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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

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(o)
das Psalter-Buch, so ihm Eulenspiegel in die Krip-
pelegte, und, wenn es hoch kömmt, uns so viele stol-
tze Zungendrescher, als die Postillen unnütze Schwä-
tzer, geben. Wir leugnen indessen nicht, daß das
Vorhaben des Herrn D. Rodigast seinen Nutzen
haben könne, ob wir gleich nicht begreifen, worin-
nen er bestehe: Aber wir besorgen, daß sich wenige
entschliessen werden, den verlangten Vorschuß zu
thun. Die meisten werden sich an dem Titul des
Wercks stossen, und nicht viel Gutes von denen
Anmerckungen eines Mannes versprechen, der so
übel berathen ist, daß er sich einbildet, Justinianus
habe das Corpus Juris in Deutschland eingeführet.
Das Avertissement wird sie in diesem Mißtrauen
stärcken: Denn der Herr D. Rodigast giebt in dem-
selben einen sehr magern Begrif von seiner Juristi-
schen Weisheit. Er theilt uns einen so andäch-
tigen Abriß einer Historie der Rechte mit, daß es
läßt, als wolle er predigen, und was er vorbringt
könnte mit Fug ein vollständiger Auszug aus dem
Evangelio am ersten Weinacht-Tage heissen, wenn
er nicht schändlich vergessen zu melden, daß, zu der
Zeit als Christus gebohren, Cyrenius Land-Pfle-
ger in Syrien gewesen. Von der seligmachenden
Kraft, die er dem Gesetze Mosis beyleget, wollen
wir nichts erwehnen: Es muß dieses nothwendig
vielen bedencklich vorkommen. Nur mercken wir
noch an, daß das Avertissement so verworren und
undeutsch geschrieben, daß viele daher auf die Ge-
dancken kommen werden, der Herr D. Rodigast sey
eben so ungeschickt das Corpus Juris in gut Deutsch
zu übersetzen, als dasselbe mit nützlichen und gelehr-

ten

(o)
das Pſalter-Buch, ſo ihm Eulenſpiegel in die Krip-
pelegte, und, wenn es hoch koͤmmt, uns ſo viele ſtol-
tze Zungendreſcher, als die Poſtillen unnuͤtze Schwaͤ-
tzer, geben. Wir leugnen indeſſen nicht, daß das
Vorhaben des Herrn D. Rodigaſt ſeinen Nutzen
haben koͤnne, ob wir gleich nicht begreifen, worin-
nen er beſtehe: Aber wir beſorgen, daß ſich wenige
entſchlieſſen werden, den verlangten Vorſchuß zu
thun. Die meiſten werden ſich an dem Titul des
Wercks ſtoſſen, und nicht viel Gutes von denen
Anmerckungen eines Mannes verſprechen, der ſo
uͤbel berathen iſt, daß er ſich einbildet, Juſtinianus
habe das Corpus Juris in Deutſchland eingefuͤhret.
Das Avertiſſement wird ſie in dieſem Mißtrauen
ſtaͤrcken: Denn der Herr D. Rodigaſt giebt in dem-
ſelben einen ſehr magern Begrif von ſeiner Juriſti-
ſchen Weisheit. Er theilt uns einen ſo andaͤch-
tigen Abriß einer Hiſtorie der Rechte mit, daß es
laͤßt, als wolle er predigen, und was er vorbringt
koͤnnte mit Fug ein vollſtaͤndiger Auszug aus dem
Evangelio am erſten Weinacht-Tage heiſſen, wenn
er nicht ſchaͤndlich vergeſſen zu melden, daß, zu der
Zeit als Chriſtus gebohren, Cyrenius Land-Pfle-
ger in Syrien geweſen. Von der ſeligmachenden
Kraft, die er dem Geſetze Moſis beyleget, wollen
wir nichts erwehnen: Es muß dieſes nothwendig
vielen bedencklich vorkommen. Nur mercken wir
noch an, daß das Avertiſſement ſo verworren und
undeutſch geſchrieben, daß viele daher auf die Ge-
dancken kommen werden, der Herr D. Rodigaſt ſey
eben ſo ungeſchickt das Corpus Juris in gut Deutſch
zu uͤberſetzen, als daſſelbe mit nuͤtzlichen und gelehr-

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[870/0962] (o) das Pſalter-Buch, ſo ihm Eulenſpiegel in die Krip- pelegte, und, wenn es hoch koͤmmt, uns ſo viele ſtol- tze Zungendreſcher, als die Poſtillen unnuͤtze Schwaͤ- tzer, geben. Wir leugnen indeſſen nicht, daß das Vorhaben des Herrn D. Rodigaſt ſeinen Nutzen haben koͤnne, ob wir gleich nicht begreifen, worin- nen er beſtehe: Aber wir beſorgen, daß ſich wenige entſchlieſſen werden, den verlangten Vorſchuß zu thun. Die meiſten werden ſich an dem Titul des Wercks ſtoſſen, und nicht viel Gutes von denen Anmerckungen eines Mannes verſprechen, der ſo uͤbel berathen iſt, daß er ſich einbildet, Juſtinianus habe das Corpus Juris in Deutſchland eingefuͤhret. Das Avertiſſement wird ſie in dieſem Mißtrauen ſtaͤrcken: Denn der Herr D. Rodigaſt giebt in dem- ſelben einen ſehr magern Begrif von ſeiner Juriſti- ſchen Weisheit. Er theilt uns einen ſo andaͤch- tigen Abriß einer Hiſtorie der Rechte mit, daß es laͤßt, als wolle er predigen, und was er vorbringt koͤnnte mit Fug ein vollſtaͤndiger Auszug aus dem Evangelio am erſten Weinacht-Tage heiſſen, wenn er nicht ſchaͤndlich vergeſſen zu melden, daß, zu der Zeit als Chriſtus gebohren, Cyrenius Land-Pfle- ger in Syrien geweſen. Von der ſeligmachenden Kraft, die er dem Geſetze Moſis beyleget, wollen wir nichts erwehnen: Es muß dieſes nothwendig vielen bedencklich vorkommen. Nur mercken wir noch an, daß das Avertiſſement ſo verworren und undeutſch geſchrieben, daß viele daher auf die Ge- dancken kommen werden, der Herr D. Rodigaſt ſey eben ſo ungeſchickt das Corpus Juris in gut Deutſch zu uͤberſetzen, als daſſelbe mit nuͤtzlichen und gelehr- ten

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Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 870. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/962>, abgerufen am 21.11.2024.