Jch scheue mich nicht, Meine Herren, dieses in Jhrer aller Namen zu versprechen. Sie werden mich nicht zum Lügner werden lassen. Dero huld- reicher Anblick versichert mich, daß ich nichts gesagt habe, das Sie nicht genehm halten, und, wo es mir er- laubt ist, von unserer gantzen Gesellschaft nach denen- jenigen Regungen zur urtheilen, die ich selbst empfin- de, so weiß ich gewiß, daß dieselbe über die Erhebung des Herrn Philippi zur Profession der deutschen Be- redsamkeit eine Freude empfindet, die allen Verdruß weit überwieget, den die fruchtbare Schaar ihrer Wi- dersacher derselben verursachet. Sie vergisset darüber alle ihres Leides, und wo etwas ist, das ihr Vergnügen mangelhaft machet, so ist es der schwache Gesundheits-Zustand des Herrn Prof. Philippi
Jch sehe mit Bestürtzung, Meine Herren, daß der Herr Prof. Philippi den Ohnmachten so sehr unterworfen ist. Die eine verursachte ihm der blosse Anblick eines königlichen Bildnisses, und die andere wandelte ihm in der Gedächtniß-Rede auf die Kö- nigin in Pohlen an. Es ist gewiß, Meine Herren, daß, wenn ihm nicht das erste mahl seine damahls gegenwärtige leibliche Frau Mutter, nebst dem redlichen Hrn. Commissions-Rath und Crayß- Amtmann Fleuter aufgerichtet54), und das an- dere mahl die geschäftige Mitleidenheit einiger annehm- lichsten Kinder, durch einen kräftigen Balsam wie-
der
54) S. die sechs deutschen Reden p. 40.
(o)
Jch ſcheue mich nicht, Meine Herren, dieſes in Jhrer aller Namen zu verſprechen. Sie werden mich nicht zum Luͤgner werden laſſen. Dero huld- reicher Anblick verſichert mich, daß ich nichts geſagt habe, das Sie nicht genehm halten, und, wo es mir er- laubt iſt, von unſerer gantzen Geſellſchaft nach denen- jenigen Regungen zur urtheilen, die ich ſelbſt empfin- de, ſo weiß ich gewiß, daß dieſelbe uͤber die Erhebung des Herrn Philippi zur Profeſſion der deutſchen Be- redſamkeit eine Freude empfindet, die allen Verdruß weit uͤberwieget, den die fruchtbare Schaar ihrer Wi- derſacher derſelben verurſachet. Sie vergiſſet daruͤber alle ihres Leides, und wo etwas iſt, das ihr Vergnuͤgen mangelhaft machet, ſo iſt es der ſchwache Geſundheits-Zuſtand des Herrn Prof. Philippi
Jch ſehe mit Beſtuͤrtzung, Meine Herren, daß der Herr Prof. Philippi den Ohnmachten ſo ſehr unterworfen iſt. Die eine verurſachte ihm der bloſſe Anblick eines koͤniglichen Bildniſſes, und die andere wandelte ihm in der Gedaͤchtniß-Rede auf die Koͤ- nigin in Pohlen an. Es iſt gewiß, Meine Herren, daß, wenn ihm nicht das erſte mahl ſeine damahls gegenwaͤrtige leibliche Frau Mutter, nebſt dem redlichen Hrn. Commiſſions-Rath und Crayß- Amtmann Fleuter aufgerichtet54), und das an- deꝛe mahl die geſchaͤftige Mitleidenheit einiger añehm- lichſten Kinder, durch einen kraͤftigen Balſam wie-
der
54) S. die ſechs deutſchen Reden p. 40.
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(o)
Jch ſcheue mich nicht, Meine Herren, dieſes in
Jhrer aller Namen zu verſprechen. Sie werden
mich nicht zum Luͤgner werden laſſen. Dero huld-
reicher Anblick verſichert mich, daß ich nichts geſagt
habe, das Sie nicht genehm halten, und, wo es mir er-
laubt iſt, von unſerer gantzen Geſellſchaft nach denen-
jenigen Regungen zur urtheilen, die ich ſelbſt empfin-
de, ſo weiß ich gewiß, daß dieſelbe uͤber die Erhebung
des Herrn Philippi zur Profeſſion der deutſchen Be-
redſamkeit eine Freude empfindet, die allen Verdruß
weit uͤberwieget, den die fruchtbare Schaar ihrer Wi-
derſacher derſelben verurſachet. Sie vergiſſet
daruͤber alle ihres Leides, und wo etwas iſt, das
ihr Vergnuͤgen mangelhaft machet, ſo iſt es der
ſchwache Geſundheits-Zuſtand des Herrn Prof.
Philippi
Jch ſehe mit Beſtuͤrtzung, Meine Herren, daß
der Herr Prof. Philippi den Ohnmachten ſo ſehr
unterworfen iſt. Die eine verurſachte ihm der bloſſe
Anblick eines koͤniglichen Bildniſſes, und die andere
wandelte ihm in der Gedaͤchtniß-Rede auf die Koͤ-
nigin in Pohlen an. Es iſt gewiß, Meine Herren,
daß, wenn ihm nicht das erſte mahl ſeine damahls
gegenwaͤrtige leibliche Frau Mutter, nebſt dem
redlichen Hrn. Commiſſions-Rath und Crayß-
Amtmann Fleuter aufgerichtet 54), und das an-
deꝛe mahl die geſchaͤftige Mitleidenheit einiger añehm-
lichſten Kinder, durch einen kraͤftigen Balſam wie-
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54) S. die ſechs deutſchen Reden p. 40.
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/286>, abgerufen am 29.11.2024.
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