der zu recht gebracht hätte55), so würden die unter- irrdigen Grotten durch die Ankunft eines grossen Red- ners und Poeten beglückseeliget seyn, mit welchem jetzo das Reich der Lebendigen noch pranget. Aber, Meine Herren, da es nicht zu glauben, daß ein Mann, der zu so grossen Dingen gebohren ist, so bald den Weg alles Fleisches gehen werde, so hoffe ich, daß die Vor- stellung seiner Sterblichkeit nicht fähig seyn wird, unsere gegenwärtige Zufriedenheit zu stöhren, und uns zu verhindern, einander auf die Gesundheit des Herrn Prof. Philippi in gebührender Maasse, und ehrerbietigster Bescheidenheit eines zuzu- bringen56). Sie kan uns vielmehr antreiben un- sere Wünsche vor das lange Leben eines so unent- behrlichen Mannes zu verdoppeln.
Lebe demnach, Theurer Philippi, und vollen- de das grosse Werck, das du angefangen hast. Zerstöh- re das Reich der falschen Beredsamkeit; und erweite- re, nach der Gelegenheit, die dir dein Amt giebt, die Gräntzen unserer Gesellschaft, die dich als ihren Aug-Apfel hoch hält. Laß die Spötter immerhin schwatzen, man habe dich zu einem ausserordentli- chen Bekenner der deutschen Beredsamkeit erkoh- ren, um durch dein Lehr-reiches Beyspiel die Jugend auf eben die Art beredt zu machen, als die alten La- cedämonier ihre Kinder durch das Exempel truncke- ner Knechte zur Mässigkeit anführten. Diejenigen,
welche
55) S. die sechs deutschen Reden p. 25.
56)ibid. p. 75.
N 2
(o)
der zu recht gebracht haͤtte55), ſo wuͤrden die unter- irrdigen Grotten durch die Ankunft eines groſſen Red- ners und Poeten begluͤckſeeliget ſeyn, mit welchem jetzo das Reich der Lebendigen noch pranget. Aber, Meine Herren, da es nicht zu glauben, daß ein Mann, der zu ſo groſſen Dingen gebohren iſt, ſo bald den Weg alles Fleiſches gehen werde, ſo hoffe ich, daß die Vor- ſtellung ſeiner Sterblichkeit nicht faͤhig ſeyn wird, unſere gegenwaͤrtige Zufriedenheit zu ſtoͤhren, und uns zu verhindern, einander auf die Geſundheit des Herrn Prof. Philippi in gebuͤhrender Maaſſe, und ehrerbietigſter Beſcheidenheit eines zuzu- bringen56). Sie kan uns vielmehr antreiben un- ſere Wuͤnſche vor das lange Leben eines ſo unent- behrlichen Mannes zu verdoppeln.
Lebe demnach, Theurer Philippi, und vollen- de das groſſe Werck, das du angefangen haſt. Zerſtoͤh- re das Reich der falſchen Beredſamkeit; und erweite- re, nach der Gelegenheit, die dir dein Amt giebt, die Graͤntzen unſerer Geſellſchaft, die dich als ihren Aug-Apfel hoch haͤlt. Laß die Spoͤtter immerhin ſchwatzen, man habe dich zu einem auſſerordentli- chen Bekenner der deutſchen Beredſamkeit erkoh- ren, um durch dein Lehr-reiches Beyſpiel die Jugend auf eben die Art beredt zu machen, als die alten La- cedaͤmonier ihre Kinder durch das Exempel truncke- ner Knechte zur Maͤſſigkeit anfuͤhrten. Diejenigen,
welche
55) S. die ſechs deutſchen Reden p. 25.
56)ibid. p. 75.
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der zu recht gebracht haͤtte 55), ſo wuͤrden die unter-
irrdigen Grotten durch die Ankunft eines groſſen Red-
ners und Poeten begluͤckſeeliget ſeyn, mit welchem
jetzo das Reich der Lebendigen noch pranget. Aber,
Meine Herren, da es nicht zu glauben, daß ein Mann,
der zu ſo groſſen Dingen gebohren iſt, ſo bald den Weg
alles Fleiſches gehen werde, ſo hoffe ich, daß die Vor-
ſtellung ſeiner Sterblichkeit nicht faͤhig ſeyn wird,
unſere gegenwaͤrtige Zufriedenheit zu ſtoͤhren, und
uns zu verhindern, einander auf die Geſundheit des
Herrn Prof. Philippi in gebuͤhrender Maaſſe,
und ehrerbietigſter Beſcheidenheit eines zuzu-
bringen 56). Sie kan uns vielmehr antreiben un-
ſere Wuͤnſche vor das lange Leben eines ſo unent-
behrlichen Mannes zu verdoppeln.
Lebe demnach, Theurer Philippi, und vollen-
de das groſſe Werck, das du angefangen haſt. Zerſtoͤh-
re das Reich der falſchen Beredſamkeit; und erweite-
re, nach der Gelegenheit, die dir dein Amt giebt, die
Graͤntzen unſerer Geſellſchaft, die dich als ihren
Aug-Apfel hoch haͤlt. Laß die Spoͤtter immerhin
ſchwatzen, man habe dich zu einem auſſerordentli-
chen Bekenner der deutſchen Beredſamkeit erkoh-
ren, um durch dein Lehr-reiches Beyſpiel die Jugend
auf eben die Art beredt zu machen, als die alten La-
cedaͤmonier ihre Kinder durch das Exempel truncke-
ner Knechte zur Maͤſſigkeit anfuͤhrten. Diejenigen,
welche
55) S. die ſechs deutſchen Reden p. 25.
56) ibid. p. 75.
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/287>, abgerufen am 29.11.2024.
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