich Monten, er möchte doch an die Wohlthaten denken, die er ihm oftmals in der Stadt Meydeburg erwiesen, und ihn aus dieser Trübsal erretten. Auf diese Worte hatte Heinrich Mitleiden, und half ihm zweymal durch. Als aber das Loos zum dritten mal geworfen ward, und wieder auf ihn fiel; so wolte er sich nicht mehr losmachen las- sen, sondern begab sich von freyen Stücken, mit einem guten Bekentniß, GOtt zu einem Opfer, ließ sich auf sein Pferd binden, und lebendig verbrennen. Ein ander Exempel hat die Chronik von Kiow beym Jahr 983. Collect. Rer. Russic. part. 2. p. 106. q) Daß Anno 1191. im Junius eine Sonnenfinsterniß in Deutschland gesehen worden, bemerket Gottfried von Cölln bey diesem Jahre. Obs eben die sey, von der hier die Rede ist, mag ich nicht ausmachen. Denn Urspergens. hat beym Jahre 1187. eine an- dere, die am Tage St. Johannis des Täufers um die 6te Tagesstunde bemerket ist. Un- ten beym Jahr 1209. n. 5. sagen die Heiden, als sie den Schall der Sturmglocke hörten, welche die Rigischen läuteten, da der Feind vor der Thüre war; sie würden von die- sem GOtt der Christen gefressen und aufgezehret. Sie hatten mehr Grund es zu ver- muthen, als diese Esthen, von einem gewehrlosen Manne, den sie vielleicht für einen Zauberer gehalten. §. 11. Wie man aber die Hartnäckigkeit der Liven sahe, und daß alle Arbeit bis- den
Geſchichte des erſten Biſchof Meinhards, 1192dieſem Aberglauben ergeben geweſen, bezeuget der ungenante Verfaſſer der Lebensbeſchrei-bung des heiligen Otto lib. 2. c. 32 ſo den Titel fuͤhret: Von dem prophetiſchen Pfer- de und Spieſſen. Cranz geſtehet, Vandal. lib. 5. cap. 12. er habe den Saxo ausgeſchrie- ben; doch druͤckt er die ganze Sache kuͤrzer und beſſer aus: Wenn es die bezeichnete Stelle mit dem rechten Fuſſe beruͤhret: ſo vermuthen ſie was gutes; wenn aber mit dem lin- ken, etwas boͤſes. Daher nent unſer Verfaſſer den rechten Fuß den| Fuß des Lebens. o) Einige unter den Preuſſen getraueten ſich nicht, auch nur einigermaſſen auf einem Rappen oder Schimmel zu reiten, ihrer Goͤtter wegen, ſchreibt der von Duisburg part. 3. c. 5. Unſer Auctor gibt davon die Urſache an, nemlich die Einbildung, als ob ein Goͤtze auf des Pferdes Ruͤcken ſaͤſſe, den man ohne die groͤſte Suͤnde nicht herunter jagen koͤnne. p) Ein faſt gleiches Loos, obgleich von betruͤbterm Ausgange, fiel auf einen gewiſſen Buͤr- ger aus Magdeburg, den die Preuſſen im Kriege gefangen bekommen. Von dieſem meldet der Duisburger part. 3. c. 86: Die Nattanger wolten ihren Goͤttern ein Sie- gesopfer bringen, und warfen daher das Loos uͤber die bey ihnen gefangenen Deutſchen: ſelbiges traf zu zweyen malen einen gewiſſen Buͤrger von Meydenburg, der Hirz- hals hieß, einen vornehmen und reichen Mann. Wie er nun dergeſtalt in Angſt war, bat er Heinrich Monten, er moͤchte doch an die Wohlthaten denken, die er ihm oftmals in der Stadt Meydeburg erwieſen, und ihn aus dieſer Truͤbſal erretten. Auf dieſe Worte hatte Heinrich Mitleiden, und half ihm zweymal durch. Als aber das Loos zum dritten mal geworfen ward, und wieder auf ihn fiel; ſo wolte er ſich nicht mehr losmachen laſ- ſen, ſondern begab ſich von freyen Stuͤcken, mit einem guten Bekentniß, GOtt zu einem Opfer, ließ ſich auf ſein Pferd binden, und lebendig verbrennen. Ein ander Exempel hat die Chronik von Kiow beym Jahr 983. Collect. Rer. Ruſſic. part. 2. p. 106. q) Daß Anno 1191. im Junius eine Sonnenfinſterniß in Deutſchland geſehen worden, bemerket Gottfried von Coͤlln bey dieſem Jahre. Obs eben die ſey, von der hier die Rede iſt, mag ich nicht ausmachen. Denn Urspergenſ. hat beym Jahre 1187. eine an- dere, die am Tage St. Johannis des Taͤufers um die 6te Tagesſtunde bemerket iſt. Un- ten beym Jahr 1209. n. 5. ſagen die Heiden, als ſie den Schall der Sturmglocke hoͤrten, welche die Rigiſchen laͤuteten, da der Feind vor der Thuͤre war; ſie wuͤrden von die- ſem GOtt der Chriſten gefreſſen und aufgezehret. Sie hatten mehr Grund es zu ver- muthen, als dieſe Eſthen, von einem gewehrloſen Manne, den ſie vielleicht fuͤr einen Zauberer gehalten. §. 11. Wie man aber die Hartnaͤckigkeit der Liven ſahe, und daß alle Arbeit bis- den
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Geſchichte des erſten Biſchof Meinhards,
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dieſem Aberglauben ergeben geweſen, bezeuget der ungenante Verfaſſer der Lebensbeſchrei-
bung des heiligen Otto lib. 2. c. 32 ſo den Titel fuͤhret: Von dem prophetiſchen Pfer-
de und Spieſſen. Cranz geſtehet, Vandal. lib. 5. cap. 12. er habe den Saxo ausgeſchrie-
ben; doch druͤckt er die ganze Sache kuͤrzer und beſſer aus: Wenn es die bezeichnete
Stelle mit dem rechten Fuſſe beruͤhret: ſo vermuthen ſie was gutes; wenn aber mit dem lin-
ken, etwas boͤſes. Daher nent unſer Verfaſſer den rechten Fuß den| Fuß des Lebens.
o⁾ Einige unter den Preuſſen getraueten ſich nicht, auch nur einigermaſſen auf einem Rappen
oder Schimmel zu reiten, ihrer Goͤtter wegen, ſchreibt der von Duisburg part. 3. c. 5.
Unſer Auctor gibt davon die Urſache an, nemlich die Einbildung, als ob ein Goͤtze auf des
Pferdes Ruͤcken ſaͤſſe, den man ohne die groͤſte Suͤnde nicht herunter jagen koͤnne.
p⁾ Ein faſt gleiches Loos, obgleich von betruͤbterm Ausgange, fiel auf einen gewiſſen Buͤr-
ger aus Magdeburg, den die Preuſſen im Kriege gefangen bekommen. Von dieſem
meldet der Duisburger part. 3. c. 86: Die Nattanger wolten ihren Goͤttern ein Sie-
gesopfer bringen, und warfen daher das Loos uͤber die bey ihnen gefangenen Deutſchen:
ſelbiges traf zu zweyen malen einen gewiſſen Buͤrger von Meydenburg, der Hirz-
hals hieß, einen vornehmen und reichen Mann. Wie er nun dergeſtalt in Angſt war, bat
er Heinrich Monten, er moͤchte doch an die Wohlthaten denken, die er ihm oftmals in
der Stadt Meydeburg erwieſen, und ihn aus dieſer Truͤbſal erretten. Auf dieſe Worte
hatte Heinrich Mitleiden, und half ihm zweymal durch. Als aber das Loos zum dritten
mal geworfen ward, und wieder auf ihn fiel; ſo wolte er ſich nicht mehr losmachen laſ-
ſen, ſondern begab ſich von freyen Stuͤcken, mit einem guten Bekentniß, GOtt zu einem
Opfer, ließ ſich auf ſein Pferd binden, und lebendig verbrennen. Ein ander Exempel hat
die Chronik von Kiow beym Jahr 983. Collect. Rer. Ruſſic. part. 2. p. 106.
q⁾ Daß Anno 1191. im Junius eine Sonnenfinſterniß in Deutſchland geſehen worden,
bemerket Gottfried von Coͤlln bey dieſem Jahre. Obs eben die ſey, von der hier die
Rede iſt, mag ich nicht ausmachen. Denn Urspergenſ. hat beym Jahre 1187. eine an-
dere, die am Tage St. Johannis des Taͤufers um die 6te Tagesſtunde bemerket iſt. Un-
ten beym Jahr 1209. n. 5. ſagen die Heiden, als ſie den Schall der Sturmglocke hoͤrten,
welche die Rigiſchen laͤuteten, da der Feind vor der Thuͤre war; ſie wuͤrden von die-
ſem GOtt der Chriſten gefreſſen und aufgezehret. Sie hatten mehr Grund es zu ver-
muthen, als dieſe Eſthen, von einem gewehrloſen Manne, den ſie vielleicht fuͤr einen
Zauberer gehalten.
§. 11.
Wie man aber die Hartnaͤckigkeit der Liven ſahe, und daß alle Arbeit bis-
her umſonſt war, ſo nahm der Biſchof Meinhard die Geiſtlichen und Bruͤder
mit ſich, und begab ſich auf die Kauffarteiſchiffe, die eben in Oſtern nach Goth-
land ſegelfertig lagen, in der Abſicht wieder nach Hauſe zu ziehen. Da ward den
liſtigen Liven bange, weil ſie beſorgten, es werde ihnen eine ganze chriſtliche Ar-
mee auf den Hals kommen. Deswegen thaten ſie alles moͤgliche, vorbeſagten Bi-
ſchof mit Liſt und Thraͤnen verſtellter Weiſe zuruͤck zu noͤthigen, und ſagten zu ihm,
wie ehemals jene zum heiligen Martinus, obgleich aus ganz andern Herzen:
Warum ziehſt du von uns, lieber Vater? oder wem wilſt du uns Waiſen zuruͤck laſ-
ſen?
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Gibt auch ein Hirte beym Abſchiede ſeine Schafe ſo gefaͤhrlich dem Ra-
chen der Woͤlfe Preis? Und verſprachen es die Liven zum andern male von ſich
ſelbſt den chriſtlichen Glauben voͤllig anzunehmen. Der unſchuldige Mann trauete
jedem Worte, und kehrte auf Einrathen der Kaufleute und zugleich wegen verſicher-
ter Hofnung, daß bald eine Armee kommen wuͤrde, mit den Liven wieder zuruͤck.
Denn etliche verſprachen von den Deutſchen, andre von den Daͤnen, Nor-
maͤnnern, und andre von andern Nationen eine Armee mitzubringen, wenn es
die Noth erfordere. Kaum waren die Kaufleute unter Segel gegangen, ſo gruͤſ-
ſen die Kirchholmer den zuruͤckgekommenen Biſchof mit dem Grus und Herzen
des Judas, und ſprachen: Gegruͤſſet ſeyſt du Rabbi! Sie fragten ihn auch, wie
viel das Salz oder der Watmal
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in Gothland koſte. Die Beklemmung,
darin er daruͤber war, machte, daß er ſich der Thraͤnen nicht enthalten konte; er
ging wieder nach Ykeskole, und begab ſich wieder in ſein Haus. Er ſezte
einen Tag an, um das Volk zu verſamlen, und es an ſeine Zuſage zu erinnern.
Sie hielten aber weder Termin noch Verſprechen. Daher nahm er Abrede mit
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