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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842.

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Der chemische Proceß der
lensäure zu zerfallen, wenn er mit einer gährenden Materie
(dem faulenden Käse in der Milch) bei Gegenwart von Wasser
einer höheren Temperatur ausgesetzt wird. In diesem Fall ver-
wandelt er sich zuerst in Traubenzucker; die nämliche Verwandlung
erfährt der Milchzucker, wenn er mit Säuren, mit Schwefelsäure
z. B., bei gewöhnlicher Temperatur in Berührung gelassen wird.

Das Gummi hat eine dem Rohrzucker gleiche procentische
Zusammensetzung 14), es unterscheidet sich von den Zuckerarten
und dem Amylon, insofern ihm die Fähigkeit abgeht, durch
den Proceß der Fäulniß in Weingeist und Kohlensäure zu zer-
fallen; gährenden Substanzen zugesetzt, erleidet es keine merk-
liche Veränderung, woraus man mit einiger Wahrscheinlichkeit
schließen kann, daß seine Elemente in der Ordnung, in wel-
cher sie vereinigt sind, mit einer stärkeren Kraft zusammenge-
halten sind, wie die Elemente der verschiedenen Zuckerarten.

Einen gewissen Zusammenhang zeigt das Gummi übrigens
mit dem Milchzucker, beide geben nämlich bei Behandlung mit
Salpetersäure einerlei Oxydationsproducte, nämlich Schleimsäure,
die sich unter denselben Bedingungen aus den Zuckerarten nicht
darstellen läßt.

Wenn wir, um die Aehnlichkeit in der Zusammensetzung
dieser verschiedenen Materien, welche in dem Ernährungsproceß
der pflanzenfressenden Thiere eine so wichtige Rolle überneh-
men, noch mehr hervortreten zu machen, 1 Aequivalent Kohlen-
stoff mit C (= 75,8 Kohlenstoff) und 1 Aequivalent Wasser
mit aqua (= 112,4) bezeichnen, so erhalten wir für die Zu-
sammensetzung der genannten Substanzen folgende Ausdrücke:


Der chemiſche Proceß der
lenſäure zu zerfallen, wenn er mit einer gährenden Materie
(dem faulenden Käſe in der Milch) bei Gegenwart von Waſſer
einer höheren Temperatur ausgeſetzt wird. In dieſem Fall ver-
wandelt er ſich zuerſt in Traubenzucker; die nämliche Verwandlung
erfährt der Milchzucker, wenn er mit Säuren, mit Schwefelſäure
z. B., bei gewöhnlicher Temperatur in Berührung gelaſſen wird.

Das Gummi hat eine dem Rohrzucker gleiche procentiſche
Zuſammenſetzung 14), es unterſcheidet ſich von den Zuckerarten
und dem Amylon, inſofern ihm die Fähigkeit abgeht, durch
den Proceß der Fäulniß in Weingeiſt und Kohlenſäure zu zer-
fallen; gährenden Subſtanzen zugeſetzt, erleidet es keine merk-
liche Veränderung, woraus man mit einiger Wahrſcheinlichkeit
ſchließen kann, daß ſeine Elemente in der Ordnung, in wel-
cher ſie vereinigt ſind, mit einer ſtärkeren Kraft zuſammenge-
halten ſind, wie die Elemente der verſchiedenen Zuckerarten.

Einen gewiſſen Zuſammenhang zeigt das Gummi übrigens
mit dem Milchzucker, beide geben nämlich bei Behandlung mit
Salpeterſäure einerlei Oxydationsproducte, nämlich Schleimſäure,
die ſich unter denſelben Bedingungen aus den Zuckerarten nicht
darſtellen läßt.

Wenn wir, um die Aehnlichkeit in der Zuſammenſetzung
dieſer verſchiedenen Materien, welche in dem Ernährungsproceß
der pflanzenfreſſenden Thiere eine ſo wichtige Rolle überneh-
men, noch mehr hervortreten zu machen, 1 Aequivalent Kohlen-
ſtoff mit C (= 75,8 Kohlenſtoff) und 1 Aequivalent Waſſer
mit aqua (= 112,4) bezeichnen, ſo erhalten wir für die Zu-
ſammenſetzung der genannten Subſtanzen folgende Ausdrücke:


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[74/0098] Der chemiſche Proceß der lenſäure zu zerfallen, wenn er mit einer gährenden Materie (dem faulenden Käſe in der Milch) bei Gegenwart von Waſſer einer höheren Temperatur ausgeſetzt wird. In dieſem Fall ver- wandelt er ſich zuerſt in Traubenzucker; die nämliche Verwandlung erfährt der Milchzucker, wenn er mit Säuren, mit Schwefelſäure z. B., bei gewöhnlicher Temperatur in Berührung gelaſſen wird. Das Gummi hat eine dem Rohrzucker gleiche procentiſche Zuſammenſetzung 14), es unterſcheidet ſich von den Zuckerarten und dem Amylon, inſofern ihm die Fähigkeit abgeht, durch den Proceß der Fäulniß in Weingeiſt und Kohlenſäure zu zer- fallen; gährenden Subſtanzen zugeſetzt, erleidet es keine merk- liche Veränderung, woraus man mit einiger Wahrſcheinlichkeit ſchließen kann, daß ſeine Elemente in der Ordnung, in wel- cher ſie vereinigt ſind, mit einer ſtärkeren Kraft zuſammenge- halten ſind, wie die Elemente der verſchiedenen Zuckerarten. Einen gewiſſen Zuſammenhang zeigt das Gummi übrigens mit dem Milchzucker, beide geben nämlich bei Behandlung mit Salpeterſäure einerlei Oxydationsproducte, nämlich Schleimſäure, die ſich unter denſelben Bedingungen aus den Zuckerarten nicht darſtellen läßt. Wenn wir, um die Aehnlichkeit in der Zuſammenſetzung dieſer verſchiedenen Materien, welche in dem Ernährungsproceß der pflanzenfreſſenden Thiere eine ſo wichtige Rolle überneh- men, noch mehr hervortreten zu machen, 1 Aequivalent Kohlen- ſtoff mit C (= 75,8 Kohlenſtoff) und 1 Aequivalent Waſſer mit aqua (= 112,4) bezeichnen, ſo erhalten wir für die Zu- ſammenſetzung der genannten Subſtanzen folgende Ausdrücke:

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Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842/98>, abgerufen am 30.04.2024.