Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835.Uranus. begünstigten Leute bald durch Schönheit und Liebenswürdigkeit,bald durch männlichen Muth und hohen Verstand ausgezeichnet werden. Auch im Merkur war es noch erträglich, nur ging es ihm daselbst zu lebhaft und quecksilberartig zu, aus Ursache, weil die in seinem Zeichen Geborenen mit Leichtsinn und schalkhaftem Wesen begabt zu seyn pflegen. Ganz anders war sein Empfang auf dem Mars, dem rauhen Kriegsgotte, wo er alles fürchterlich und ab- schreckend sah, wo große Ströme von flammendem Pech sich über ihre Ufer ergossen und ganze Länder in dichten, erstickenden Rauch hüllten. Noch schlechter aber war es auf Saturn, der ihm als ein weites, einsames, finsteres Grab erschien, von dem nichts als Unheil zu erwarten war, daher er sich denn auch so geschwinde als möglich wieder von ihm zu entfernen suchte. Man weiß nämlich, wie übel die zwei letzten Planeten bei den Astrologen angeschrieben waren, daher sich auch hier nichts Gutes von ihnen sagen ließ. Da diese kurzen Besuche nicht hinreichten, unsern Reisenden vollständig zu unterrichten, so wendet er sich noch mit einigen nachträglichen Fra- gen an seinen Genius, der ihm dann erzählt, daß das Firmament keineswegs von Krystall sey, wie Kircher mit vielen Andern bisher glaubte, sondern daß es eine Art von Wasser, ein großer Ocean wäre, in welchem die Sonne, die Planeten und die Fixsterne, wie Fische, herum schwimmen, daß aber die Bewegungen dieser Fische von eigenen Genien geleitet würden, die denselben mit einem Stabe ihre Bahn im Wasser vorzeichnen, daß übrigens dieses Wasser, so wie das, welches die Bäche der Planeten bildet, kein gewöhnliches, sondern ein ganz anders beschaffenes Wasser sey, daher auch mit demselben ein Jude oder Heide nicht gültig getauft werden könne, und was dergleichen Dinge mehr sind, die ich weiter zu erzählen Anstand nehmen muß, da sie in der That nicht bloß für einen Genius, sondern selbst für einen solchen Schüler eines Genius gar zu albern sind, um weiter bei ihnen verweilen zu können. §. 125. (Fontenelle's Ansichten von den Bewohnern der Pla- Uranus. begünſtigten Leute bald durch Schönheit und Liebenswürdigkeit,bald durch männlichen Muth und hohen Verſtand ausgezeichnet werden. Auch im Merkur war es noch erträglich, nur ging es ihm daſelbſt zu lebhaft und queckſilberartig zu, aus Urſache, weil die in ſeinem Zeichen Geborenen mit Leichtſinn und ſchalkhaftem Weſen begabt zu ſeyn pflegen. Ganz anders war ſein Empfang auf dem Mars, dem rauhen Kriegsgotte, wo er alles fürchterlich und ab- ſchreckend ſah, wo große Ströme von flammendem Pech ſich über ihre Ufer ergoſſen und ganze Länder in dichten, erſtickenden Rauch hüllten. Noch ſchlechter aber war es auf Saturn, der ihm als ein weites, einſames, finſteres Grab erſchien, von dem nichts als Unheil zu erwarten war, daher er ſich denn auch ſo geſchwinde als möglich wieder von ihm zu entfernen ſuchte. Man weiß nämlich, wie übel die zwei letzten Planeten bei den Aſtrologen angeſchrieben waren, daher ſich auch hier nichts Gutes von ihnen ſagen ließ. Da dieſe kurzen Beſuche nicht hinreichten, unſern Reiſenden vollſtändig zu unterrichten, ſo wendet er ſich noch mit einigen nachträglichen Fra- gen an ſeinen Genius, der ihm dann erzählt, daß das Firmament keineswegs von Kryſtall ſey, wie Kircher mit vielen Andern bisher glaubte, ſondern daß es eine Art von Waſſer, ein großer Ocean wäre, in welchem die Sonne, die Planeten und die Fixſterne, wie Fiſche, herum ſchwimmen, daß aber die Bewegungen dieſer Fiſche von eigenen Genien geleitet würden, die denſelben mit einem Stabe ihre Bahn im Waſſer vorzeichnen, daß übrigens dieſes Waſſer, ſo wie das, welches die Bäche der Planeten bildet, kein gewöhnliches, ſondern ein ganz anders beſchaffenes Waſſer ſey, daher auch mit demſelben ein Jude oder Heide nicht gültig getauft werden könne, und was dergleichen Dinge mehr ſind, die ich weiter zu erzählen Anſtand nehmen muß, da ſie in der That nicht bloß für einen Genius, ſondern ſelbſt für einen ſolchen Schüler eines Genius gar zu albern ſind, um weiter bei ihnen verweilen zu können. §. 125. (Fontenelle’s Anſichten von den Bewohnern der Pla- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0177" n="167"/><fw place="top" type="header">Uranus.</fw><lb/> begünſtigten Leute bald durch Schönheit und Liebenswürdigkeit,<lb/> bald durch männlichen Muth und hohen Verſtand ausgezeichnet<lb/> werden. Auch im Merkur war es noch erträglich, nur ging es<lb/> ihm daſelbſt zu lebhaft und queckſilberartig zu, aus Urſache, weil die<lb/> in ſeinem Zeichen Geborenen mit Leichtſinn und ſchalkhaftem Weſen<lb/> begabt zu ſeyn pflegen. Ganz anders war ſein Empfang auf dem<lb/> Mars, dem rauhen Kriegsgotte, wo er alles fürchterlich und ab-<lb/> ſchreckend ſah, wo große Ströme von flammendem Pech ſich über<lb/> ihre Ufer ergoſſen und ganze Länder in dichten, erſtickenden Rauch<lb/> hüllten. 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Uranus.
begünſtigten Leute bald durch Schönheit und Liebenswürdigkeit,
bald durch männlichen Muth und hohen Verſtand ausgezeichnet
werden. Auch im Merkur war es noch erträglich, nur ging es
ihm daſelbſt zu lebhaft und queckſilberartig zu, aus Urſache, weil die
in ſeinem Zeichen Geborenen mit Leichtſinn und ſchalkhaftem Weſen
begabt zu ſeyn pflegen. Ganz anders war ſein Empfang auf dem
Mars, dem rauhen Kriegsgotte, wo er alles fürchterlich und ab-
ſchreckend ſah, wo große Ströme von flammendem Pech ſich über
ihre Ufer ergoſſen und ganze Länder in dichten, erſtickenden Rauch
hüllten. Noch ſchlechter aber war es auf Saturn, der ihm als
ein weites, einſames, finſteres Grab erſchien, von dem nichts als
Unheil zu erwarten war, daher er ſich denn auch ſo geſchwinde als
möglich wieder von ihm zu entfernen ſuchte. Man weiß nämlich, wie
übel die zwei letzten Planeten bei den Aſtrologen angeſchrieben waren,
daher ſich auch hier nichts Gutes von ihnen ſagen ließ. Da dieſe
kurzen Beſuche nicht hinreichten, unſern Reiſenden vollſtändig zu
unterrichten, ſo wendet er ſich noch mit einigen nachträglichen Fra-
gen an ſeinen Genius, der ihm dann erzählt, daß das Firmament
keineswegs von Kryſtall ſey, wie Kircher mit vielen Andern bisher
glaubte, ſondern daß es eine Art von Waſſer, ein großer Ocean
wäre, in welchem die Sonne, die Planeten und die Fixſterne, wie
Fiſche, herum ſchwimmen, daß aber die Bewegungen dieſer Fiſche
von eigenen Genien geleitet würden, die denſelben mit einem
Stabe ihre Bahn im Waſſer vorzeichnen, daß übrigens dieſes
Waſſer, ſo wie das, welches die Bäche der Planeten bildet, kein
gewöhnliches, ſondern ein ganz anders beſchaffenes Waſſer ſey,
daher auch mit demſelben ein Jude oder Heide nicht gültig getauft
werden könne, und was dergleichen Dinge mehr ſind, die ich weiter
zu erzählen Anſtand nehmen muß, da ſie in der That nicht bloß
für einen Genius, ſondern ſelbſt für einen ſolchen Schüler eines
Genius gar zu albern ſind, um weiter bei ihnen verweilen zu
können.
§. 125. (Fontenelle’s Anſichten von den Bewohnern der Pla-
neten.) Hören wir dafür noch, auf welche Weiſe Fontenelle dieſen
Gegenſtand in ſeinen bekannten Dialogen über die Mehrheit der
Welten behandelt. — Auf dem Merkur, ſagt er, iſt die Hitze ſo
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