2. nach der subjektiven Bedeutung des Unrechtes, also nach der Schwere der Schuld des Verbrechers.
III. Innerhalb der gesetzlichen Strafrahmen hat der Richter die Strafe für das einzelne konkrete Verbrechen zu bemessen; im Einzelfalle die Aufgabe zu lösen, die der Gesetzgeber im allgemeinen zu lösen hatte. Dieser steht dem Diebstahle, jener diesem Diebstahle gegenüber. Eben darum hat er innerhalb des ihm gelassenen Spielraumes dieselben Gesichtspunkte zu beachten, die den Gesetzgeber bei der Auf- stellung seiner Strafrahmen geleitet haben. Diese Bestim- mung der Strafe innerhalb des Strafrahmens heißt Straf- zumessung; die den Richter bei derselben leitenden Ge- sichtspunkte Strafmehrungs- (oder Straferhöhungs-) und Strafminderungsgründe.
IV. Wenn auch der Gesetzgeber die Strafrahmen für die einzelne Verbrechensart hinlänglich weit bemißt, so daß sie der objektiven und subjektiven Schwere der meisten Fälle dieser Verbrechensart entsprechen, so können doch Fälle vorkommen, denen gegenüber der normale Strafrahmen sich als zu eng erweist, in welchen also ein Hinaufgehen über das Maximum, ein Herabgehen unter das Minimum als angezeigt erscheint. Für diese Fälle stellt der Gesetzgeber besondere, sei es schwerere sei es leichtere, Strafrahmen auf. Nicht ganz korrekt spricht man hier von Strafänderung (als ob es sich um eine richterliche und nicht um eine gesetzgeberische Thätigkeit handelte), zerfallend in Strafschärfung und Strafmilderung.
V. Thatsächliche oder rechtliche Unanwendbarkeit an sich anzuwendender Strafarten führt zur Strafumwandlung (unten §. 55 I); die Kollision zwischen früheren und spä- teren in derselben Sache notwendig werdenden Entscheidungen
von Liszt, Strafrecht. 14
Die normalen Strafrahmen (Strafzumeſſung). §. 53.
2. nach der ſubjektiven Bedeutung des Unrechtes, alſo nach der Schwere der Schuld des Verbrechers.
III. Innerhalb der geſetzlichen Strafrahmen hat der Richter die Strafe für das einzelne konkrete Verbrechen zu bemeſſen; im Einzelfalle die Aufgabe zu löſen, die der Geſetzgeber im allgemeinen zu löſen hatte. Dieſer ſteht dem Diebſtahle, jener dieſem Diebſtahle gegenüber. Eben darum hat er innerhalb des ihm gelaſſenen Spielraumes dieſelben Geſichtspunkte zu beachten, die den Geſetzgeber bei der Auf- ſtellung ſeiner Strafrahmen geleitet haben. Dieſe Beſtim- mung der Strafe innerhalb des Strafrahmens heißt Straf- zumeſſung; die den Richter bei derſelben leitenden Ge- ſichtspunkte Strafmehrungs- (oder Straferhöhungs-) und Strafminderungsgründe.
IV. Wenn auch der Geſetzgeber die Strafrahmen für die einzelne Verbrechensart hinlänglich weit bemißt, ſo daß ſie der objektiven und ſubjektiven Schwere der meiſten Fälle dieſer Verbrechensart entſprechen, ſo können doch Fälle vorkommen, denen gegenüber der normale Strafrahmen ſich als zu eng erweiſt, in welchen alſo ein Hinaufgehen über das Maximum, ein Herabgehen unter das Minimum als angezeigt erſcheint. Für dieſe Fälle ſtellt der Geſetzgeber beſondere, ſei es ſchwerere ſei es leichtere, Strafrahmen auf. Nicht ganz korrekt ſpricht man hier von Strafänderung (als ob es ſich um eine richterliche und nicht um eine geſetzgeberiſche Thätigkeit handelte), zerfallend in Strafſchärfung und Strafmilderung.
V. Thatſächliche oder rechtliche Unanwendbarkeit an ſich anzuwendender Strafarten führt zur Strafumwandlung (unten §. 55 I); die Kolliſion zwiſchen früheren und ſpä- teren in derſelben Sache notwendig werdenden Entſcheidungen
von Liszt, Strafrecht. 14
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Die normalen Strafrahmen (Strafzumeſſung). §. 53.
2. nach der ſubjektiven Bedeutung des Unrechtes, alſo
nach der Schwere der Schuld des Verbrechers.
III. Innerhalb der geſetzlichen Strafrahmen hat der
Richter die Strafe für das einzelne konkrete Verbrechen
zu bemeſſen; im Einzelfalle die Aufgabe zu löſen, die der
Geſetzgeber im allgemeinen zu löſen hatte. Dieſer ſteht dem
Diebſtahle, jener dieſem Diebſtahle gegenüber. Eben darum
hat er innerhalb des ihm gelaſſenen Spielraumes dieſelben
Geſichtspunkte zu beachten, die den Geſetzgeber bei der Auf-
ſtellung ſeiner Strafrahmen geleitet haben. Dieſe Beſtim-
mung der Strafe innerhalb des Strafrahmens heißt Straf-
zumeſſung; die den Richter bei derſelben leitenden Ge-
ſichtspunkte Strafmehrungs- (oder Straferhöhungs-) und
Strafminderungsgründe.
IV. Wenn auch der Geſetzgeber die Strafrahmen für die
einzelne Verbrechensart hinlänglich weit bemißt, ſo daß ſie
der objektiven und ſubjektiven Schwere der meiſten Fälle dieſer
Verbrechensart entſprechen, ſo können doch Fälle vorkommen,
denen gegenüber der normale Strafrahmen ſich als zu eng
erweiſt, in welchen alſo ein Hinaufgehen über das Maximum,
ein Herabgehen unter das Minimum als angezeigt erſcheint.
Für dieſe Fälle ſtellt der Geſetzgeber beſondere, ſei es
ſchwerere ſei es leichtere, Strafrahmen auf. Nicht ganz
korrekt ſpricht man hier von Strafänderung (als ob es
ſich um eine richterliche und nicht um eine geſetzgeberiſche
Thätigkeit handelte), zerfallend in Strafſchärfung und
Strafmilderung.
V. Thatſächliche oder rechtliche Unanwendbarkeit an ſich
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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/235>, abgerufen am 21.11.2024.
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