Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lilienthal, Otto: Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst. Ein Beitrag zur Systematik der Flugtechnik. Berlin, 1889.

Bild:
<< vorherige Seite

O D x sin 29°, mithin: [Formel 1] x sin 29° = 0,72 von der Geschwin-
digkeit, mit welcher die Fläche bei normaler Bewegung den
Luftwiderstand G erzeugte.

Die in diesem Falle zu leistende Arbeit ist demnach 0,72 A
und es wäre hier durch Vorwärtsfliegen etwa 1/4 der Arbeit
gespart gegenüber dem Fliegen auf der Stelle. Die Flug-
geschwindigkeit würde dann ungefähr doppelt so gross sein
als die Abwärtsgeschwindigkeit der Flügel, weil E D
ungefähr doppelt so gross als O E ist.

Von dem hierbei resultierenden Nutzen geht aber wiederum
noch ein Teil dadurch verloren, dass der Widerstand des Vogel-
körpers nach der Bewegungsrichtung mit überwunden werden
muss.

Der hier herausgegriffene Fall ist aber der günstigste,
welcher entstehen kann; denn wenn die Flügel unter anderen
Neigungen bewegt werden, also langsamer oder schneller ge-
flogen wird, so ergiebt sich ein noch weniger günstiges Re-
sultat für die aufzuwendende Arbeit. Die Verhältnisse zu der
Arbeit A sind auf Tafel I in Fig. 2 bei einigen Winkeln an-
gegeben. Der Minimalwert bei 23° ist unterstrichen.

Man sieht, dass das Vorwärtsfliegen mit ebenen Flächen
kaum einen nennenswerten Vorteil zur Kraftersparnis gewährt;
denn wenn vorher 1,5 HP zum Fliegen für den Menschen
nötig war, bleibt jetzt immer noch über 1 HP übrig als das
Äusserste, was sich theoretisch erreichen lässt.

Hieraus geht aber auch gleichzeitig hervor, dass dem
Fliegen mit ebenen Flügeln dieser grosse Nachteil deshalb
anhaftet, weil der Luftwiderstand bei schräger Bewegung
nicht senkrecht zur Fläche steht, und dass deshalb keine
Möglichkeit denkbar ist, dass bei ebenen Flächen, sei die Be-
wegung wie sie wolle, jemals eine grössere Arbeitsersparnis
nachgewiesen werden könnte.

Wenn dessenungeachtet vielfach unternommen wird, durch
eigentümliche Bewegungen mit ebenen Flügeln, wofür es in

O D × sin 29°, mithin: [Formel 1] × sin 29° = 0,72 von der Geschwin-
digkeit, mit welcher die Fläche bei normaler Bewegung den
Luftwiderstand G erzeugte.

Die in diesem Falle zu leistende Arbeit ist demnach 0,72 A
und es wäre hier durch Vorwärtsfliegen etwa ¼ der Arbeit
gespart gegenüber dem Fliegen auf der Stelle. Die Flug-
geschwindigkeit würde dann ungefähr doppelt so groſs sein
als die Abwärtsgeschwindigkeit der Flügel, weil E D
ungefähr doppelt so groſs als O E ist.

Von dem hierbei resultierenden Nutzen geht aber wiederum
noch ein Teil dadurch verloren, daſs der Widerstand des Vogel-
körpers nach der Bewegungsrichtung mit überwunden werden
muſs.

Der hier herausgegriffene Fall ist aber der günstigste,
welcher entstehen kann; denn wenn die Flügel unter anderen
Neigungen bewegt werden, also langsamer oder schneller ge-
flogen wird, so ergiebt sich ein noch weniger günstiges Re-
sultat für die aufzuwendende Arbeit. Die Verhältnisse zu der
Arbeit A sind auf Tafel I in Fig. 2 bei einigen Winkeln an-
gegeben. Der Minimalwert bei 23° ist unterstrichen.

Man sieht, daſs das Vorwärtsfliegen mit ebenen Flächen
kaum einen nennenswerten Vorteil zur Kraftersparnis gewährt;
denn wenn vorher 1,5 HP zum Fliegen für den Menschen
nötig war, bleibt jetzt immer noch über 1 HP übrig als das
Äuſserste, was sich theoretisch erreichen läſst.

Hieraus geht aber auch gleichzeitig hervor, daſs dem
Fliegen mit ebenen Flügeln dieser groſse Nachteil deshalb
anhaftet, weil der Luftwiderstand bei schräger Bewegung
nicht senkrecht zur Fläche steht, und daſs deshalb keine
Möglichkeit denkbar ist, daſs bei ebenen Flächen, sei die Be-
wegung wie sie wolle, jemals eine gröſsere Arbeitsersparnis
nachgewiesen werden könnte.

Wenn dessenungeachtet vielfach unternommen wird, durch
eigentümliche Bewegungen mit ebenen Flügeln, wofür es in

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0085" n="69"/><hi rendition="#i">O D</hi> × sin 29°, mithin: <formula/> × sin 29° = 0,<hi rendition="#sub">72</hi> von der Geschwin-<lb/>
digkeit, mit welcher die Fläche bei normaler Bewegung den<lb/>
Luftwiderstand <hi rendition="#i">G</hi> erzeugte.</p><lb/>
        <p>Die in diesem Falle zu leistende Arbeit ist demnach 0,<hi rendition="#sub">72</hi> <hi rendition="#i">A</hi><lb/>
und es wäre hier durch Vorwärtsfliegen etwa ¼ der Arbeit<lb/>
gespart gegenüber dem Fliegen auf der Stelle. Die Flug-<lb/>
geschwindigkeit würde dann ungefähr doppelt so gro&#x017F;s sein<lb/>
als die Abwärtsgeschwindigkeit der Flügel, weil <hi rendition="#i">E D</hi><lb/>
ungefähr doppelt so gro&#x017F;s als <hi rendition="#i">O E</hi> ist.</p><lb/>
        <p>Von dem hierbei resultierenden Nutzen geht aber wiederum<lb/>
noch ein Teil dadurch verloren, da&#x017F;s der Widerstand des Vogel-<lb/>
körpers nach der Bewegungsrichtung mit überwunden werden<lb/>
mu&#x017F;s.</p><lb/>
        <p>Der hier herausgegriffene Fall ist aber der günstigste,<lb/>
welcher entstehen kann; denn wenn die Flügel unter anderen<lb/>
Neigungen bewegt werden, also langsamer oder schneller ge-<lb/>
flogen wird, so ergiebt sich ein noch weniger günstiges Re-<lb/>
sultat für die aufzuwendende Arbeit. Die Verhältnisse zu der<lb/>
Arbeit <hi rendition="#i">A</hi> sind auf Tafel I in Fig. 2 bei einigen Winkeln an-<lb/>
gegeben. Der Minimalwert bei 23° ist unterstrichen.</p><lb/>
        <p>Man sieht, da&#x017F;s das Vorwärtsfliegen mit ebenen Flächen<lb/>
kaum einen nennenswerten Vorteil zur Kraftersparnis gewährt;<lb/>
denn wenn vorher 1,<hi rendition="#sub">5</hi> HP zum Fliegen für den Menschen<lb/>
nötig war, bleibt jetzt immer noch über 1 HP übrig als das<lb/>
Äu&#x017F;serste, was sich theoretisch erreichen lä&#x017F;st.</p><lb/>
        <p>Hieraus geht aber auch gleichzeitig hervor, da&#x017F;s dem<lb/>
Fliegen mit ebenen Flügeln dieser gro&#x017F;se Nachteil deshalb<lb/>
anhaftet, weil der Luftwiderstand bei schräger Bewegung<lb/>
nicht senkrecht zur Fläche steht, und da&#x017F;s deshalb keine<lb/>
Möglichkeit denkbar ist, da&#x017F;s bei ebenen Flächen, sei die Be-<lb/>
wegung wie sie wolle, jemals eine grö&#x017F;sere Arbeitsersparnis<lb/>
nachgewiesen werden könnte.</p><lb/>
        <p>Wenn dessenungeachtet vielfach unternommen wird, durch<lb/>
eigentümliche Bewegungen mit ebenen Flügeln, wofür es in<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[69/0085] O D × sin 29°, mithin: [FORMEL] × sin 29° = 0,72 von der Geschwin- digkeit, mit welcher die Fläche bei normaler Bewegung den Luftwiderstand G erzeugte. Die in diesem Falle zu leistende Arbeit ist demnach 0,72 A und es wäre hier durch Vorwärtsfliegen etwa ¼ der Arbeit gespart gegenüber dem Fliegen auf der Stelle. Die Flug- geschwindigkeit würde dann ungefähr doppelt so groſs sein als die Abwärtsgeschwindigkeit der Flügel, weil E D ungefähr doppelt so groſs als O E ist. Von dem hierbei resultierenden Nutzen geht aber wiederum noch ein Teil dadurch verloren, daſs der Widerstand des Vogel- körpers nach der Bewegungsrichtung mit überwunden werden muſs. Der hier herausgegriffene Fall ist aber der günstigste, welcher entstehen kann; denn wenn die Flügel unter anderen Neigungen bewegt werden, also langsamer oder schneller ge- flogen wird, so ergiebt sich ein noch weniger günstiges Re- sultat für die aufzuwendende Arbeit. Die Verhältnisse zu der Arbeit A sind auf Tafel I in Fig. 2 bei einigen Winkeln an- gegeben. Der Minimalwert bei 23° ist unterstrichen. Man sieht, daſs das Vorwärtsfliegen mit ebenen Flächen kaum einen nennenswerten Vorteil zur Kraftersparnis gewährt; denn wenn vorher 1,5 HP zum Fliegen für den Menschen nötig war, bleibt jetzt immer noch über 1 HP übrig als das Äuſserste, was sich theoretisch erreichen läſst. Hieraus geht aber auch gleichzeitig hervor, daſs dem Fliegen mit ebenen Flügeln dieser groſse Nachteil deshalb anhaftet, weil der Luftwiderstand bei schräger Bewegung nicht senkrecht zur Fläche steht, und daſs deshalb keine Möglichkeit denkbar ist, daſs bei ebenen Flächen, sei die Be- wegung wie sie wolle, jemals eine gröſsere Arbeitsersparnis nachgewiesen werden könnte. Wenn dessenungeachtet vielfach unternommen wird, durch eigentümliche Bewegungen mit ebenen Flügeln, wofür es in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lilienthal_vogelflug_1889
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lilienthal_vogelflug_1889/85
Zitationshilfe: Lilienthal, Otto: Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst. Ein Beitrag zur Systematik der Flugtechnik. Berlin, 1889, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lilienthal_vogelflug_1889/85>, abgerufen am 21.11.2024.