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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

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Erstes Buch. VII. Thäterschaft und Teilnahme.
nimmt: denn Gewalt und Drohung sind Thatbestandsmerk-
male für Notzucht und Raub. Wenn aber A Wache stand,
während B einen Einbruchsdiebstahl verübte, so ist A nicht
Mitthäter sondern Gehülfe; denn das Wachestehen ist nicht
Ausführungshandlung beim Diebstahl. Mitthäterschaft ist
eine Form der Teilnahme, mithin (oben §. 35 II 1) nur
beim vorsätzlichen Verbrechen möglich; beim fahrlässigen Ver-
brechen ist Jeder, der eine Bedingung zum Erfolge schuld-
haft gesetzt hat, nicht Mitthäter, sondern Thäter. Das
praktische Resultat ist übrigens das gleiche: Jeder Mitthäter
wird als Thäter bestraft.

§. 37.
Anstiftung und Beihülfe.

I. Die Anstiftung.

1. Anstiftung ist die vorsätzliche Bestimmung eines
Anderen zu der von ihm vorsätzlich begangenen
strafbaren Handlung
(StGB. §. 48), mag diese Ver-
brechen, Vergehen oder Uebertretung sein. Durch welche
Mittel der Andere bestimmt wurde, ist für den Begriff der
Anstiftung irrelevant; auch Zwang und Irrtumserregung
sind geeignete Mittel, solange der erstere nicht in Nötigung
übergeht, und der Irrtum nicht die Vorsätzlichkeit des Thuns
ausschließt.

2. Die Anstiftung setzt als Form der Teilnahme eine
zum Mindesten versuchte strafbare Handlung auf
Seiten des Angestifteten voraus. Sie bleibt mithin straflos,
wenn es auf Seiten des Thäters zu einem strafbaren Ver-
suche nicht gekommen
ist. Daher ist

a) die versuchte oder mißlungene Anstiftung straflos

Erſtes Buch. VII. Thäterſchaft und Teilnahme.
nimmt: denn Gewalt und Drohung ſind Thatbeſtandsmerk-
male für Notzucht und Raub. Wenn aber A Wache ſtand,
während B einen Einbruchsdiebſtahl verübte, ſo iſt A nicht
Mitthäter ſondern Gehülfe; denn das Wacheſtehen iſt nicht
Ausführungshandlung beim Diebſtahl. Mitthäterſchaft iſt
eine Form der Teilnahme, mithin (oben §. 35 II 1) nur
beim vorſätzlichen Verbrechen möglich; beim fahrläſſigen Ver-
brechen iſt Jeder, der eine Bedingung zum Erfolge ſchuld-
haft geſetzt hat, nicht Mitthäter, ſondern Thäter. Das
praktiſche Reſultat iſt übrigens das gleiche: Jeder Mitthäter
wird als Thäter beſtraft.

§. 37.
Anſtiftung und Beihülfe.

I. Die Anſtiftung.

1. Anſtiftung iſt die vorſätzliche Beſtimmung eines
Anderen zu der von ihm vorſätzlich begangenen
ſtrafbaren Handlung
(StGB. §. 48), mag dieſe Ver-
brechen, Vergehen oder Uebertretung ſein. Durch welche
Mittel der Andere beſtimmt wurde, iſt für den Begriff der
Anſtiftung irrelevant; auch Zwang und Irrtumserregung
ſind geeignete Mittel, ſolange der erſtere nicht in Nötigung
übergeht, und der Irrtum nicht die Vorſätzlichkeit des Thuns
ausſchließt.

2. Die Anſtiftung ſetzt als Form der Teilnahme eine
zum Mindeſten verſuchte ſtrafbare Handlung auf
Seiten des Angeſtifteten voraus. Sie bleibt mithin ſtraflos,
wenn es auf Seiten des Thäters zu einem ſtrafbaren Ver-
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iſt. Daher iſt

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[152/0178] Erſtes Buch. VII. Thäterſchaft und Teilnahme. nimmt: denn Gewalt und Drohung ſind Thatbeſtandsmerk- male für Notzucht und Raub. Wenn aber A Wache ſtand, während B einen Einbruchsdiebſtahl verübte, ſo iſt A nicht Mitthäter ſondern Gehülfe; denn das Wacheſtehen iſt nicht Ausführungshandlung beim Diebſtahl. Mitthäterſchaft iſt eine Form der Teilnahme, mithin (oben §. 35 II 1) nur beim vorſätzlichen Verbrechen möglich; beim fahrläſſigen Ver- brechen iſt Jeder, der eine Bedingung zum Erfolge ſchuld- haft geſetzt hat, nicht Mitthäter, ſondern Thäter. Das praktiſche Reſultat iſt übrigens das gleiche: Jeder Mitthäter wird als Thäter beſtraft. §. 37. Anſtiftung und Beihülfe. I. Die Anſtiftung. 1. Anſtiftung iſt die vorſätzliche Beſtimmung eines Anderen zu der von ihm vorſätzlich begangenen ſtrafbaren Handlung (StGB. §. 48), mag dieſe Ver- brechen, Vergehen oder Uebertretung ſein. Durch welche Mittel der Andere beſtimmt wurde, iſt für den Begriff der Anſtiftung irrelevant; auch Zwang und Irrtumserregung ſind geeignete Mittel, ſolange der erſtere nicht in Nötigung übergeht, und der Irrtum nicht die Vorſätzlichkeit des Thuns ausſchließt. 2. Die Anſtiftung ſetzt als Form der Teilnahme eine zum Mindeſten verſuchte ſtrafbare Handlung auf Seiten des Angeſtifteten voraus. Sie bleibt mithin ſtraflos, wenn es auf Seiten des Thäters zu einem ſtrafbaren Ver- ſuche nicht gekommen iſt. Daher iſt a) die verſuchte oder mißlungene Anſtiftung ſtraflos

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/178>, abgerufen am 24.11.2024.