Liebknecht, Wilhelm: Zur orientalischen Frage oder Soll Europa kosakisch werden? 2. Aufl. Leipzig, 1878.obgleich sie mit Byzanz auf schlechtem Fuß standen, auf Mittel und "Jn dem gegenwärtigen Augenblicke weilt dieser Mensch (Philippos) Nach dieser klassischen Reminiscenz prüst das Organ Gambetta's "Die einzige Lösung der Frage, die uns mit dem europäischen obgleich ſie mit Byzanz auf ſchlechtem Fuß ſtanden, auf Mittel und „Jn dem gegenwärtigen Augenblicke weilt dieſer Menſch (Philippos) Nach dieſer klaſſiſchen Reminiscenz prüſt das Organ Gambetta’s „Die einzige Löſung der Frage, die uns mit dem europäiſchen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0045" n="41"/> obgleich ſie mit Byzanz auf ſchlechtem Fuß ſtanden, auf Mittel und<lb/> Wege ſinnen, wie man den macedoniſchen Eroberer hindern könnte, ſich<lb/> zum Herrn der Zugänge des Pontus Euxinus (Schwarzen Meeres) zu<lb/> machen. Bei dieſer Gelegenheit ſagte Demoſthenes:</p><lb/> <p>„Jn dem gegenwärtigen Augenblicke weilt dieſer Menſch (Philippos)<lb/> an der Spitze großer Streitkräfte in Thracien (heute Rumänien) und wie<lb/> es heißt, zieht er aus dem Jnnern ſeiner Staaten noch neue Truppen<lb/> herbei. Wenn er alſo die günſtige Jahreszeit abwartet und dann auf<lb/> Byzanz marſchirt, um es zu belagern, glaubt Jhr etwa, daß die By-<lb/> zantiner in der ſtumpfen Gleichgiltigkeit, in der ſie heut befangen ſind,<lb/> verharren und uns nicht vielmehr zu Hilfe rufen werden? Nein, ich<lb/> glaube es nicht, und wenn es ſelbſt Leute geben ſollte, denen ſie noch<lb/> weniger trauten, als uns, ſo würden ſie lieber die Stadt dieſen Leuten<lb/> ausliefern, als den Philippos in dieſelbe eindringen laſſen, es ſei denn,<lb/> daß er ſich ihrer mit Gewalt bemächtige. Darum müſſen wir ihnen<lb/> alſo von Athen eine Flotte ſchicken; denn ſie ſind ihrer Vertheidigungs-<lb/> mittel baar und wenn wir ihnen nicht zu Hilfe kommen, wird nichts<lb/> ihre vollſtändige Vernichtung verhindern. Aber, wird vielleicht Jemand<lb/> ſagen, dieſe Leute ſind beſeſſen und ihre Tollheit überſteigt alle Grenzen.<lb/><hi rendition="#g">Zugegeben, aber gleichwohl müſſen wir ſie retten,<lb/> denn dies iſt für unſere Stadt von Wichtigkeit.</hi>‟</p><lb/> <p>Nach dieſer klaſſiſchen Reminiscenz prüſt das Organ Gambetta’s<lb/> die verſchiedenen in dieſem Jahrhundert verſuchten Löſungen der Dar-<lb/> danellenfrage: 1) nach dem Vertrage von Unkiar-Skeleſſi (8. Juli 1833)<lb/><hi rendition="#g">Schließung</hi> der Meerenge <hi rendition="#g">für alle anderen Mächte zu Gun-<lb/> ſten Rußlands,</hi> welches <hi rendition="#g">allein</hi> das Recht der Durchfahrt hat;<lb/> 2) nach der Convention vom 13. Juli 1841 <hi rendition="#g">Schließung</hi> der Meer-<lb/> enge <hi rendition="#g">für alle Mächte ohne Ausnahme,</hi> 3) wie es jetzt von<lb/> Rußland gefordert zu werden ſcheint, <hi rendition="#g">freier Verkehr</hi> durch die<lb/> Dardanellen <hi rendition="#g">für Jedermann.</hi> Die <hi rendition="#aq">„Republique Française‟</hi> beſinnt<lb/> ſich nicht lange, welche der drei Löſungen für die beſte zu halten. Sie<lb/> ſchreibt beſtimmt:</p><lb/> <p>„Die einzige Löſung der Frage, die uns mit dem europäiſchen<lb/> Frieden und mit der Sicherheit der Mittelmeer-Mächte vereinbar ſcheint,<lb/> iſt die der Convention vom 13. Juli 1841, die <hi rendition="#g">abſolute Schließung<lb/> der Dardanellen.</hi> Wie ſlavenfreundlich Herr Gladſtone auch ge-<lb/> ſinnt ſein mag, ſo können wir doch nicht glauben, daß er dieſer Löſung,<lb/> ſei es die gänzlich freie Durchfahrt oder die geheime Klauſel von Un-<lb/> kiar-Skeleſſi vorziehen ſollte. Man darf es ſich nicht verhehlen: die<lb/> Dardanellen für Rußland geöffnet oder Konſtantinopel in den Händen<lb/> des Zaren, das kommt ſo ziemlich auf daſſelbe hinaus. Die Aufhebung<lb/> des Dardanellenvertrags bedeutet, daß die Türkei fortan der Vaſall<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [41/0045]
obgleich ſie mit Byzanz auf ſchlechtem Fuß ſtanden, auf Mittel und
Wege ſinnen, wie man den macedoniſchen Eroberer hindern könnte, ſich
zum Herrn der Zugänge des Pontus Euxinus (Schwarzen Meeres) zu
machen. Bei dieſer Gelegenheit ſagte Demoſthenes:
„Jn dem gegenwärtigen Augenblicke weilt dieſer Menſch (Philippos)
an der Spitze großer Streitkräfte in Thracien (heute Rumänien) und wie
es heißt, zieht er aus dem Jnnern ſeiner Staaten noch neue Truppen
herbei. Wenn er alſo die günſtige Jahreszeit abwartet und dann auf
Byzanz marſchirt, um es zu belagern, glaubt Jhr etwa, daß die By-
zantiner in der ſtumpfen Gleichgiltigkeit, in der ſie heut befangen ſind,
verharren und uns nicht vielmehr zu Hilfe rufen werden? Nein, ich
glaube es nicht, und wenn es ſelbſt Leute geben ſollte, denen ſie noch
weniger trauten, als uns, ſo würden ſie lieber die Stadt dieſen Leuten
ausliefern, als den Philippos in dieſelbe eindringen laſſen, es ſei denn,
daß er ſich ihrer mit Gewalt bemächtige. Darum müſſen wir ihnen
alſo von Athen eine Flotte ſchicken; denn ſie ſind ihrer Vertheidigungs-
mittel baar und wenn wir ihnen nicht zu Hilfe kommen, wird nichts
ihre vollſtändige Vernichtung verhindern. Aber, wird vielleicht Jemand
ſagen, dieſe Leute ſind beſeſſen und ihre Tollheit überſteigt alle Grenzen.
Zugegeben, aber gleichwohl müſſen wir ſie retten,
denn dies iſt für unſere Stadt von Wichtigkeit.‟
Nach dieſer klaſſiſchen Reminiscenz prüſt das Organ Gambetta’s
die verſchiedenen in dieſem Jahrhundert verſuchten Löſungen der Dar-
danellenfrage: 1) nach dem Vertrage von Unkiar-Skeleſſi (8. Juli 1833)
Schließung der Meerenge für alle anderen Mächte zu Gun-
ſten Rußlands, welches allein das Recht der Durchfahrt hat;
2) nach der Convention vom 13. Juli 1841 Schließung der Meer-
enge für alle Mächte ohne Ausnahme, 3) wie es jetzt von
Rußland gefordert zu werden ſcheint, freier Verkehr durch die
Dardanellen für Jedermann. Die „Republique Française‟ beſinnt
ſich nicht lange, welche der drei Löſungen für die beſte zu halten. Sie
ſchreibt beſtimmt:
„Die einzige Löſung der Frage, die uns mit dem europäiſchen
Frieden und mit der Sicherheit der Mittelmeer-Mächte vereinbar ſcheint,
iſt die der Convention vom 13. Juli 1841, die abſolute Schließung
der Dardanellen. Wie ſlavenfreundlich Herr Gladſtone auch ge-
ſinnt ſein mag, ſo können wir doch nicht glauben, daß er dieſer Löſung,
ſei es die gänzlich freie Durchfahrt oder die geheime Klauſel von Un-
kiar-Skeleſſi vorziehen ſollte. Man darf es ſich nicht verhehlen: die
Dardanellen für Rußland geöffnet oder Konſtantinopel in den Händen
des Zaren, das kommt ſo ziemlich auf daſſelbe hinaus. Die Aufhebung
des Dardanellenvertrags bedeutet, daß die Türkei fortan der Vaſall
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