Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

Bild:
<< vorherige Seite
Drittes Buch. Delikte gegen "uneigentliche" Rechtsgüter.

II. Die widernatürliche Unzucht (StGB. §. 175),
d. h. Beischlaf oder beischlafsähnliche Handlungen4 zwischen
Personen desselben Geschlechtes oder von Menschen mit Tieren
vorgenommen.

Strafe: Gefängnis mit fakultativem Verlust der Ehren-
rechte.

III. Unzucht mit Verletzung eines besonderen
Vertrauens- oder Gewaltverhältnisses
(StGB.
§. 174); nämlich Vornahme unzüchtiger Handlungen (Begriff
oben S. 370):

1. von Vormündern mit ihren Pflegebefohlenen,
Adoptiv- und Pflegeeltern mit ihren Kindern, Geist-
lichen, Lehrern, Erziehern
mit ihren minderjährigen
Schülern oder Zöglingen;

2. von Beamten5 mit Personen, gegen welche sie eine
Untersuchung zu führen haben oder welche ihrer Obhut an-
vertraut sind;

3. von Beamten, Aerzten oder anderen Medi-
zinalpersonen
, welche in Gefängnissen oder in öffentlichen,
zur Pflege von Kranken, Armen oder anderen Hülflosen be-
stimmten Anstalten beschäftigt oder angestellt sind, mit den in
das Gefängnis oder die Anstalt aufgenommenen Personen.

Strafe: Zuchthaus bis zu 5 Jahren, bei mildernden
Umständen Gefängnis nicht unter 6 Monaten.

IV. Nötigung zur Unzucht und gleichgestellte Fälle
(StGB. §. 176):

4 [Spaltenumbruch] Begriff oben S. 370. Vgl.
auch RGR. 23. April 1880, E I
395, R I
652; 24. April 1880,
R I 662; 20. 9. 80, R II 220.
Wenn leibliche Eltern mit ihren
Kindern einfach unzüchtige Hand-[Spaltenumbruch] lungen vornehmen, so können
sie weder nach §. 173 noch nach
§. 174 gestraft werden.
5 [Spaltenumbruch] Nicht im technisch-juristischen
Sinne; vgl. unten §. 92 I 2.
Drittes Buch. Delikte gegen „uneigentliche“ Rechtsgüter.

II. Die widernatürliche Unzucht (StGB. §. 175),
d. h. Beiſchlaf oder beiſchlafsähnliche Handlungen4 zwiſchen
Perſonen desſelben Geſchlechtes oder von Menſchen mit Tieren
vorgenommen.

Strafe: Gefängnis mit fakultativem Verluſt der Ehren-
rechte.

III. Unzucht mit Verletzung eines beſonderen
Vertrauens- oder Gewaltverhältniſſes
(StGB.
§. 174); nämlich Vornahme unzüchtiger Handlungen (Begriff
oben S. 370):

1. von Vormündern mit ihren Pflegebefohlenen,
Adoptiv- und Pflegeeltern mit ihren Kindern, Geiſt-
lichen, Lehrern, Erziehern
mit ihren minderjährigen
Schülern oder Zöglingen;

2. von Beamten5 mit Perſonen, gegen welche ſie eine
Unterſuchung zu führen haben oder welche ihrer Obhut an-
vertraut ſind;

3. von Beamten, Aerzten oder anderen Medi-
zinalperſonen
, welche in Gefängniſſen oder in öffentlichen,
zur Pflege von Kranken, Armen oder anderen Hülfloſen be-
ſtimmten Anſtalten beſchäftigt oder angeſtellt ſind, mit den in
das Gefängnis oder die Anſtalt aufgenommenen Perſonen.

Strafe: Zuchthaus bis zu 5 Jahren, bei mildernden
Umſtänden Gefängnis nicht unter 6 Monaten.

IV. Nötigung zur Unzucht und gleichgeſtellte Fälle
(StGB. §. 176):

4 [Spaltenumbruch] Begriff oben S. 370. Vgl.
auch RGR. 23. April 1880, E I
395, R I
652; 24. April 1880,
R I 662; 20. 9. 80, R II 220.
Wenn leibliche Eltern mit ihren
Kindern einfach unzüchtige Hand-[Spaltenumbruch] lungen vornehmen, ſo können
ſie weder nach §. 173 noch nach
§. 174 geſtraft werden.
5 [Spaltenumbruch] Nicht im techniſch-juriſtiſchen
Sinne; vgl. unten §. 92 I 2.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0398" n="372"/>
              <fw place="top" type="header">Drittes Buch. Delikte gegen &#x201E;uneigentliche&#x201C; Rechtsgüter.</fw><lb/>
              <p><hi rendition="#aq">II.</hi> Die <hi rendition="#g">widernatürliche Unzucht</hi> (StGB. §. 175),<lb/>
d. h. Bei&#x017F;chlaf oder bei&#x017F;chlafsähnliche Handlungen<note place="foot" n="4"><cb/>
Begriff oben S. 370. Vgl.<lb/>
auch RGR. 23. April 1880, <hi rendition="#aq">E I<lb/>
395, R I</hi> 652; 24. April 1880,<lb/><hi rendition="#aq">R I 662; 20. 9. 80, R II</hi> 220.<lb/>
Wenn leibliche Eltern mit ihren<lb/>
Kindern einfach unzüchtige Hand-<cb/>
lungen vornehmen, &#x017F;o können<lb/>
&#x017F;ie weder nach §. 173 noch nach<lb/>
§. 174 ge&#x017F;traft werden.</note> zwi&#x017F;chen<lb/>
Per&#x017F;onen des&#x017F;elben Ge&#x017F;chlechtes oder von Men&#x017F;chen mit Tieren<lb/>
vorgenommen.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#g">Strafe</hi>: Gefängnis mit fakultativem Verlu&#x017F;t der Ehren-<lb/>
rechte.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#aq">III.</hi> Unzucht <hi rendition="#g">mit Verletzung eines be&#x017F;onderen<lb/>
Vertrauens- oder Gewaltverhältni&#x017F;&#x017F;es</hi> (StGB.<lb/>
§. 174); nämlich Vornahme unzüchtiger Handlungen (Begriff<lb/>
oben S. 370):</p><lb/>
              <p>1. von <hi rendition="#g">Vormündern</hi> mit ihren Pflegebefohlenen,<lb/><hi rendition="#g">Adoptiv- und Pflegeeltern</hi> mit ihren Kindern, <hi rendition="#g">Gei&#x017F;t-<lb/>
lichen, Lehrern, Erziehern</hi> mit ihren minderjährigen<lb/>
Schülern oder Zöglingen;</p><lb/>
              <p>2. von <hi rendition="#g">Beamten</hi><note place="foot" n="5"><cb/>
Nicht im techni&#x017F;ch-juri&#x017F;ti&#x017F;chen<lb/>
Sinne; vgl. unten §. 92 <hi rendition="#aq">I</hi> 2.</note> mit Per&#x017F;onen, gegen welche &#x017F;ie eine<lb/>
Unter&#x017F;uchung zu führen haben oder welche ihrer Obhut an-<lb/>
vertraut &#x017F;ind;</p><lb/>
              <p>3. von <hi rendition="#g">Beamten, Aerzten oder anderen Medi-<lb/>
zinalper&#x017F;onen</hi>, welche in Gefängni&#x017F;&#x017F;en oder in öffentlichen,<lb/>
zur Pflege von Kranken, Armen oder anderen Hülflo&#x017F;en be-<lb/>
&#x017F;timmten An&#x017F;talten be&#x017F;chäftigt oder ange&#x017F;tellt &#x017F;ind, mit den in<lb/>
das Gefängnis oder die An&#x017F;talt aufgenommenen Per&#x017F;onen.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#g">Strafe</hi>: Zuchthaus bis zu 5 Jahren, bei mildernden<lb/>
Um&#x017F;tänden Gefängnis nicht unter 6 Monaten.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#aq">IV.</hi><hi rendition="#g">Nötigung zur Unzucht</hi> und gleichge&#x017F;tellte Fälle<lb/>
(StGB. §. 176):</p><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[372/0398] Drittes Buch. Delikte gegen „uneigentliche“ Rechtsgüter. II. Die widernatürliche Unzucht (StGB. §. 175), d. h. Beiſchlaf oder beiſchlafsähnliche Handlungen 4 zwiſchen Perſonen desſelben Geſchlechtes oder von Menſchen mit Tieren vorgenommen. Strafe: Gefängnis mit fakultativem Verluſt der Ehren- rechte. III. Unzucht mit Verletzung eines beſonderen Vertrauens- oder Gewaltverhältniſſes (StGB. §. 174); nämlich Vornahme unzüchtiger Handlungen (Begriff oben S. 370): 1. von Vormündern mit ihren Pflegebefohlenen, Adoptiv- und Pflegeeltern mit ihren Kindern, Geiſt- lichen, Lehrern, Erziehern mit ihren minderjährigen Schülern oder Zöglingen; 2. von Beamten 5 mit Perſonen, gegen welche ſie eine Unterſuchung zu führen haben oder welche ihrer Obhut an- vertraut ſind; 3. von Beamten, Aerzten oder anderen Medi- zinalperſonen, welche in Gefängniſſen oder in öffentlichen, zur Pflege von Kranken, Armen oder anderen Hülfloſen be- ſtimmten Anſtalten beſchäftigt oder angeſtellt ſind, mit den in das Gefängnis oder die Anſtalt aufgenommenen Perſonen. Strafe: Zuchthaus bis zu 5 Jahren, bei mildernden Umſtänden Gefängnis nicht unter 6 Monaten. IV. Nötigung zur Unzucht und gleichgeſtellte Fälle (StGB. §. 176): 4 Begriff oben S. 370. Vgl. auch RGR. 23. April 1880, E I 395, R I 652; 24. April 1880, R I 662; 20. 9. 80, R II 220. Wenn leibliche Eltern mit ihren Kindern einfach unzüchtige Hand- lungen vornehmen, ſo können ſie weder nach §. 173 noch nach §. 174 geſtraft werden. 5 Nicht im techniſch-juriſtiſchen Sinne; vgl. unten §. 92 I 2.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/398
Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/398>, abgerufen am 21.11.2024.