zukehren. Sie beschwor ihn, sich loszureißen, kein Opfer an Geld zu achten, um sich von einem Weibe zu befreien, dessen einzige Absicht ihm nicht verborgen sein könne, und war un- vorsichtig genug, ihn zu diesem Zweck eine be- deutende Summe aus ihrem Privatvermögen zu übergeben, damit sein Vater gar nichts von diesem Verhältniß zu erfahren brauche. Was die aufrichtige Besorgniß einer Mutter, die Furcht vor öffentlicher Beschimpfung einer so stolzen Frau nur einzugeben vermochten, das stellte sie ihm in den beredtesten Worten vor und harrte angstvoll und ungeduldig seiner Antwort. Doch der erste Termin, der sie bringen konnte, verging und kein Brief von Ferdinand erschien. In dieser tödtlichen Ungewißheit traten alle übrigen Angelegenheiten in ihren Augen zurück und selbst von Clara's Verlobung war gar nicht die Rede. Die Commerzienräthin nahm dies Verhältniß als längst entschieden an; sie
zukehren. Sie beſchwor ihn, ſich loszureißen, kein Opfer an Geld zu achten, um ſich von einem Weibe zu befreien, deſſen einzige Abſicht ihm nicht verborgen ſein könne, und war un- vorſichtig genug, ihn zu dieſem Zweck eine be- deutende Summe aus ihrem Privatvermögen zu übergeben, damit ſein Vater gar nichts von dieſem Verhältniß zu erfahren brauche. Was die aufrichtige Beſorgniß einer Mutter, die Furcht vor öffentlicher Beſchimpfung einer ſo ſtolzen Frau nur einzugeben vermochten, das ſtellte ſie ihm in den beredteſten Worten vor und harrte angſtvoll und ungeduldig ſeiner Antwort. Doch der erſte Termin, der ſie bringen konnte, verging und kein Brief von Ferdinand erſchien. In dieſer tödtlichen Ungewißheit traten alle übrigen Angelegenheiten in ihren Augen zurück und ſelbſt von Clara's Verlobung war gar nicht die Rede. Die Commerzienräthin nahm dies Verhältniß als längſt entſchieden an; ſie
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zukehren. Sie beſchwor ihn, ſich loszureißen,
kein Opfer an Geld zu achten, um ſich von
einem Weibe zu befreien, deſſen einzige Abſicht
ihm nicht verborgen ſein könne, und war un-
vorſichtig genug, ihn zu dieſem Zweck eine be-
deutende Summe aus ihrem Privatvermögen
zu übergeben, damit ſein Vater gar nichts von
dieſem Verhältniß zu erfahren brauche. Was
die aufrichtige Beſorgniß einer Mutter, die
Furcht vor öffentlicher Beſchimpfung einer ſo
ſtolzen Frau nur einzugeben vermochten, das
ſtellte ſie ihm in den beredteſten Worten vor und
harrte angſtvoll und ungeduldig ſeiner Antwort.
Doch der erſte Termin, der ſie bringen konnte,
verging und kein Brief von Ferdinand erſchien.
In dieſer tödtlichen Ungewißheit traten alle
übrigen Angelegenheiten in ihren Augen zurück
und ſelbſt von Clara's Verlobung war gar
nicht die Rede. Die Commerzienräthin nahm
dies Verhältniß als längſt entſchieden an; ſie
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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/94>, abgerufen am 21.11.2024.
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