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Lilienthal, Otto: Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst. Ein Beitrag zur Systematik der Flugtechnik. Berlin, 1889.

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der flugtechnischen Litteratur an Kunstausdrücken nicht fehlt,
grosse Vorteile beim Fliegen herauszurechnen und gar das
Segeln der Vögel darauf zurückzuführen, so kann dieses nur
auf Grund falscher Voraussetzungen geschehen oder auf im
Eifer entstandene Trugschlüsse hinauslaufen, die in den flug-
technischen Werken leider allzuhäufig anzutreffen sind. Man
möchte annehmen, es sei in der Flugtechnik zu viel gerechnet
und zu wenig versucht, und dass dadurch eine Litteratur
geschaffen sei, wie sie entstehen muss, wenn in einer empi-
rischen Wissenschaft nicht oft genug durch die Wirklichkeit
des Experimentes der reinen Denkthätigkeit neuer Stoff und
die richtige Nahrung zugeführt wird.


21. Überlegenheit der natürlichen Flügel gegen ebene
Flügelflächen.

Wenn nun die Aussichten hoffnungslos sind, mit ebenen
Flächen jemals auf eine Flugmethode zu kommen, welche mit
grosser Arbeitsersparnis vor sich gehen kann, und daher
durch den Menschen zur Ausführung gelangen könnte, so
bleibt eben nur übrig, zu versuchen, ob denn das Heil in der
Anwendung nicht ebener Flügel sich finden lässt.

Die Natur beweist uns täglich von neuem, dass das Fliegen
gar nicht so schwierig ist, und wenn wir fast verzagt die
Idee des Fliegens aufgeben wollen, weil immer wieder eine
unerschwingliche Kraftleistung beim Fliegen sich heraus-
rechnet, so erinnert jeder mit langsamem, deutlich erkenn-
barem Flügelschlag dahinfliegende grössere Vogel, jeder
kreisende Raubvogel, ja, jede dahinsegelnde Schwalbe uns
wieder daran: "Die Rechnung kann noch nicht stimmen, der
Vogel leistet entschieden nicht diese ungeheuerliche Arbeits-
kraft; es muss irgendwo noch ein Geheimnis verborgen sein,
was das Fliegerätsel mit einem Schlage löst."

der flugtechnischen Litteratur an Kunstausdrücken nicht fehlt,
groſse Vorteile beim Fliegen herauszurechnen und gar das
Segeln der Vögel darauf zurückzuführen, so kann dieses nur
auf Grund falscher Voraussetzungen geschehen oder auf im
Eifer entstandene Trugschlüsse hinauslaufen, die in den flug-
technischen Werken leider allzuhäufig anzutreffen sind. Man
möchte annehmen, es sei in der Flugtechnik zu viel gerechnet
und zu wenig versucht, und daſs dadurch eine Litteratur
geschaffen sei, wie sie entstehen muſs, wenn in einer empi-
rischen Wissenschaft nicht oft genug durch die Wirklichkeit
des Experimentes der reinen Denkthätigkeit neuer Stoff und
die richtige Nahrung zugeführt wird.


21. Überlegenheit der natürlichen Flügel gegen ebene
Flügelflächen.

Wenn nun die Aussichten hoffnungslos sind, mit ebenen
Flächen jemals auf eine Flugmethode zu kommen, welche mit
groſser Arbeitsersparnis vor sich gehen kann, und daher
durch den Menschen zur Ausführung gelangen könnte, so
bleibt eben nur übrig, zu versuchen, ob denn das Heil in der
Anwendung nicht ebener Flügel sich finden läſst.

Die Natur beweist uns täglich von neuem, daſs das Fliegen
gar nicht so schwierig ist, und wenn wir fast verzagt die
Idee des Fliegens aufgeben wollen, weil immer wieder eine
unerschwingliche Kraftleistung beim Fliegen sich heraus-
rechnet, so erinnert jeder mit langsamem, deutlich erkenn-
barem Flügelschlag dahinfliegende gröſsere Vogel, jeder
kreisende Raubvogel, ja, jede dahinsegelnde Schwalbe uns
wieder daran: „Die Rechnung kann noch nicht stimmen, der
Vogel leistet entschieden nicht diese ungeheuerliche Arbeits-
kraft; es muſs irgendwo noch ein Geheimnis verborgen sein,
was das Fliegerätsel mit einem Schlage löst.“

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[70/0086] der flugtechnischen Litteratur an Kunstausdrücken nicht fehlt, groſse Vorteile beim Fliegen herauszurechnen und gar das Segeln der Vögel darauf zurückzuführen, so kann dieses nur auf Grund falscher Voraussetzungen geschehen oder auf im Eifer entstandene Trugschlüsse hinauslaufen, die in den flug- technischen Werken leider allzuhäufig anzutreffen sind. Man möchte annehmen, es sei in der Flugtechnik zu viel gerechnet und zu wenig versucht, und daſs dadurch eine Litteratur geschaffen sei, wie sie entstehen muſs, wenn in einer empi- rischen Wissenschaft nicht oft genug durch die Wirklichkeit des Experimentes der reinen Denkthätigkeit neuer Stoff und die richtige Nahrung zugeführt wird. 21. Überlegenheit der natürlichen Flügel gegen ebene Flügelflächen. Wenn nun die Aussichten hoffnungslos sind, mit ebenen Flächen jemals auf eine Flugmethode zu kommen, welche mit groſser Arbeitsersparnis vor sich gehen kann, und daher durch den Menschen zur Ausführung gelangen könnte, so bleibt eben nur übrig, zu versuchen, ob denn das Heil in der Anwendung nicht ebener Flügel sich finden läſst. Die Natur beweist uns täglich von neuem, daſs das Fliegen gar nicht so schwierig ist, und wenn wir fast verzagt die Idee des Fliegens aufgeben wollen, weil immer wieder eine unerschwingliche Kraftleistung beim Fliegen sich heraus- rechnet, so erinnert jeder mit langsamem, deutlich erkenn- barem Flügelschlag dahinfliegende gröſsere Vogel, jeder kreisende Raubvogel, ja, jede dahinsegelnde Schwalbe uns wieder daran: „Die Rechnung kann noch nicht stimmen, der Vogel leistet entschieden nicht diese ungeheuerliche Arbeits- kraft; es muſs irgendwo noch ein Geheimnis verborgen sein, was das Fliegerätsel mit einem Schlage löst.“

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Zitationshilfe: Lilienthal, Otto: Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst. Ein Beitrag zur Systematik der Flugtechnik. Berlin, 1889, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lilienthal_vogelflug_1889/86>, abgerufen am 21.11.2024.