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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842.

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Der chemische Proceß der
als sie den Weg andeuten, den die Chemie verfolgt,
oder den sie nicht verlassen darf, wenn sie in der That der
Physiologie und Pathologie Dienste leisten soll. Die Com-
binationen des Chemikers beziehen sich stets auf den Stoff-
wechsel vorwärts und rückwärts, auf den Uebergang der Nah-
rung in die mannigfaltigen Gebilde und Secrete und ihrer Um-
setzung in leblose Verbindungen; seine Untersuchungen sollen
zeigen, was im Körper vor sich gegangen ist, und was vor
sich gehen kann. Sonderbarer Weise sehen wir die Arznei-
wirkungen alle abhängig von gewissen Stoffen, die sich in
ihrer Zusammensetzung nicht ähnlich sind, und wenn durch
die Hinzuführung eines Stoffes gewisse abnormale Zustände
zu normalen werden, so wird man die Ansicht nicht zurück-
weisen können, daß diese Erscheinung in einer Aenderung
der Zusammensetzung der Bestandtheile des kranken Orga-
nismus beruht, an welcher die Elemente des Arzneimittels
einen bestimmten Antheil haben, einen ähnlichen Antheil, wie der
ist, den die Bestandtheile der Pflanzen an der Bildung des Fettes
und der Membranen, des Speichels, der spermatischen Ma-
terie etc. genommen haben; ihr Kohlenstoff, ihr Wasserstoff,
Stickstoff, oder was sonst zu ihrer Zusammensetzung ge-
hört, sie stammen ja von dem Organismus der Pflanze ab;
die Wirkungen des Chinins, des Morphins, der vegetabi-
lischen Gifte sind zuletzt keine Hypothesen.

95. Aehnlich also wie man in gewissem Sinne von Caffein,
Thein, Asparagin, so wie von den stickstofffreien Nahrungs-
stoffen sagen kann, daß sie Nahrungsstoffe für die Leber sind,

Der chemiſche Proceß der
als ſie den Weg andeuten, den die Chemie verfolgt,
oder den ſie nicht verlaſſen darf, wenn ſie in der That der
Phyſiologie und Pathologie Dienſte leiſten ſoll. Die Com-
binationen des Chemikers beziehen ſich ſtets auf den Stoff-
wechſel vorwärts und rückwärts, auf den Uebergang der Nah-
rung in die mannigfaltigen Gebilde und Secrete und ihrer Um-
ſetzung in lebloſe Verbindungen; ſeine Unterſuchungen ſollen
zeigen, was im Körper vor ſich gegangen iſt, und was vor
ſich gehen kann. Sonderbarer Weiſe ſehen wir die Arznei-
wirkungen alle abhängig von gewiſſen Stoffen, die ſich in
ihrer Zuſammenſetzung nicht ähnlich ſind, und wenn durch
die Hinzuführung eines Stoffes gewiſſe abnormale Zuſtände
zu normalen werden, ſo wird man die Anſicht nicht zurück-
weiſen können, daß dieſe Erſcheinung in einer Aenderung
der Zuſammenſetzung der Beſtandtheile des kranken Orga-
nismus beruht, an welcher die Elemente des Arzneimittels
einen beſtimmten Antheil haben, einen ähnlichen Antheil, wie der
iſt, den die Beſtandtheile der Pflanzen an der Bildung des Fettes
und der Membranen, des Speichels, der ſpermatiſchen Ma-
terie ꝛc. genommen haben; ihr Kohlenſtoff, ihr Waſſerſtoff,
Stickſtoff, oder was ſonſt zu ihrer Zuſammenſetzung ge-
hört, ſie ſtammen ja von dem Organismus der Pflanze ab;
die Wirkungen des Chinins, des Morphins, der vegetabi-
liſchen Gifte ſind zuletzt keine Hypotheſen.

95. Aehnlich alſo wie man in gewiſſem Sinne von Caffein,
Thein, Asparagin, ſo wie von den ſtickſtofffreien Nahrungs-
ſtoffen ſagen kann, daß ſie Nahrungsſtoffe für die Leber ſind,

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[192/0216] Der chemiſche Proceß der als ſie den Weg andeuten, den die Chemie verfolgt, oder den ſie nicht verlaſſen darf, wenn ſie in der That der Phyſiologie und Pathologie Dienſte leiſten ſoll. Die Com- binationen des Chemikers beziehen ſich ſtets auf den Stoff- wechſel vorwärts und rückwärts, auf den Uebergang der Nah- rung in die mannigfaltigen Gebilde und Secrete und ihrer Um- ſetzung in lebloſe Verbindungen; ſeine Unterſuchungen ſollen zeigen, was im Körper vor ſich gegangen iſt, und was vor ſich gehen kann. Sonderbarer Weiſe ſehen wir die Arznei- wirkungen alle abhängig von gewiſſen Stoffen, die ſich in ihrer Zuſammenſetzung nicht ähnlich ſind, und wenn durch die Hinzuführung eines Stoffes gewiſſe abnormale Zuſtände zu normalen werden, ſo wird man die Anſicht nicht zurück- weiſen können, daß dieſe Erſcheinung in einer Aenderung der Zuſammenſetzung der Beſtandtheile des kranken Orga- nismus beruht, an welcher die Elemente des Arzneimittels einen beſtimmten Antheil haben, einen ähnlichen Antheil, wie der iſt, den die Beſtandtheile der Pflanzen an der Bildung des Fettes und der Membranen, des Speichels, der ſpermatiſchen Ma- terie ꝛc. genommen haben; ihr Kohlenſtoff, ihr Waſſerſtoff, Stickſtoff, oder was ſonſt zu ihrer Zuſammenſetzung ge- hört, ſie ſtammen ja von dem Organismus der Pflanze ab; die Wirkungen des Chinins, des Morphins, der vegetabi- liſchen Gifte ſind zuletzt keine Hypotheſen. 95. Aehnlich alſo wie man in gewiſſem Sinne von Caffein, Thein, Asparagin, ſo wie von den ſtickſtofffreien Nahrungs- ſtoffen ſagen kann, daß ſie Nahrungsſtoffe für die Leber ſind,

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Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842/216>, abgerufen am 24.11.2024.