Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

geblich versucht habe, fügte ich mich widerstre-
bend in den Gedanken, Clara zu entsagen."

"Und das erzählen Sie mir? mir, dessen
Ansprüche an Clara Sie kannten, mir, der Sie
für seinen Freund hielt?"

"William, mir ahnte, daß Clara Ihnen
bestimmt und theuer sei, ich wußte fast gewiß,
daß meine Hoffnung sich nur von meinen Wün-
schen täuschen ließ, aber dennoch sträubte ich
vergebens gegen eine Neigung, die Clara errieth
und theilte, so sehr ich sie ihr zu verbergen
strebte. Der Kampf um Liebe, um ein Weib
ist ein unerbittlicher Kampf, ein Kampf auf
Leben und Tod. Es gibt kein Drittes. Und
wenn zwei Unglückliche auf dem Meere schiff-
brüchig umhergetrieben werden, wenn ein letztes
Bret Beide von sicherm Verderben trennt,
wenn Einer untergehen muß, werden sie Den
verdammen, der, um sich zu retten, den Andern
im unwillkürlichen Trieb der Selbsterhaltung

geblich verſucht habe, fügte ich mich widerſtre-
bend in den Gedanken, Clara zu entſagen.“

„Und das erzählen Sie mir? mir, deſſen
Anſprüche an Clara Sie kannten, mir, der Sie
für ſeinen Freund hielt?“

„William, mir ahnte, daß Clara Ihnen
beſtimmt und theuer ſei, ich wußte faſt gewiß,
daß meine Hoffnung ſich nur von meinen Wün-
ſchen täuſchen ließ, aber dennoch ſträubte ich
vergebens gegen eine Neigung, die Clara errieth
und theilte, ſo ſehr ich ſie ihr zu verbergen
ſtrebte. Der Kampf um Liebe, um ein Weib
iſt ein unerbittlicher Kampf, ein Kampf auf
Leben und Tod. Es gibt kein Drittes. Und
wenn zwei Unglückliche auf dem Meere ſchiff-
brüchig umhergetrieben werden, wenn ein letztes
Bret Beide von ſicherm Verderben trennt,
wenn Einer untergehen muß, werden ſie Den
verdammen, der, um ſich zu retten, den Andern
im unwillkürlichen Trieb der Selbſterhaltung

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0088" n="78"/>
geblich ver&#x017F;ucht habe, fügte ich mich wider&#x017F;tre-<lb/>
bend in den Gedanken, Clara zu ent&#x017F;agen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Und das erzählen Sie mir? mir, de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
An&#x017F;prüche an Clara Sie kannten, mir, der Sie<lb/>
für &#x017F;einen Freund hielt?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;William, mir ahnte, daß Clara Ihnen<lb/>
be&#x017F;timmt und theuer &#x017F;ei, ich wußte fa&#x017F;t gewiß,<lb/>
daß meine Hoffnung &#x017F;ich nur von meinen Wün-<lb/>
&#x017F;chen täu&#x017F;chen ließ, aber dennoch &#x017F;träubte ich<lb/>
vergebens gegen eine Neigung, die Clara errieth<lb/>
und theilte, &#x017F;o &#x017F;ehr ich &#x017F;ie ihr zu verbergen<lb/>
&#x017F;trebte. Der Kampf um Liebe, um ein Weib<lb/>
i&#x017F;t ein unerbittlicher Kampf, ein Kampf auf<lb/>
Leben und Tod. Es gibt kein Drittes. Und<lb/>
wenn zwei Unglückliche auf dem Meere &#x017F;chiff-<lb/>
brüchig umhergetrieben werden, wenn ein letztes<lb/>
Bret Beide von &#x017F;icherm Verderben trennt,<lb/>
wenn Einer untergehen <hi rendition="#g">muß</hi>, werden &#x017F;ie Den<lb/>
verdammen, der, um &#x017F;ich zu retten, den Andern<lb/>
im unwillkürlichen Trieb der Selb&#x017F;terhaltung<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[78/0088] geblich verſucht habe, fügte ich mich widerſtre- bend in den Gedanken, Clara zu entſagen.“ „Und das erzählen Sie mir? mir, deſſen Anſprüche an Clara Sie kannten, mir, der Sie für ſeinen Freund hielt?“ „William, mir ahnte, daß Clara Ihnen beſtimmt und theuer ſei, ich wußte faſt gewiß, daß meine Hoffnung ſich nur von meinen Wün- ſchen täuſchen ließ, aber dennoch ſträubte ich vergebens gegen eine Neigung, die Clara errieth und theilte, ſo ſehr ich ſie ihr zu verbergen ſtrebte. Der Kampf um Liebe, um ein Weib iſt ein unerbittlicher Kampf, ein Kampf auf Leben und Tod. Es gibt kein Drittes. Und wenn zwei Unglückliche auf dem Meere ſchiff- brüchig umhergetrieben werden, wenn ein letztes Bret Beide von ſicherm Verderben trennt, wenn Einer untergehen muß, werden ſie Den verdammen, der, um ſich zu retten, den Andern im unwillkürlichen Trieb der Selbſterhaltung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/88
Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/88>, abgerufen am 24.11.2024.