schwert und dieser erwidert hatte, er halte Therese für neidisch, und rathe überhaupt da- von ab, sie ganz in die Familie aufzunehmen. Das hatte Jenny mit tausend Gründen be- stritten. Sie erinnerte Joseph, wie gutmüthig Therese immer gewesen sei, wie anhänglich und anspruchslos, und versicherte, daß sie nie et- was so Gehässiges von ihr zu glauben ver- möchte. "Zudem", hatte Jenny damals lächelnd gesagt, "ist sie doch gewissermaßen Reinhard und mir zu Hülfe gekommen, und hat minde- stens dazu beigetragen, uns schneller in den Hafen des Brautstandes zu bringen, dafür bin ich ihr dankbar, und ertrage ihre kleinen Launen; denn lieb hat sie uns, Reinhard und mich."
"Reinhard gewiß!" hatte Joseph geant- wortet, und so gleichgültig diese Bemerkung ihr damals erschienen war, so deutlich erin- nerte sie sich jetzt der Absichtlichkeit, mit der
ſchwert und dieſer erwidert hatte, er halte Thereſe für neidiſch, und rathe überhaupt da- von ab, ſie ganz in die Familie aufzunehmen. Das hatte Jenny mit tauſend Gründen be- ſtritten. Sie erinnerte Joſeph, wie gutmüthig Thereſe immer geweſen ſei, wie anhänglich und anſpruchslos, und verſicherte, daß ſie nie et- was ſo Gehäſſiges von ihr zu glauben ver- möchte. „Zudem“, hatte Jenny damals lächelnd geſagt, „iſt ſie doch gewiſſermaßen Reinhard und mir zu Hülfe gekommen, und hat minde- ſtens dazu beigetragen, uns ſchneller in den Hafen des Brautſtandes zu bringen, dafür bin ich ihr dankbar, und ertrage ihre kleinen Launen; denn lieb hat ſie uns, Reinhard und mich.“
„Reinhard gewiß!“ hatte Joſeph geant- wortet, und ſo gleichgültig dieſe Bemerkung ihr damals erſchienen war, ſo deutlich erin- nerte ſie ſich jetzt der Abſichtlichkeit, mit der
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ſchwert und dieſer erwidert hatte, er halte
Thereſe für neidiſch, und rathe überhaupt da-
von ab, ſie ganz in die Familie aufzunehmen.
Das hatte Jenny mit tauſend Gründen be-
ſtritten. Sie erinnerte Joſeph, wie gutmüthig
Thereſe immer geweſen ſei, wie anhänglich und
anſpruchslos, und verſicherte, daß ſie nie et-
was ſo Gehäſſiges von ihr zu glauben ver-
möchte. „Zudem“, hatte Jenny damals lächelnd
geſagt, „iſt ſie doch gewiſſermaßen Reinhard
und mir zu Hülfe gekommen, und hat minde-
ſtens dazu beigetragen, uns ſchneller in den
Hafen des Brautſtandes zu bringen, dafür
bin ich ihr dankbar, und ertrage ihre kleinen
Launen; denn lieb hat ſie uns, Reinhard
und mich.“
„Reinhard gewiß!“ hatte Joſeph geant-
wortet, und ſo gleichgültig dieſe Bemerkung
ihr damals erſchienen war, ſo deutlich erin-
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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/414>, abgerufen am 21.11.2024.
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