sie auf ihren ausdrücklichen Befehl verlassen mußte, um sich ihrem Bräutigam nicht unnö- thig zu entziehen, der, innig erfreut, sie wieder zu haben, ihr den Vorschlag machte, mit ihm nach Berghoff zu fahren. Er wünschte, Clara möge sich nach den in der Krankenstube ihrer Mutter verlebten Tagen in freier Luft erholen und zugleich mit ihm die Meier'sche Familie besuchen, von der er noch Niemand gesehen hatte. Clara lehnte aber Beides ab und bat William, ihr in ihr Zimmer zu folgen, da sie ihn allein und gleich sprechen müsse.
Als sie sich dort niedergelassen hatte, be- gann Clara: "Ich weiß wirklich nicht, lieber William, wie ich es machen soll, Dir zu sagen, was Du doch erfahren mußt. Du bist mir mit so herzlichem Vertrauen entgegengekom- men, so gut, so unbeschreiblich freundlich gegen mich gewesen, daß ich Dir nie genug danken kann." Sie stockte; William sah sie verwundert
ſie auf ihren ausdrücklichen Befehl verlaſſen mußte, um ſich ihrem Bräutigam nicht unnö- thig zu entziehen, der, innig erfreut, ſie wieder zu haben, ihr den Vorſchlag machte, mit ihm nach Berghoff zu fahren. Er wünſchte, Clara möge ſich nach den in der Krankenſtube ihrer Mutter verlebten Tagen in freier Luft erholen und zugleich mit ihm die Meier'ſche Familie beſuchen, von der er noch Niemand geſehen hatte. Clara lehnte aber Beides ab und bat William, ihr in ihr Zimmer zu folgen, da ſie ihn allein und gleich ſprechen müſſe.
Als ſie ſich dort niedergelaſſen hatte, be- gann Clara: „Ich weiß wirklich nicht, lieber William, wie ich es machen ſoll, Dir zu ſagen, was Du doch erfahren mußt. Du biſt mir mit ſo herzlichem Vertrauen entgegengekom- men, ſo gut, ſo unbeſchreiblich freundlich gegen mich geweſen, daß ich Dir nie genug danken kann.“ Sie ſtockte; William ſah ſie verwundert
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ſie auf ihren ausdrücklichen Befehl verlaſſen
mußte, um ſich ihrem Bräutigam nicht unnö-
thig zu entziehen, der, innig erfreut, ſie wieder
zu haben, ihr den Vorſchlag machte, mit ihm
nach Berghoff zu fahren. Er wünſchte, Clara
möge ſich nach den in der Krankenſtube ihrer
Mutter verlebten Tagen in freier Luft erholen
und zugleich mit ihm die Meier'ſche Familie
beſuchen, von der er noch Niemand geſehen
hatte. Clara lehnte aber Beides ab und bat
William, ihr in ihr Zimmer zu folgen, da ſie
ihn allein und gleich ſprechen müſſe.
Als ſie ſich dort niedergelaſſen hatte, be-
gann Clara: „Ich weiß wirklich nicht, lieber
William, wie ich es machen ſoll, Dir zu ſagen,
was Du doch erfahren mußt. Du biſt mir
mit ſo herzlichem Vertrauen entgegengekom-
men, ſo gut, ſo unbeſchreiblich freundlich gegen
mich geweſen, daß ich Dir nie genug danken
kann.“ Sie ſtockte; William ſah ſie verwundert
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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/82>, abgerufen am 21.11.2024.
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