Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870.

Bild:
<< vorherige Seite

Blättern zu verfügen habe, ist immer nur ein beschränkter, und es werden unter den Lesern und Leserinnen dieser Briefe leider nur zu viele sich die Erläuterungen zu diesem Texte aus eigener trauriger Erfahrung machen können. Es ist keine der Siegesnachrichten während des letzten Krieges in unser Haus gekommen, ohne daß mir die Worte Theodor Körner's:

Alle die Lippen, die für uns beten,
Alle die Herzen, die wir zertreten,
Tröste und schütze sie, ewiger Gott!

als eine Jugenderinnerung im Geiste erklungen sind; und ich werde nicht die Einzige gewesen sein, der dies geschehen ist.

Es giebt überhaupt keine Erscheinung in dem Leben eines Volkes, einer Nation, bei der die Frauen nicht eben so betheiligt wären, wie die Männer, da sie nicht außerhalb der allgemeinen Lebensbedingungen, nicht außerhalb des allgemein gültigen Gesetzes stehen; und es giebt Gesetze, bei deren Berathung man nothwendig die Meinung der Frauen hören müßte, wie es Verbrechen giebt, bei deren Beurtheilung ebenfalls Frauen zu Rathe gezogen werden müßten. Ich denke z.B. an die Ehescheidungsgesetze, an die Gesetze über Errichtung von Findelhäusern, an Verbrechen wie der Kindesmord u.s.w. Man spricht beständig von den ganz besonderen Feinheiten und Eigenthümlichkeiten der Frauennatur und unterwirft diese so besonders fein organisirten Wesen den Gesetzen, welche

Blättern zu verfügen habe, ist immer nur ein beschränkter, und es werden unter den Lesern und Leserinnen dieser Briefe leider nur zu viele sich die Erläuterungen zu diesem Texte aus eigener trauriger Erfahrung machen können. Es ist keine der Siegesnachrichten während des letzten Krieges in unser Haus gekommen, ohne daß mir die Worte Theodor Körner's:

Alle die Lippen, die für uns beten,
Alle die Herzen, die wir zertreten,
Tröste und schütze sie, ewiger Gott!

als eine Jugenderinnerung im Geiste erklungen sind; und ich werde nicht die Einzige gewesen sein, der dies geschehen ist.

Es giebt überhaupt keine Erscheinung in dem Leben eines Volkes, einer Nation, bei der die Frauen nicht eben so betheiligt wären, wie die Männer, da sie nicht außerhalb der allgemeinen Lebensbedingungen, nicht außerhalb des allgemein gültigen Gesetzes stehen; und es giebt Gesetze, bei deren Berathung man nothwendig die Meinung der Frauen hören müßte, wie es Verbrechen giebt, bei deren Beurtheilung ebenfalls Frauen zu Rathe gezogen werden müßten. Ich denke z.B. an die Ehescheidungsgesetze, an die Gesetze über Errichtung von Findelhäusern, an Verbrechen wie der Kindesmord u.s.w. Man spricht beständig von den ganz besonderen Feinheiten und Eigenthümlichkeiten der Frauennatur und unterwirft diese so besonders fein organisirten Wesen den Gesetzen, welche

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0145" n="135"/>
Blättern zu verfügen habe, ist immer nur ein beschränkter, und es werden unter den Lesern und Leserinnen dieser Briefe leider nur zu viele sich die Erläuterungen zu diesem Texte aus eigener trauriger Erfahrung machen können. Es ist keine der Siegesnachrichten während des letzten Krieges in unser Haus gekommen, ohne daß mir die Worte Theodor Körner's:</p>
        <lg type="poem">
          <l>Alle die Lippen, die für uns beten,<lb/></l>
          <l>Alle die Herzen, die wir zertreten,<lb/></l>
          <l>Tröste und schütze sie, ewiger Gott!<lb/></l>
        </lg>
        <p>als eine Jugenderinnerung im Geiste erklungen sind; und ich werde nicht die Einzige gewesen sein, der dies geschehen ist.</p>
        <p>Es giebt überhaupt keine Erscheinung in dem Leben eines Volkes, einer Nation, bei der die Frauen nicht eben so betheiligt wären, wie die Männer, da sie nicht außerhalb der allgemeinen Lebensbedingungen, nicht außerhalb des allgemein gültigen Gesetzes stehen; und es giebt Gesetze, bei deren Berathung man nothwendig die Meinung der Frauen hören müßte, wie es Verbrechen giebt, bei deren Beurtheilung ebenfalls Frauen zu Rathe gezogen werden müßten. Ich denke z.B. an die Ehescheidungsgesetze, an die Gesetze über Errichtung von Findelhäusern, an Verbrechen wie der Kindesmord u.s.w. Man spricht beständig von den ganz besonderen Feinheiten und Eigenthümlichkeiten der Frauennatur und unterwirft diese so besonders fein organisirten Wesen den Gesetzen, welche
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[135/0145] Blättern zu verfügen habe, ist immer nur ein beschränkter, und es werden unter den Lesern und Leserinnen dieser Briefe leider nur zu viele sich die Erläuterungen zu diesem Texte aus eigener trauriger Erfahrung machen können. Es ist keine der Siegesnachrichten während des letzten Krieges in unser Haus gekommen, ohne daß mir die Worte Theodor Körner's: Alle die Lippen, die für uns beten, Alle die Herzen, die wir zertreten, Tröste und schütze sie, ewiger Gott! als eine Jugenderinnerung im Geiste erklungen sind; und ich werde nicht die Einzige gewesen sein, der dies geschehen ist. Es giebt überhaupt keine Erscheinung in dem Leben eines Volkes, einer Nation, bei der die Frauen nicht eben so betheiligt wären, wie die Männer, da sie nicht außerhalb der allgemeinen Lebensbedingungen, nicht außerhalb des allgemein gültigen Gesetzes stehen; und es giebt Gesetze, bei deren Berathung man nothwendig die Meinung der Frauen hören müßte, wie es Verbrechen giebt, bei deren Beurtheilung ebenfalls Frauen zu Rathe gezogen werden müßten. Ich denke z.B. an die Ehescheidungsgesetze, an die Gesetze über Errichtung von Findelhäusern, an Verbrechen wie der Kindesmord u.s.w. Man spricht beständig von den ganz besonderen Feinheiten und Eigenthümlichkeiten der Frauennatur und unterwirft diese so besonders fein organisirten Wesen den Gesetzen, welche

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in der Syntax von zeno.org (2013-01-04T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus zeno.org entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-04T13:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-01-04T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Wird ein Wort durch einen Seitenumbruch getrennt, so wird es vollständig auf der vorhergehenden Seite übernommen.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Der Zeilenfall wurde aufgehoben, die Absätze beibehalten.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_frauen_1870
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_frauen_1870/145
Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_frauen_1870/145>, abgerufen am 21.11.2024.