sie es in Händen haben. Sie müssen also, sie mögen wollen oder nicht, gestehen, daß man schrei- ben könne, ohne vorher zu dencken.
Wir thun es, und befinden uns wohl dabey. Es ist leichter, und natürlicher, mit den Fingern zu schreiben, als mit dem Kopf. Wer das letzte thut, ist einem Gauckler ähnlich, der auf dem Kopfe tanzet. Dieses mögen wir nicht von uns ge- saget wissen, und brauchen also unsere Finger, wenn wir schreiben, und nicht den Kopf. Wenn unsere Feinde die Gemächlichkeiten, welche diese Schreib- Art mit sich führet, einzusehen fähig wären, so würden sie uns gewiß beneiden. Nur zweene sind, so viel mir wissend, so weit gekommen, daß sie dieses erkannt haben, und haben daher kein Be- dencken getragen, uns glücklich zu preisen, und den guten Scribenten vorzuziehen. Der eine ist ein Engländer, und beweiset gar gründlich, daß das Dencken nichts nütze, und derjenige, der sich des- selben gantz und gar enthält, nohtwendig am besten schreiben müsse. Er spricht:
Here some would scratch their Heads, and try What they should write, and How, and Why. But I conceive, such Folks are quite in Mistakes in Theory of Writing. If once for Principle 'tis laid That Thought is Trouble to the Head. I argue thus: The World agrees That He writes well, who writes with Ease.
Then
(o)
ſie es in Haͤnden haben. Sie muͤſſen alſo, ſie moͤgen wollen oder nicht, geſtehen, daß man ſchrei- ben koͤnne, ohne vorher zu dencken.
Wir thun es, und befinden uns wohl dabey. Es iſt leichter, und natuͤrlicher, mit den Fingern zu ſchreiben, als mit dem Kopf. Wer das letzte thut, iſt einem Gauckler aͤhnlich, der auf dem Kopfe tanzet. Dieſes moͤgen wir nicht von uns ge- ſaget wiſſen, und brauchen alſo unſere Finger, wenn wir ſchreiben, und nicht den Kopf. Wenn unſere Feinde die Gemaͤchlichkeiten, welche dieſe Schreib- Art mit ſich fuͤhret, einzuſehen faͤhig waͤren, ſo wuͤrden ſie uns gewiß beneiden. Nur zweene ſind, ſo viel mir wiſſend, ſo weit gekommen, daß ſie dieſes erkannt haben, und haben daher kein Be- dencken getragen, uns gluͤcklich zu preiſen, und den guten Scribenten vorzuziehen. Der eine iſt ein Englaͤnder, und beweiſet gar gruͤndlich, daß das Dencken nichts nuͤtze, und derjenige, der ſich deſ- ſelben gantz und gar enthaͤlt, nohtwendig am beſten ſchreiben muͤſſe. Er ſpricht:
Here ſome would ſcratch their Heads, and try What they should write, and How, and Why. But I conceive, ſuch Folks are quite in Miſtakes in Theory of Writing. If once for Principle ’tis laid That Thought is Trouble to the Head. I argue thus: The World agrees That He writes well, who writes with Eaſe.
Then
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(o)
ſie es in Haͤnden haben. Sie muͤſſen alſo, ſie
moͤgen wollen oder nicht, geſtehen, daß man ſchrei-
ben koͤnne, ohne vorher zu dencken.
Wir thun es, und befinden uns wohl dabey.
Es iſt leichter, und natuͤrlicher, mit den Fingern
zu ſchreiben, als mit dem Kopf. Wer das letzte
thut, iſt einem Gauckler aͤhnlich, der auf dem
Kopfe tanzet. Dieſes moͤgen wir nicht von uns ge-
ſaget wiſſen, und brauchen alſo unſere Finger, wenn
wir ſchreiben, und nicht den Kopf. Wenn unſere
Feinde die Gemaͤchlichkeiten, welche dieſe Schreib-
Art mit ſich fuͤhret, einzuſehen faͤhig waͤren, ſo
wuͤrden ſie uns gewiß beneiden. Nur zweene ſind,
ſo viel mir wiſſend, ſo weit gekommen, daß ſie
dieſes erkannt haben, und haben daher kein Be-
dencken getragen, uns gluͤcklich zu preiſen, und den
guten Scribenten vorzuziehen. Der eine iſt ein
Englaͤnder, und beweiſet gar gruͤndlich, daß das
Dencken nichts nuͤtze, und derjenige, der ſich deſ-
ſelben gantz und gar enthaͤlt, nohtwendig am beſten
ſchreiben muͤſſe. Er ſpricht:
Here ſome would ſcratch their Heads, and
try
What they should write, and How, and
Why.
But I conceive, ſuch Folks are quite in
Miſtakes in Theory of Writing.
If once for Principle ’tis laid
That Thought is Trouble to the Head.
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 516. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/608>, abgerufen am 22.11.2024.
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