Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.Die Verjährung. §. 58. heutigen Gerichtsverfassung Deutschlands bezeichnet werden.Daraus folgt: a) Ist nur ein Anspruch entstanden, aber zugleich zweifel- haft, für welchen Staat (weil die verschiedenen als untereinander gleichberechtigt konkurrierenden Gerichts- stände in verschiedenen Staaten gelegen sind), so wird durch die Entscheidung über den Gerichtsstand (nach den Vorschriften der StPO. §§. 7 ff.) auch über den Anspruch zu Gunsten des einen der kollidierenden Ein- zelstaaten entschieden. Nur dieser Staat kann daher das Begnadigungsrecht ausüben, und eine von einem anderen Staate ausgehende, etwa bereits vor dieser Entscheidung in der Gestalt der Abolition erfolgte Begnadigung ist ohne jede juristische Bedeutung. b) Werden mehrere Ansprüche mehrerer Einzelstaaten (z. B. im Falle der Konnexität) in demselben Verfahren vereinigt, so berührt diese rein prozessuale Vereinigung die Ansprüche selbst in keiner Weise. Das Begnadi- gungsrecht bleibt, auch nach rechtskräftiger Entschei- dung, jedem Einzelstaat für seinen Strafanspruch vor- behalten.8 §. 58. Fortsetzung. Die Verjährung.1 I. Alles objektive Recht besteht darin, daß es an gewisse 8 [Spaltenumbruch]
Anders die herrschende An- sicht (Meyer, Löwe, Bin- ding), nach welcher immer je- nem Staat das Begnadigungs- recht zusteht, dessen Gericht in[Spaltenumbruch] erster Instanz erkannt hat. Ge- setzliche Regelung wäre dringend wünschenswert. 1 [Spaltenumbruch]
Lit. bei Binding Grund-
riß S. 160. Die Verjährung. §. 58. heutigen Gerichtsverfaſſung Deutſchlands bezeichnet werden.Daraus folgt: a) Iſt nur ein Anſpruch entſtanden, aber zugleich zweifel- haft, für welchen Staat (weil die verſchiedenen als untereinander gleichberechtigt konkurrierenden Gerichts- ſtände in verſchiedenen Staaten gelegen ſind), ſo wird durch die Entſcheidung über den Gerichtsſtand (nach den Vorſchriften der StPO. §§. 7 ff.) auch über den Anſpruch zu Gunſten des einen der kollidierenden Ein- zelſtaaten entſchieden. Nur dieſer Staat kann daher das Begnadigungsrecht ausüben, und eine von einem anderen Staate ausgehende, etwa bereits vor dieſer Entſcheidung in der Geſtalt der Abolition erfolgte Begnadigung iſt ohne jede juriſtiſche Bedeutung. b) Werden mehrere Anſprüche mehrerer Einzelſtaaten (z. B. im Falle der Konnexität) in demſelben Verfahren vereinigt, ſo berührt dieſe rein prozeſſuale Vereinigung die Anſprüche ſelbſt in keiner Weiſe. Das Begnadi- gungsrecht bleibt, auch nach rechtskräftiger Entſchei- dung, jedem Einzelſtaat für ſeinen Strafanſpruch vor- behalten.8 §. 58. Fortſetzung. Die Verjährung.1 I. Alles objektive Recht beſteht darin, daß es an gewiſſe 8 [Spaltenumbruch]
Anders die herrſchende An- ſicht (Meyer, Löwe, Bin- ding), nach welcher immer je- nem Staat das Begnadigungs- recht zuſteht, deſſen Gericht in[Spaltenumbruch] erſter Inſtanz erkannt hat. Ge- ſetzliche Regelung wäre dringend wünſchenswert. 1 [Spaltenumbruch]
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Die Verjährung. §. 58.
heutigen Gerichtsverfaſſung Deutſchlands bezeichnet werden.
Daraus folgt:
a) Iſt nur ein Anſpruch entſtanden, aber zugleich zweifel-
haft, für welchen Staat (weil die verſchiedenen als
untereinander gleichberechtigt konkurrierenden Gerichts-
ſtände in verſchiedenen Staaten gelegen ſind), ſo wird
durch die Entſcheidung über den Gerichtsſtand (nach
den Vorſchriften der StPO. §§. 7 ff.) auch über den
Anſpruch zu Gunſten des einen der kollidierenden Ein-
zelſtaaten entſchieden. Nur dieſer Staat kann daher
das Begnadigungsrecht ausüben, und eine von einem
anderen Staate ausgehende, etwa bereits vor dieſer
Entſcheidung in der Geſtalt der Abolition erfolgte
Begnadigung iſt ohne jede juriſtiſche Bedeutung.
b) Werden mehrere Anſprüche mehrerer Einzelſtaaten
(z. B. im Falle der Konnexität) in demſelben Verfahren
vereinigt, ſo berührt dieſe rein prozeſſuale Vereinigung
die Anſprüche ſelbſt in keiner Weiſe. Das Begnadi-
gungsrecht bleibt, auch nach rechtskräftiger Entſchei-
dung, jedem Einzelſtaat für ſeinen Strafanſpruch vor-
behalten. 8
§. 58.
Fortſetzung. Die Verjährung. 1
I. Alles objektive Recht beſteht darin, daß es an gewiſſe
Thatſachen andere Thatſachen als deren Rechtsfolge knüpft.
8
Anders die herrſchende An-
ſicht (Meyer, Löwe, Bin-
ding), nach welcher immer je-
nem Staat das Begnadigungs-
recht zuſteht, deſſen Gericht in
erſter Inſtanz erkannt hat. Ge-
ſetzliche Regelung wäre dringend
wünſchenswert.
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