Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

Bild:
<< vorherige Seite

(o)
zwar die Herrschaft des Menschen über dieselbe nicht
gäntzlich auf; schmälere sie aber doch mercklich: und
sey also der Hr. Prof. Mantzel gar wohl befugt, aus
diesem Unterscheid eine Veränderung des ursprüngli-
chen Zustandes der Menschen zu muhtmassen. So
antworte ich, daß, wenn ich das, was GOtt zu Noah
gesagt, und die Worte Davids gegen diejenigen hal-
te, mit welchen GOtt dem ersten Menschen die Herr-
schaft über die Thiere aufgetragen hat, ich nicht finde,
daß dieselbe von mehrerm Nachdruck sind, als das,
was nach dem Fall von dieser Herrschaft gesagt wor-
den.

X. Hieraus schliesse ich nun ferner, daß wir die
Herrschaft, die uns GOtt in der Schöpfung über die
Thiere gegeben hat, noch haben. Gleich wie nun aber
unsere Herrschaft nicht weit her, und schon so viele
tausend Jahr mit dem Unterscheid unter wilden und
zahmen Thieren gar wohl bestanden ist: So kan man
dieses auch von der Herrschaft, die Adam gehabt hat,
mit allem Rechte sagen.

Unsere Herrschaft über die Thiere bestehet, wie es
die Erfahrung giebt, in nichts anders, als in der
Macht, uns derselben, nach Belieben, zu bedienen:
den Thieren aber ihr Recht unbenommen, sich, nach
ihrem besten Vermögen, vor unsern Nachstellung zu
hüten und wieder Gewalt zu wehren. Jch solte nicht
meinen, daß in der Welt ein Mensch zu finden sey, der
mir dieses wiederstreiten solte. Es ist glaublich, daß
alle diejegen, welche dem Menschen nach dem Falle ei-
ne Herrschaft über die Thiere beylegen, nichts anders,
als die ietzt gemeldte Befugniß dadurch verstehen:
Haben diese Herren höhere Begrife von unserer Ma-

jestät,

(o)
zwar die Herrſchaft des Menſchen uͤber dieſelbe nicht
gaͤntzlich auf; ſchmaͤlere ſie aber doch mercklich: und
ſey alſo der Hr. Prof. Mantzel gar wohl befugt, aus
dieſem Unterſcheid eine Veraͤnderung des urſpruͤngli-
chen Zuſtandes der Menſchen zu muhtmaſſen. So
antworte ich, daß, wenn ich das, was GOtt zu Noah
geſagt, und die Worte Davids gegen diejenigen hal-
te, mit welchen GOtt dem erſten Menſchen die Herr-
ſchaft uͤber die Thiere aufgetragen hat, ich nicht finde,
daß dieſelbe von mehrerm Nachdruck ſind, als das,
was nach dem Fall von dieſer Herrſchaft geſagt wor-
den.

X. Hieraus ſchlieſſe ich nun ferner, daß wir die
Herrſchaft, die uns GOtt in der Schoͤpfung uͤber die
Thiere gegeben hat, noch haben. Gleich wie nun aber
unſere Herrſchaft nicht weit her, und ſchon ſo viele
tauſend Jahr mit dem Unterſcheid unter wilden und
zahmen Thieren gar wohl beſtanden iſt: So kan man
dieſes auch von der Herrſchaft, die Adam gehabt hat,
mit allem Rechte ſagen.

Unſere Herrſchaft uͤber die Thiere beſtehet, wie es
die Erfahrung giebt, in nichts anders, als in der
Macht, uns derſelben, nach Belieben, zu bedienen:
den Thieren aber ihr Recht unbenommen, ſich, nach
ihrem beſten Vermoͤgen, vor unſern Nachſtellung zu
huͤten und wieder Gewalt zu wehren. Jch ſolte nicht
meinen, daß in der Welt ein Menſch zu finden ſey, der
mir dieſes wiederſtreiten ſolte. Es iſt glaublich, daß
alle diejegen, welche dem Menſchen nach dem Falle ei-
ne Herrſchaft uͤber die Thiere beylegen, nichts anders,
als die ietzt gemeldte Befugniß dadurch verſtehen:
Haben dieſe Herren hoͤhere Begrife von unſerer Ma-

jeſtaͤt,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0790" n="698"/><fw place="top" type="header">(<hi rendition="#aq">o</hi>)</fw><lb/>
zwar die Herr&#x017F;chaft des Men&#x017F;chen u&#x0364;ber die&#x017F;elbe nicht<lb/>
ga&#x0364;ntzlich auf; &#x017F;chma&#x0364;lere &#x017F;ie aber doch mercklich: und<lb/>
&#x017F;ey al&#x017F;o der Hr. Prof. Mantzel gar wohl befugt, aus<lb/>
die&#x017F;em Unter&#x017F;cheid eine Vera&#x0364;nderung des ur&#x017F;pru&#x0364;ngli-<lb/>
chen Zu&#x017F;tandes der Men&#x017F;chen zu muhtma&#x017F;&#x017F;en. So<lb/>
antworte ich, daß, wenn ich das, was GOtt zu Noah<lb/>
ge&#x017F;agt, und die Worte Davids gegen diejenigen hal-<lb/>
te, mit welchen GOtt dem er&#x017F;ten Men&#x017F;chen die Herr-<lb/>
&#x017F;chaft u&#x0364;ber die Thiere aufgetragen hat, ich nicht finde,<lb/>
daß die&#x017F;elbe von mehrerm Nachdruck &#x017F;ind, als das,<lb/>
was nach dem Fall von die&#x017F;er Herr&#x017F;chaft ge&#x017F;agt wor-<lb/>
den.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#aq">X.</hi> Hieraus &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;e ich nun ferner, daß wir die<lb/>
Herr&#x017F;chaft, die uns GOtt in der Scho&#x0364;pfung u&#x0364;ber die<lb/>
Thiere gegeben hat, noch haben. Gleich wie nun aber<lb/>
un&#x017F;ere Herr&#x017F;chaft nicht weit her, und &#x017F;chon &#x017F;o viele<lb/>
tau&#x017F;end Jahr mit dem Unter&#x017F;cheid unter wilden und<lb/>
zahmen Thieren gar wohl be&#x017F;tanden i&#x017F;t: So kan man<lb/>
die&#x017F;es auch von der Herr&#x017F;chaft, die Adam gehabt hat,<lb/>
mit allem Rechte &#x017F;agen.</p><lb/>
          <p>Un&#x017F;ere Herr&#x017F;chaft u&#x0364;ber die Thiere be&#x017F;tehet, wie es<lb/>
die Erfahrung giebt, in nichts anders, als in der<lb/>
Macht, uns der&#x017F;elben, nach Belieben, zu bedienen:<lb/>
den Thieren aber ihr Recht unbenommen, &#x017F;ich, nach<lb/>
ihrem be&#x017F;ten Vermo&#x0364;gen, vor un&#x017F;ern Nach&#x017F;tellung zu<lb/>
hu&#x0364;ten und wieder Gewalt zu wehren. Jch &#x017F;olte nicht<lb/>
meinen, daß in der Welt ein Men&#x017F;ch zu finden &#x017F;ey, der<lb/>
mir die&#x017F;es wieder&#x017F;treiten &#x017F;olte. Es i&#x017F;t glaublich, daß<lb/>
alle diejegen, welche dem Men&#x017F;chen nach dem Falle ei-<lb/>
ne Herr&#x017F;chaft u&#x0364;ber die Thiere beylegen, nichts anders,<lb/>
als die ietzt gemeldte Befugniß dadurch ver&#x017F;tehen:<lb/>
Haben die&#x017F;e Herren ho&#x0364;here Begrife von un&#x017F;erer Ma-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">je&#x017F;ta&#x0364;t,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[698/0790] (o) zwar die Herrſchaft des Menſchen uͤber dieſelbe nicht gaͤntzlich auf; ſchmaͤlere ſie aber doch mercklich: und ſey alſo der Hr. Prof. Mantzel gar wohl befugt, aus dieſem Unterſcheid eine Veraͤnderung des urſpruͤngli- chen Zuſtandes der Menſchen zu muhtmaſſen. So antworte ich, daß, wenn ich das, was GOtt zu Noah geſagt, und die Worte Davids gegen diejenigen hal- te, mit welchen GOtt dem erſten Menſchen die Herr- ſchaft uͤber die Thiere aufgetragen hat, ich nicht finde, daß dieſelbe von mehrerm Nachdruck ſind, als das, was nach dem Fall von dieſer Herrſchaft geſagt wor- den. X. Hieraus ſchlieſſe ich nun ferner, daß wir die Herrſchaft, die uns GOtt in der Schoͤpfung uͤber die Thiere gegeben hat, noch haben. Gleich wie nun aber unſere Herrſchaft nicht weit her, und ſchon ſo viele tauſend Jahr mit dem Unterſcheid unter wilden und zahmen Thieren gar wohl beſtanden iſt: So kan man dieſes auch von der Herrſchaft, die Adam gehabt hat, mit allem Rechte ſagen. Unſere Herrſchaft uͤber die Thiere beſtehet, wie es die Erfahrung giebt, in nichts anders, als in der Macht, uns derſelben, nach Belieben, zu bedienen: den Thieren aber ihr Recht unbenommen, ſich, nach ihrem beſten Vermoͤgen, vor unſern Nachſtellung zu huͤten und wieder Gewalt zu wehren. Jch ſolte nicht meinen, daß in der Welt ein Menſch zu finden ſey, der mir dieſes wiederſtreiten ſolte. Es iſt glaublich, daß alle diejegen, welche dem Menſchen nach dem Falle ei- ne Herrſchaft uͤber die Thiere beylegen, nichts anders, als die ietzt gemeldte Befugniß dadurch verſtehen: Haben dieſe Herren hoͤhere Begrife von unſerer Ma- jeſtaͤt,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Verlagsangabe wurde ermittelt (vgl. http://op… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/790
Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 698. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/790>, abgerufen am 21.11.2024.