strafbare Handlungen nach den allgemeinen Strafgesetzen beurteilt werden (MilitärStGB. §. 3, StGB. §. 10).
§. 16. Friedensrecht und Kriegsrecht.
I. Die Strafrechtssätze, die als allgemeine im Sinne des vorigen Paragraphen den Gegenstand unserer Darstellung bilden, erleiden zum Teil gewisse Modifikationen durch die Herrschaft des Kriegsrechtes (EG. §. 4).
Die Modifikationen bestehen darin, daß an Stelle der für gewisse Fälle des Hoch- und Landesverrates sowie für einzelne gemeingefährliche Delikte in den §§. 81, 88, 90, 307, 311, 312, 315, 322, 323, 324 StGB. angedrohten Strafe des lebenslänglichen Zuchthauses die Todesstrafe tritt.
Die Voraussetzung dieser Veränderung der Strafdrohung ist gegeben, wenn entweder
1. die genannten Handlungen in einem Teile des Bundesgebietes begangen werden, welchen der Kaiser nach Art. 68 der Reichsverfassung -- also vorläufig noch nach den Vorschriften des Preußischen Gesetzes vom 4. Juni 1851 -- in Kriegszustand erklärt hat; oder
2. wenn sie während eines gegen das deutsche Reich aus- gebrochenen Krieges auf dem Kriegsschauplatze begangen werden.
Für Baiern hat der besprochene §. 4 EG. nach §. 7 Abs. 2 des Gesetzes vom 22. April 1871 "bis auf Weiteres" keine Geltung.
II. Ferner bestimmt das MilitärStGB. vom 20. Juni 1872 §. 160, daß die auf dem Kriegsschauplatze, auch von
Einleitung. II. Das Strafgeſetz.
ſtrafbare Handlungen nach den allgemeinen Strafgeſetzen beurteilt werden (MilitärStGB. §. 3, StGB. §. 10).
§. 16. Friedensrecht und Kriegsrecht.
I. Die Strafrechtsſätze, die als allgemeine im Sinne des vorigen Paragraphen den Gegenſtand unſerer Darſtellung bilden, erleiden zum Teil gewiſſe Modifikationen durch die Herrſchaft des Kriegsrechtes (EG. §. 4).
Die Modifikationen beſtehen darin, daß an Stelle der für gewiſſe Fälle des Hoch- und Landesverrates ſowie für einzelne gemeingefährliche Delikte in den §§. 81, 88, 90, 307, 311, 312, 315, 322, 323, 324 StGB. angedrohten Strafe des lebenslänglichen Zuchthauſes die Todesſtrafe tritt.
Die Vorausſetzung dieſer Veränderung der Strafdrohung iſt gegeben, wenn entweder
1. die genannten Handlungen in einem Teile des Bundesgebietes begangen werden, welchen der Kaiſer nach Art. 68 der Reichsverfaſſung — alſo vorläufig noch nach den Vorſchriften des Preußiſchen Geſetzes vom 4. Juni 1851 — in Kriegszuſtand erklärt hat; oder
2. wenn ſie während eines gegen das deutſche Reich aus- gebrochenen Krieges auf dem Kriegsſchauplatze begangen werden.
Für Baiern hat der beſprochene §. 4 EG. nach §. 7 Abſ. 2 des Geſetzes vom 22. April 1871 „bis auf Weiteres“ keine Geltung.
II. Ferner beſtimmt das MilitärStGB. vom 20. Juni 1872 §. 160, daß die auf dem Kriegsſchauplatze, auch von
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Einleitung. II. Das Strafgeſetz.
ſtrafbare Handlungen nach den allgemeinen Strafgeſetzen
beurteilt werden (MilitärStGB. §. 3, StGB. §. 10).
§. 16.
Friedensrecht und Kriegsrecht.
I. Die Strafrechtsſätze, die als allgemeine im Sinne
des vorigen Paragraphen den Gegenſtand unſerer Darſtellung
bilden, erleiden zum Teil gewiſſe Modifikationen durch die
Herrſchaft des Kriegsrechtes (EG. §. 4).
Die Modifikationen beſtehen darin, daß an Stelle der
für gewiſſe Fälle des Hoch- und Landesverrates ſowie für
einzelne gemeingefährliche Delikte in den §§. 81, 88, 90,
307, 311, 312, 315, 322, 323, 324 StGB. angedrohten
Strafe des lebenslänglichen Zuchthauſes die Todesſtrafe
tritt.
Die Vorausſetzung dieſer Veränderung der Strafdrohung
iſt gegeben, wenn entweder
1. die genannten Handlungen in einem Teile des
Bundesgebietes begangen werden, welchen der Kaiſer
nach Art. 68 der Reichsverfaſſung — alſo vorläufig noch
nach den Vorſchriften des Preußiſchen Geſetzes vom 4. Juni
1851 — in Kriegszuſtand erklärt hat; oder
2. wenn ſie während eines gegen das deutſche Reich aus-
gebrochenen Krieges auf dem Kriegsſchauplatze begangen
werden.
Für Baiern hat der beſprochene §. 4 EG. nach §. 7
Abſ. 2 des Geſetzes vom 22. April 1871 „bis auf Weiteres“
keine Geltung.
II. Ferner beſtimmt das MilitärStGB. vom 20. Juni
1872 §. 160, daß die auf dem Kriegsſchauplatze, auch von
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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/88>, abgerufen am 24.11.2024.
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