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Lewald, Fanny: Die Tante. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 69–193. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Wesen förderlich gewesen war. So war er es auch, der die Mutter zu bestimmen suchte, ihren jüngern Töchtern eine ernstere, wissenschaftliche Erziehung geben zu lassen, aber in diesem Einen Punkte stieß er auf Widerstand. Die Mutter hatte ebensowohl eine Abneigung gegen die Pedanterie, als gegen die falsche Genialität, denen man damals bei vielwissenden Frauen noch häufiger als jetzt begegnete, und da sie sich bewußt war, ohne besondere Bildung doch allen ihren Pflichten im höchsten Sinne des Wortes zu entsprechen, so beharrte sie dabei, uns ganz nach ihrem eigenen Wesen zu erziehen. Wir lernten eben nur die Elementarwissenschaften, Französisch und ein wenig von Musik und Zeichnen, das Uebrige sollte nach der Mutter Ansicht uns eigenes Bestreben und der Verkehr mit Menschen erwerben.

Freilich habe ich bei dieser Methode es nicht weit gebracht, ja ich schrieb und sprach das Deutsche selbst nicht richtig, als ich mich verheirathete, aber das waren auch Dinge, welche man damals nicht als unerläßlich ansah, vorausgesetzt, daß ein Mädchen oder eine Frau nur zu gefallen wußte; denn gerade weil das öffentliche Leben damals so ernst und schwer geworden war, suchten die Männer Erholung und Trost in der Familie, bei den Frauen, und das Beispiel der musterhaften Ehe unseres Königs hatte angefangen, die häuslichen Tugenden und das Familienleben zu einer Ehrensache zu erheben.

Wesen förderlich gewesen war. So war er es auch, der die Mutter zu bestimmen suchte, ihren jüngern Töchtern eine ernstere, wissenschaftliche Erziehung geben zu lassen, aber in diesem Einen Punkte stieß er auf Widerstand. Die Mutter hatte ebensowohl eine Abneigung gegen die Pedanterie, als gegen die falsche Genialität, denen man damals bei vielwissenden Frauen noch häufiger als jetzt begegnete, und da sie sich bewußt war, ohne besondere Bildung doch allen ihren Pflichten im höchsten Sinne des Wortes zu entsprechen, so beharrte sie dabei, uns ganz nach ihrem eigenen Wesen zu erziehen. Wir lernten eben nur die Elementarwissenschaften, Französisch und ein wenig von Musik und Zeichnen, das Uebrige sollte nach der Mutter Ansicht uns eigenes Bestreben und der Verkehr mit Menschen erwerben.

Freilich habe ich bei dieser Methode es nicht weit gebracht, ja ich schrieb und sprach das Deutsche selbst nicht richtig, als ich mich verheirathete, aber das waren auch Dinge, welche man damals nicht als unerläßlich ansah, vorausgesetzt, daß ein Mädchen oder eine Frau nur zu gefallen wußte; denn gerade weil das öffentliche Leben damals so ernst und schwer geworden war, suchten die Männer Erholung und Trost in der Familie, bei den Frauen, und das Beispiel der musterhaften Ehe unseres Königs hatte angefangen, die häuslichen Tugenden und das Familienleben zu einer Ehrensache zu erheben.

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[0053] Wesen förderlich gewesen war. So war er es auch, der die Mutter zu bestimmen suchte, ihren jüngern Töchtern eine ernstere, wissenschaftliche Erziehung geben zu lassen, aber in diesem Einen Punkte stieß er auf Widerstand. Die Mutter hatte ebensowohl eine Abneigung gegen die Pedanterie, als gegen die falsche Genialität, denen man damals bei vielwissenden Frauen noch häufiger als jetzt begegnete, und da sie sich bewußt war, ohne besondere Bildung doch allen ihren Pflichten im höchsten Sinne des Wortes zu entsprechen, so beharrte sie dabei, uns ganz nach ihrem eigenen Wesen zu erziehen. Wir lernten eben nur die Elementarwissenschaften, Französisch und ein wenig von Musik und Zeichnen, das Uebrige sollte nach der Mutter Ansicht uns eigenes Bestreben und der Verkehr mit Menschen erwerben. Freilich habe ich bei dieser Methode es nicht weit gebracht, ja ich schrieb und sprach das Deutsche selbst nicht richtig, als ich mich verheirathete, aber das waren auch Dinge, welche man damals nicht als unerläßlich ansah, vorausgesetzt, daß ein Mädchen oder eine Frau nur zu gefallen wußte; denn gerade weil das öffentliche Leben damals so ernst und schwer geworden war, suchten die Männer Erholung und Trost in der Familie, bei den Frauen, und das Beispiel der musterhaften Ehe unseres Königs hatte angefangen, die häuslichen Tugenden und das Familienleben zu einer Ehrensache zu erheben.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:16:08Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:16:08Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Die Tante. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 69–193. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_tante_1910/53>, abgerufen am 24.11.2024.