sche. Und in der That ist sie so hübsch und wohlerzogen, daß sie wol Anspruch hätte, zu gefallen!
"Sieh! das finde ich nicht", wendete Jenny ein. "Therese ist wirklich jung, aber sie hat für mich ein gewisses Etwas, nenne es Pedante- rie oder wie Du sonst willst, was mir mißfällt. Sie kommt mir gewissermaßen altjüngferlich und überlegt vor. Alles ist Absicht bei ihr und ich be- greife gar wohl, daß sie Männern nicht gefällt!"
Reinhard zog Jenny an seine Brust und sagte lachend: "Siehst Du, mein Kind! gerade so be- greife ich wohl, daß Männer, wie Steinheim, Er- lau und die Andern den Frauen gar nicht gefallen sollten; und Du hättest mir heute zum Abschied von der Stadt nichts Besseres geben können, als die Versicherung, daß Dir die arme Therese wirklich so sehr mißfällt. Aber laß es nur gut sein -- wenn Jenny Meier nicht mehr neben ihr ist, um sie zu verdunkeln, findet wol irgend ein braver
ſche. Und in der That iſt ſie ſo hübſch und wohlerzogen, daß ſie wol Anſpruch hätte, zu gefallen!
„Sieh! das finde ich nicht“, wendete Jenny ein. „Thereſe iſt wirklich jung, aber ſie hat für mich ein gewiſſes Etwas, nenne es Pedante- rie oder wie Du ſonſt willſt, was mir mißfällt. Sie kommt mir gewiſſermaßen altjüngferlich und überlegt vor. Alles iſt Abſicht bei ihr und ich be- greife gar wohl, daß ſie Männern nicht gefällt!“
Reinhard zog Jenny an ſeine Bruſt und ſagte lachend: „Siehſt Du, mein Kind! gerade ſo be- greife ich wohl, daß Männer, wie Steinheim, Er- lau und die Andern den Frauen gar nicht gefallen ſollten; und Du hätteſt mir heute zum Abſchied von der Stadt nichts Beſſeres geben können, als die Verſicherung, daß Dir die arme Thereſe wirklich ſo ſehr mißfällt. Aber laß es nur gut ſein — wenn Jenny Meier nicht mehr neben ihr iſt, um ſie zu verdunkeln, findet wol irgend ein braver
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ſche. Und in der That iſt ſie ſo hübſch und
wohlerzogen, daß ſie wol Anſpruch hätte, zu
gefallen!
„Sieh! das finde ich nicht“, wendete Jenny
ein. „Thereſe iſt wirklich jung, aber ſie hat für
mich ein gewiſſes Etwas, nenne es Pedante-
rie oder wie Du ſonſt willſt, was mir mißfällt.
Sie kommt mir gewiſſermaßen altjüngferlich und
überlegt vor. Alles iſt Abſicht bei ihr und ich be-
greife gar wohl, daß ſie Männern nicht gefällt!“
Reinhard zog Jenny an ſeine Bruſt und ſagte
lachend: „Siehſt Du, mein Kind! gerade ſo be-
greife ich wohl, daß Männer, wie Steinheim, Er-
lau und die Andern den Frauen gar nicht gefallen
ſollten; und Du hätteſt mir heute zum Abſchied von
der Stadt nichts Beſſeres geben können, als die
Verſicherung, daß Dir die arme Thereſe wirklich
ſo ſehr mißfällt. Aber laß es nur gut ſein —
wenn Jenny Meier nicht mehr neben ihr iſt, um
ſie zu verdunkeln, findet wol irgend ein braver
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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 415. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/423>, abgerufen am 24.11.2024.
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