So ward er frohen Muhts, Und kühlte den verschwiegnen Brand Durch einen Kuß auf Clarimenens Hand, "Auch drückte er mit allem Fleiß "Sein gantzes Hertz in selbige hinein, "Jch schwere aber drauf, "Daß Clarimene selbst es itzo noch nicht weiß. Die Ehrfurcht hielt ihn dabey ab, Den Zucker-Mund zum erstenmahl zu küssen, Ob gleich die Reihe rum es reine Küsse gab. Nein! dacht er, dieser Nectar-Saft Hat eine allzugrosse Kraft, Denn wer ihn einmahl kost, will ihn noch mehr ge- niessen. Jetzt meynte er nun sey es Zeit und Ort, Sie um ihr Hertze zu befragen, Allein das schlaue aufgeweckte Kind, Das an Lebhaftigkeit kaum seines gleichen findt, Fieng also an zu sagen:
Soll ich einst lieben oder freyn, Muß es was recht a partes seyn.
Die Rede schluge ihm fast alle Hofnung nieder, Es war als wie bey einem schwülen Tag Ein unversehner Donnerschlag. Doch Zedena, die sich so gar freygebig wieß, Und ihre Gäste nie in Grillen fallen ließ, Erweckte den Briontes wieder, Sie brachte die Gesundheit aus:
Freund!
(o)
So ward er frohen Muhts, Und kuͤhlte den verſchwiegnen Brand Durch einen Kuß auf Clarimenens Hand, „Auch druͤckte er mit allem Fleiß „Sein gantzes Hertz in ſelbige hinein, „Jch ſchwere aber drauf, „Daß Clarimene ſelbſt es itzo noch nicht weiß. Die Ehrfurcht hielt ihn dabey ab, Den Zucker-Mund zum erſtenmahl zu kuͤſſen, Ob gleich die Reihe rum es reine Kuͤſſe gab. Nein! dacht er, dieſer Nectar-Saft Hat eine allzugroſſe Kraft, Denn wer ihn einmahl koſt, will ihn noch mehr ge- nieſſen. Jetzt meynte er nun ſey es Zeit und Ort, Sie um ihr Hertze zu befragen, Allein das ſchlaue aufgeweckte Kind, Das an Lebhaftigkeit kaum ſeines gleichen findt, Fieng alſo an zu ſagen:
Soll ich einſt lieben oder freyn, Muß es was recht à partes ſeyn.
Die Rede ſchluge ihm faſt alle Hofnung nieder, Es war als wie bey einem ſchwuͤlen Tag Ein unverſehner Donnerſchlag. Doch Zedena, die ſich ſo gar freygebig wieß, Und ihre Gaͤſte nie in Grillen fallen ließ, Erweckte den Briontes wieder, Sie brachte die Geſundheit aus:
Freund!
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(o)
So ward er frohen Muhts,
Und kuͤhlte den verſchwiegnen Brand
Durch einen Kuß auf Clarimenens Hand,
„Auch druͤckte er mit allem Fleiß
„Sein gantzes Hertz in ſelbige hinein,
„Jch ſchwere aber drauf,
„Daß Clarimene ſelbſt es itzo noch nicht weiß.
Die Ehrfurcht hielt ihn dabey ab,
Den Zucker-Mund zum erſtenmahl zu kuͤſſen,
Ob gleich die Reihe rum es reine Kuͤſſe gab.
Nein! dacht er, dieſer Nectar-Saft
Hat eine allzugroſſe Kraft,
Denn wer ihn einmahl koſt, will ihn noch mehr ge-
nieſſen.
Jetzt meynte er nun ſey es Zeit und Ort,
Sie um ihr Hertze zu befragen,
Allein das ſchlaue aufgeweckte Kind,
Das an Lebhaftigkeit kaum ſeines gleichen findt,
Fieng alſo an zu ſagen:
Soll ich einſt lieben oder freyn,
Muß es was recht à partes ſeyn.
Die Rede ſchluge ihm faſt alle Hofnung nieder,
Es war als wie bey einem ſchwuͤlen Tag
Ein unverſehner Donnerſchlag.
Doch Zedena, die ſich ſo gar freygebig wieß,
Und ihre Gaͤſte nie in Grillen fallen ließ,
Erweckte den Briontes wieder,
Sie brachte die Geſundheit aus:
Freund!
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 434. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/526>, abgerufen am 22.11.2024.
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