so scheinen sie doch die Aufmerksamkeit der Naturforscher in hohem Grade zu verdienen.
§. 12. (Geschwindigkeit und Feinheit des Sonnenlichts.) Die Fortsetzung des Lichts scheint durch seine Expansivkraft, oder durch eine sehr starke und schnell wirkende Abstoßungskraft der leuchten- den Körper hervorgebracht zu werden. Diese Kraft muß ungemein groß seyn, da sich das Licht mit einer außerordentlichen Schnel- ligkeit fortpflanzt. Es legt in einer Secunde 41,900 d. Meilen, also in einem Tage über 3,620 Millionen, und in einem Jahre von 3651/4 Tagen über 1,322,263 Millionen Meilen zurück, so daß es von der Sonne bis zur Erde, wenn diese in ihrer mitt- leren Entfernung von der Sonne ist, in 8 Min. 13,22 Secunden gelangt. Dieß ist die größte Geschwindigkeit, die wir bisher ken- nen gelernt haben. Nur die Fortpflanzung der Schwere scheint noch unvergleichbar geschwinder vor sich zu gehen, und die Zeit, welche z. B. die Attraction der Sonne braucht, bis zur Erde zu gelangen, muß, wie die Rechnung zeigt, noch viele Millionen- male kürzer seyn, als diejenige, die das Licht anwendet, densel- ben Weg zurückzulegen. -- Da aber die Wirkung, welche ein Körper durch seine Bewegung auf andere Körper hervorbringt, das Product seiner Masse in seine Geschwindigkeit ist, so müßte das so ungemein schnell bewegte Licht einen sehr schmerzhaften Eindruck auf unser Auge machen, wenn die Masse, die Fein- heit der einzelnen Lichttheilchen nicht noch viel erstaunenswerther wäre, als die Geschwindigkeit derselben. Wegen dieser außeror- dentlich geringen Masse hat man auch das Licht bisher zu den Imponderabilien (den unwägbaren Substanzen) gezählt. Wahr- scheinlich sind die einzelnen Elemente, aus welchen jeder Licht- strahl besteht, sehr weit von einander entfernt, weil es sonst nicht zu erklären wäre, wie man selbst durch die kleinste Oeffnung eines vor dem Auge gehaltenen Blattes eine ganze Gegend übersehen kann, da doch von jedem einzelnen Punkte der Gegend Strahlen durch diese Oeffnung gehen müssen, ohne sich zu stören. Da der Eindruck des Lichtes im Auge, nach den darüber angestellten Be- obachtungen, nicht unter ein und nicht über drei Zehntheile einer Secunde dauert, so kann ein Lichttheilchen von dem andern über 4000 Meilen entfernt seyn, ohne daß darum der soge-
Die Sonne.
ſo ſcheinen ſie doch die Aufmerkſamkeit der Naturforſcher in hohem Grade zu verdienen.
§. 12. (Geſchwindigkeit und Feinheit des Sonnenlichts.) Die Fortſetzung des Lichts ſcheint durch ſeine Expanſivkraft, oder durch eine ſehr ſtarke und ſchnell wirkende Abſtoßungskraft der leuchten- den Körper hervorgebracht zu werden. Dieſe Kraft muß ungemein groß ſeyn, da ſich das Licht mit einer außerordentlichen Schnel- ligkeit fortpflanzt. Es legt in einer Secunde 41,900 d. Meilen, alſo in einem Tage über 3,620 Millionen, und in einem Jahre von 365¼ Tagen über 1,322,263 Millionen Meilen zurück, ſo daß es von der Sonne bis zur Erde, wenn dieſe in ihrer mitt- leren Entfernung von der Sonne iſt, in 8 Min. 13,22 Secunden gelangt. Dieß iſt die größte Geſchwindigkeit, die wir bisher ken- nen gelernt haben. Nur die Fortpflanzung der Schwere ſcheint noch unvergleichbar geſchwinder vor ſich zu gehen, und die Zeit, welche z. B. die Attraction der Sonne braucht, bis zur Erde zu gelangen, muß, wie die Rechnung zeigt, noch viele Millionen- male kürzer ſeyn, als diejenige, die das Licht anwendet, denſel- ben Weg zurückzulegen. — Da aber die Wirkung, welche ein Körper durch ſeine Bewegung auf andere Körper hervorbringt, das Product ſeiner Maſſe in ſeine Geſchwindigkeit iſt, ſo müßte das ſo ungemein ſchnell bewegte Licht einen ſehr ſchmerzhaften Eindruck auf unſer Auge machen, wenn die Maſſe, die Fein- heit der einzelnen Lichttheilchen nicht noch viel erſtaunenswerther wäre, als die Geſchwindigkeit derſelben. Wegen dieſer außeror- dentlich geringen Maſſe hat man auch das Licht bisher zu den Imponderabilien (den unwägbaren Subſtanzen) gezählt. Wahr- ſcheinlich ſind die einzelnen Elemente, aus welchen jeder Licht- ſtrahl beſteht, ſehr weit von einander entfernt, weil es ſonſt nicht zu erklären wäre, wie man ſelbſt durch die kleinſte Oeffnung eines vor dem Auge gehaltenen Blattes eine ganze Gegend überſehen kann, da doch von jedem einzelnen Punkte der Gegend Strahlen durch dieſe Oeffnung gehen müſſen, ohne ſich zu ſtören. Da der Eindruck des Lichtes im Auge, nach den darüber angeſtellten Be- obachtungen, nicht unter ein und nicht über drei Zehntheile einer Secunde dauert, ſo kann ein Lichttheilchen von dem andern über 4000 Meilen entfernt ſeyn, ohne daß darum der ſoge-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0024"n="14"/><fwplace="top"type="header">Die Sonne.</fw><lb/>ſo ſcheinen ſie doch die Aufmerkſamkeit der Naturforſcher in hohem<lb/>
Grade zu verdienen.</p><lb/><p>§. 12. (Geſchwindigkeit und Feinheit des Sonnenlichts.) Die<lb/>
Fortſetzung des Lichts ſcheint durch ſeine Expanſivkraft, oder durch<lb/>
eine ſehr ſtarke und ſchnell wirkende Abſtoßungskraft der leuchten-<lb/>
den Körper hervorgebracht zu werden. Dieſe Kraft muß ungemein<lb/>
groß ſeyn, da ſich das Licht mit einer außerordentlichen Schnel-<lb/>
ligkeit fortpflanzt. Es legt in einer Secunde 41,900 d. Meilen,<lb/>
alſo in einem Tage über 3,620 Millionen, und in einem Jahre<lb/>
von 365¼ Tagen über 1,322,263 Millionen Meilen zurück, ſo<lb/>
daß es von der Sonne bis zur Erde, wenn dieſe in ihrer mitt-<lb/>
leren Entfernung von der Sonne iſt, in 8 Min. 13,<hirendition="#sub">22</hi> Secunden<lb/>
gelangt. Dieß iſt die größte Geſchwindigkeit, die wir bisher ken-<lb/>
nen gelernt haben. Nur die Fortpflanzung der Schwere ſcheint<lb/>
noch unvergleichbar geſchwinder vor ſich zu gehen, und die Zeit,<lb/>
welche z. B. die Attraction der Sonne braucht, bis zur Erde zu<lb/>
gelangen, muß, wie die Rechnung zeigt, noch viele Millionen-<lb/>
male kürzer ſeyn, als diejenige, die das Licht anwendet, denſel-<lb/>
ben Weg zurückzulegen. — Da aber die Wirkung, welche ein<lb/>
Körper durch ſeine Bewegung auf andere Körper hervorbringt,<lb/>
das Product ſeiner Maſſe in ſeine Geſchwindigkeit iſt, ſo müßte<lb/>
das ſo ungemein ſchnell bewegte Licht einen ſehr ſchmerzhaften<lb/>
Eindruck auf unſer Auge machen, wenn die Maſſe, die Fein-<lb/>
heit der einzelnen Lichttheilchen nicht noch viel erſtaunenswerther<lb/>
wäre, als die Geſchwindigkeit derſelben. Wegen dieſer außeror-<lb/>
dentlich geringen Maſſe hat man auch das Licht bisher zu den<lb/>
Imponderabilien (den unwägbaren Subſtanzen) gezählt. Wahr-<lb/>ſcheinlich ſind die einzelnen Elemente, aus welchen jeder Licht-<lb/>ſtrahl beſteht, ſehr weit von einander entfernt, weil es ſonſt nicht<lb/>
zu erklären wäre, wie man ſelbſt durch die kleinſte Oeffnung eines<lb/>
vor dem Auge gehaltenen Blattes eine ganze Gegend überſehen<lb/>
kann, da doch von jedem einzelnen Punkte der Gegend Strahlen<lb/>
durch dieſe Oeffnung gehen müſſen, ohne ſich zu ſtören. Da der<lb/>
Eindruck des Lichtes im Auge, nach den darüber angeſtellten Be-<lb/>
obachtungen, nicht unter ein und nicht über drei Zehntheile einer<lb/>
Secunde dauert, ſo kann ein Lichttheilchen von dem andern<lb/>
über 4000 Meilen entfernt ſeyn, ohne daß darum der ſoge-<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[14/0024]
Die Sonne.
ſo ſcheinen ſie doch die Aufmerkſamkeit der Naturforſcher in hohem
Grade zu verdienen.
§. 12. (Geſchwindigkeit und Feinheit des Sonnenlichts.) Die
Fortſetzung des Lichts ſcheint durch ſeine Expanſivkraft, oder durch
eine ſehr ſtarke und ſchnell wirkende Abſtoßungskraft der leuchten-
den Körper hervorgebracht zu werden. Dieſe Kraft muß ungemein
groß ſeyn, da ſich das Licht mit einer außerordentlichen Schnel-
ligkeit fortpflanzt. Es legt in einer Secunde 41,900 d. Meilen,
alſo in einem Tage über 3,620 Millionen, und in einem Jahre
von 365¼ Tagen über 1,322,263 Millionen Meilen zurück, ſo
daß es von der Sonne bis zur Erde, wenn dieſe in ihrer mitt-
leren Entfernung von der Sonne iſt, in 8 Min. 13,22 Secunden
gelangt. Dieß iſt die größte Geſchwindigkeit, die wir bisher ken-
nen gelernt haben. Nur die Fortpflanzung der Schwere ſcheint
noch unvergleichbar geſchwinder vor ſich zu gehen, und die Zeit,
welche z. B. die Attraction der Sonne braucht, bis zur Erde zu
gelangen, muß, wie die Rechnung zeigt, noch viele Millionen-
male kürzer ſeyn, als diejenige, die das Licht anwendet, denſel-
ben Weg zurückzulegen. — Da aber die Wirkung, welche ein
Körper durch ſeine Bewegung auf andere Körper hervorbringt,
das Product ſeiner Maſſe in ſeine Geſchwindigkeit iſt, ſo müßte
das ſo ungemein ſchnell bewegte Licht einen ſehr ſchmerzhaften
Eindruck auf unſer Auge machen, wenn die Maſſe, die Fein-
heit der einzelnen Lichttheilchen nicht noch viel erſtaunenswerther
wäre, als die Geſchwindigkeit derſelben. Wegen dieſer außeror-
dentlich geringen Maſſe hat man auch das Licht bisher zu den
Imponderabilien (den unwägbaren Subſtanzen) gezählt. Wahr-
ſcheinlich ſind die einzelnen Elemente, aus welchen jeder Licht-
ſtrahl beſteht, ſehr weit von einander entfernt, weil es ſonſt nicht
zu erklären wäre, wie man ſelbſt durch die kleinſte Oeffnung eines
vor dem Auge gehaltenen Blattes eine ganze Gegend überſehen
kann, da doch von jedem einzelnen Punkte der Gegend Strahlen
durch dieſe Oeffnung gehen müſſen, ohne ſich zu ſtören. Da der
Eindruck des Lichtes im Auge, nach den darüber angeſtellten Be-
obachtungen, nicht unter ein und nicht über drei Zehntheile einer
Secunde dauert, ſo kann ein Lichttheilchen von dem andern
über 4000 Meilen entfernt ſeyn, ohne daß darum der ſoge-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/24>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.