ohne Fehler? Und wo findet man einen Scri- benten ohne Jrrthümer? Die Urtheile von der Schreib-Art sind so unterschieden, als der Geschmack der Leser: Und über den Geschmack streitet man nicht. Es kömmt auch überdem mehr auf die Sachen, als auf die Worte an, und wenn die Sachen gut sind, so muß man es in Ansehung der Worte so genau nicht neh- men. Man kan auch Thorheiten in schöne Worte einhüllen, und eine unzierlich vorgetra- gene Wahrheit bleibt doch Wahrheit. Vie- le Scribenten dencken besser, als sie schreiben. Wer wolte sie aber um dieses Fehlers willen hart anfahren? Dieses verdient niemand, als solche Leute, die weder ordentlich dencken, noch ihre Gedancken geschickt, und angenehm vor- tragen können.
Fieri - - - potest, ut re- cte quis sentiat, & id, quod sentit, po- lite eloqui non possit. Sed mandare quen- quam litteris cogitationes suas, qui eas nec disponere, nec illustrare possit, nec delectatione aliqua allicere lectorem, ho- minis est intemperanter abutentis & otio & litteris. Cicero Tuscul. Quaest. Lib. I.
Und diese Art der Scribenten verdienet eine Züchtigung.
Welche kein Mit- leiden ver- dienen?
Mit Leuten, die ihre Ungeschicklichkeit so deutlich an den Tag legen, daß man augen- scheinlich sehen kan, wie sie nicht zum Schrei- ben gebohren, die dabey aber so hochmüthig sind, daß sie dencken wunder! was sie vor Tha- ten gethan, wenn sie das gelehrte Jsrael durch
eine
(o)
ohne Fehler? Und wo findet man einen Scri- benten ohne Jrrthuͤmer? Die Urtheile von der Schreib-Art ſind ſo unterſchieden, als der Geſchmack der Leſer: Und uͤber den Geſchmack ſtreitet man nicht. Es koͤmmt auch uͤberdem mehr auf die Sachen, als auf die Worte an, und wenn die Sachen gut ſind, ſo muß man es in Anſehung der Worte ſo genau nicht neh- men. Man kan auch Thorheiten in ſchoͤne Worte einhuͤllen, und eine unzierlich vorgetra- gene Wahrheit bleibt doch Wahrheit. Vie- le Scribenten dencken beſſer, als ſie ſchreiben. Wer wolte ſie aber um dieſes Fehlers willen hart anfahren? Dieſes verdient niemand, als ſolche Leute, die weder ordentlich dencken, noch ihre Gedancken geſchickt, und angenehm vor- tragen koͤnnen.
Fieri ‒ ‒ ‒ poteſt, ut re- ctè quis ſentiat, & id, quod ſentit, po- litè eloqui non poſſit. Sed mandare quen- quam litteris cogitationes ſuas, qui eas nec diſponere, nec illuſtrare poſſit, nec delectatione aliqua allicere lectorem, ho- minis eſt intemperanter abutentis & otio & litteris. Cicero Tuſcul. Quæſt. Lib. I.
Und dieſe Art der Scribenten verdienet eine Zuͤchtigung.
Welche kein Mit- leiden ver- dienen?
Mit Leuten, die ihre Ungeſchicklichkeit ſo deutlich an den Tag legen, daß man augen- ſcheinlich ſehen kan, wie ſie nicht zum Schrei- ben gebohren, die dabey aber ſo hochmuͤthig ſind, daß ſie dencken wunder! was ſie vor Tha- ten gethan, wenn ſie das gelehrte Jſrael durch
eine
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(o)
ohne Fehler? Und wo findet man einen Scri-
benten ohne Jrrthuͤmer? Die Urtheile von
der Schreib-Art ſind ſo unterſchieden, als der
Geſchmack der Leſer: Und uͤber den Geſchmack
ſtreitet man nicht. Es koͤmmt auch uͤberdem
mehr auf die Sachen, als auf die Worte an,
und wenn die Sachen gut ſind, ſo muß man
es in Anſehung der Worte ſo genau nicht neh-
men. Man kan auch Thorheiten in ſchoͤne
Worte einhuͤllen, und eine unzierlich vorgetra-
gene Wahrheit bleibt doch Wahrheit. Vie-
le Scribenten dencken beſſer, als ſie ſchreiben.
Wer wolte ſie aber um dieſes Fehlers willen
hart anfahren? Dieſes verdient niemand, als
ſolche Leute, die weder ordentlich dencken, noch
ihre Gedancken geſchickt, und angenehm vor-
tragen koͤnnen.
Fieri ‒ ‒ ‒ poteſt, ut re-
ctè quis ſentiat, & id, quod ſentit, po-
litè eloqui non poſſit. Sed mandare quen-
quam litteris cogitationes ſuas, qui eas
nec diſponere, nec illuſtrare poſſit, nec
delectatione aliqua allicere lectorem, ho-
minis eſt intemperanter abutentis & otio
& litteris. Cicero Tuſcul. Quæſt. Lib. I.
Und dieſe Art der Scribenten verdienet eine
Zuͤchtigung.
Mit Leuten, die ihre Ungeſchicklichkeit ſo
deutlich an den Tag legen, daß man augen-
ſcheinlich ſehen kan, wie ſie nicht zum Schrei-
ben gebohren, die dabey aber ſo hochmuͤthig
ſind, daß ſie dencken wunder! was ſie vor Tha-
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/362>, abgerufen am 01.11.2024.
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