Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870.Grundsatz festgehalten wird: "gleiche Pflichten, gleiche Rechte!" -- und meine Berner Corerspondentin irrt, wenn sie den Gedanken ausspricht, daß die Frauen nicht an die Wahlurne zu treten haben, weil sie nicht, wie die Männer, mit den Waffen in der Hand ihre Kriegsdienste leisten, sondern nur in den Lazarethen und an den Ambulancen thätig sind. Jeder leistet Kriegsdienste in dem Lande, das vom Kriege heimgesucht wird, und in einem Lande, das, wie das unsere, die allgemeine Wehrpflicht hat, leisten die Frauen, weiß Gott, ihre Kriegsopfer nicht minder als der Mann. Denn erstens tragen wir Frauen, die wir Steuern von unserem Erwerbe und Einkommen bezahlen, wie ich aus persönlicher Erfahrung weiß, die erhöhten Steuern und die Einquartierungslasten gerade so gut wie die Männer; und mich dünkt, die Gattin, die Mutter, die ihren Mann, die ihre Söhne in das Feld ziehen, die den Ernährer verstümmelt, arbeitsunfähig und krank zurückkehren sehen, die vielleicht lebenslang mit schweren Sorgen die Folgen eines solchen Krieges nachzufühlen haben -- des Herzeleids gar nicht erst zu denken -- zahlen dem Staate die Blutsteuer eben so wie der Mann, und sind vollkommen eben so bei der Entscheidung über Krieg und Frieden betheiligt, wie der Mann, der sich mit seiner Brust dem Feinde direct gegenüber stellt. Ich könnte Ihnen dieses, wenn ich wollte, in sehr ergreifenden Bildern vor das Auge führen, aber der Raum, über den ich in diesen Grundsatz festgehalten wird: »gleiche Pflichten, gleiche Rechte!« — und meine Berner Corerspondentin irrt, wenn sie den Gedanken ausspricht, daß die Frauen nicht an die Wahlurne zu treten haben, weil sie nicht, wie die Männer, mit den Waffen in der Hand ihre Kriegsdienste leisten, sondern nur in den Lazarethen und an den Ambulancen thätig sind. Jeder leistet Kriegsdienste in dem Lande, das vom Kriege heimgesucht wird, und in einem Lande, das, wie das unsere, die allgemeine Wehrpflicht hat, leisten die Frauen, weiß Gott, ihre Kriegsopfer nicht minder als der Mann. Denn erstens tragen wir Frauen, die wir Steuern von unserem Erwerbe und Einkommen bezahlen, wie ich aus persönlicher Erfahrung weiß, die erhöhten Steuern und die Einquartierungslasten gerade so gut wie die Männer; und mich dünkt, die Gattin, die Mutter, die ihren Mann, die ihre Söhne in das Feld ziehen, die den Ernährer verstümmelt, arbeitsunfähig und krank zurückkehren sehen, die vielleicht lebenslang mit schweren Sorgen die Folgen eines solchen Krieges nachzufühlen haben — des Herzeleids gar nicht erst zu denken — zahlen dem Staate die Blutsteuer eben so wie der Mann, und sind vollkommen eben so bei der Entscheidung über Krieg und Frieden betheiligt, wie der Mann, der sich mit seiner Brust dem Feinde direct gegenüber stellt. Ich könnte Ihnen dieses, wenn ich wollte, in sehr ergreifenden Bildern vor das Auge führen, aber der Raum, über den ich in diesen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0144" n="134"/> Grundsatz festgehalten wird: »gleiche Pflichten, gleiche Rechte!« — und meine Berner Corerspondentin irrt, wenn sie den Gedanken ausspricht, daß die Frauen nicht an die Wahlurne zu treten haben, weil sie nicht, wie die Männer, mit den Waffen in der Hand ihre Kriegsdienste leisten, sondern nur in den Lazarethen und an den Ambulancen thätig sind. <hi rendition="#g">Jeder</hi> leistet Kriegsdienste in dem Lande, das vom Kriege heimgesucht wird, und in einem Lande, das, wie das unsere, die allgemeine Wehrpflicht hat, leisten die Frauen, weiß Gott, ihre Kriegsopfer nicht minder als der Mann. Denn erstens tragen wir Frauen, die wir Steuern von unserem Erwerbe und Einkommen bezahlen, wie ich aus persönlicher Erfahrung weiß, die erhöhten Steuern und die Einquartierungslasten gerade so gut wie die Männer; und mich dünkt, die Gattin, die Mutter, die ihren Mann, die ihre Söhne in das Feld ziehen, die den Ernährer verstümmelt, arbeitsunfähig und krank zurückkehren sehen, die vielleicht lebenslang mit schweren Sorgen die Folgen eines solchen Krieges nachzufühlen haben — des Herzeleids gar nicht erst zu denken — zahlen dem Staate die Blutsteuer eben so wie der Mann, und sind vollkommen eben so bei der Entscheidung über Krieg und Frieden betheiligt, wie der Mann, der sich mit seiner Brust dem Feinde direct gegenüber stellt. Ich könnte Ihnen dieses, wenn ich wollte, in sehr ergreifenden Bildern vor das Auge führen, aber der Raum, über den ich in diesen </p> </div> </body> </text> </TEI> [134/0144]
Grundsatz festgehalten wird: »gleiche Pflichten, gleiche Rechte!« — und meine Berner Corerspondentin irrt, wenn sie den Gedanken ausspricht, daß die Frauen nicht an die Wahlurne zu treten haben, weil sie nicht, wie die Männer, mit den Waffen in der Hand ihre Kriegsdienste leisten, sondern nur in den Lazarethen und an den Ambulancen thätig sind. Jeder leistet Kriegsdienste in dem Lande, das vom Kriege heimgesucht wird, und in einem Lande, das, wie das unsere, die allgemeine Wehrpflicht hat, leisten die Frauen, weiß Gott, ihre Kriegsopfer nicht minder als der Mann. Denn erstens tragen wir Frauen, die wir Steuern von unserem Erwerbe und Einkommen bezahlen, wie ich aus persönlicher Erfahrung weiß, die erhöhten Steuern und die Einquartierungslasten gerade so gut wie die Männer; und mich dünkt, die Gattin, die Mutter, die ihren Mann, die ihre Söhne in das Feld ziehen, die den Ernährer verstümmelt, arbeitsunfähig und krank zurückkehren sehen, die vielleicht lebenslang mit schweren Sorgen die Folgen eines solchen Krieges nachzufühlen haben — des Herzeleids gar nicht erst zu denken — zahlen dem Staate die Blutsteuer eben so wie der Mann, und sind vollkommen eben so bei der Entscheidung über Krieg und Frieden betheiligt, wie der Mann, der sich mit seiner Brust dem Feinde direct gegenüber stellt. Ich könnte Ihnen dieses, wenn ich wollte, in sehr ergreifenden Bildern vor das Auge führen, aber der Raum, über den ich in diesen
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