Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

Kometen.
vorbringen würde. Wir werden bald noch andere Himmelskörper
kennen lernen, die uns ebenfalls nur als ungemein ausgebreitete
Nebelgebilde erscheinen, und die sich in noch viel entfernteren
Räumen, als die Kometen, bewegen und die vielleicht nur Con-
glomerationen von einer das Weltall erfüllenden, äußerst feinen,
durchsichtigen und elastischen Masse, des Aethers, sind. Die
Kometen mögen diesen Aether, wo sie dichteren Schichten desselben
begegnen, an sich ziehen, und wenn sie sich später der Sonne wie-
der nähern, entfernt sich vielleicht diese fremde Masse, welche
die starke Annäherung zur Sonne nicht ertragen kann, wieder von
dem Kometen und hängt anfangs nur mehr in der Gestalt eines
Schweifes mit ihm zusammen, bis sie sich endlich ganz von ihm
trennt. Bei dieser Hypothese könnten die Kometen im Allgemei-
nen gar wohl beständige Körper seyn, deren eigentlicher Körper
unzerstört bleibt, während bloß die mit ihnen zufällig vereinigten
fremdartigen Stoffe von jenen Veränderungen getroffen würden
und vielleicht ließe sich daraus zugleich erklären, warum die Ge-
stalten dieser Körper, bei ihren verschiedenen Erscheinungen, so sel-
ten dieselben sind.

Nach unseren bisherigen Erfahrungen sind zwar alle Körper
des Himmels und der Erde gegen einander schwer, d. h. sie zie-
hen sich gegenseitig an. Aber es wäre doch auch möglich, daß
einige, daß selbst viele dieser Körper, die wir bisher noch nicht
untersucht haben, davon eine Ausnahme machen. Wissen wir doch
noch immer nicht, ob der Licht- oder Wärme-Stoff eine Schwere
habe oder nicht. Wenn dieß bei dem Lichtstoffe der Fall wäre,
so müßte er sich, seit so vielen Jahrtausenden, schon längst um
die Planeten angehäuft haben, wovon wir aber auch nicht die ge-
ringste Spur entdecken können. Und wenn es sonach in der That
Körper ohne Schwere geben könnte, was hindert uns, noch einen
Schritt weiter zu gehen und selbst Körper mit negativer Schwere,
d. h. solche anzunehmen, welche die andern Körper nicht nur nicht
anziehen, sondern sie von sich abstoßen. Die Chemie hat uns bereits
solche Eigenschaften der einzelnen Theile der Körper in Menge kennen
gelehrt. Wenn also die Sonne gegen den Kern des Kometen eine
positive Schwere hat, so wird daraus die elliptische Bewegung der

Kometen.
vorbringen würde. Wir werden bald noch andere Himmelskörper
kennen lernen, die uns ebenfalls nur als ungemein ausgebreitete
Nebelgebilde erſcheinen, und die ſich in noch viel entfernteren
Räumen, als die Kometen, bewegen und die vielleicht nur Con-
glomerationen von einer das Weltall erfüllenden, äußerſt feinen,
durchſichtigen und elaſtiſchen Maſſe, des Aethers, ſind. Die
Kometen mögen dieſen Aether, wo ſie dichteren Schichten deſſelben
begegnen, an ſich ziehen, und wenn ſie ſich ſpäter der Sonne wie-
der nähern, entfernt ſich vielleicht dieſe fremde Maſſe, welche
die ſtarke Annäherung zur Sonne nicht ertragen kann, wieder von
dem Kometen und hängt anfangs nur mehr in der Geſtalt eines
Schweifes mit ihm zuſammen, bis ſie ſich endlich ganz von ihm
trennt. Bei dieſer Hypotheſe könnten die Kometen im Allgemei-
nen gar wohl beſtändige Körper ſeyn, deren eigentlicher Körper
unzerſtört bleibt, während bloß die mit ihnen zufällig vereinigten
fremdartigen Stoffe von jenen Veränderungen getroffen würden
und vielleicht ließe ſich daraus zugleich erklären, warum die Ge-
ſtalten dieſer Körper, bei ihren verſchiedenen Erſcheinungen, ſo ſel-
ten dieſelben ſind.

Nach unſeren bisherigen Erfahrungen ſind zwar alle Körper
des Himmels und der Erde gegen einander ſchwer, d. h. ſie zie-
hen ſich gegenſeitig an. Aber es wäre doch auch möglich, daß
einige, daß ſelbſt viele dieſer Körper, die wir bisher noch nicht
unterſucht haben, davon eine Ausnahme machen. Wiſſen wir doch
noch immer nicht, ob der Licht- oder Wärme-Stoff eine Schwere
habe oder nicht. Wenn dieß bei dem Lichtſtoffe der Fall wäre,
ſo müßte er ſich, ſeit ſo vielen Jahrtauſenden, ſchon längſt um
die Planeten angehäuft haben, wovon wir aber auch nicht die ge-
ringſte Spur entdecken können. Und wenn es ſonach in der That
Körper ohne Schwere geben könnte, was hindert uns, noch einen
Schritt weiter zu gehen und ſelbſt Körper mit negativer Schwere,
d. h. ſolche anzunehmen, welche die andern Körper nicht nur nicht
anziehen, ſondern ſie von ſich abſtoßen. Die Chemie hat uns bereits
ſolche Eigenſchaften der einzelnen Theile der Körper in Menge kennen
gelehrt. Wenn alſo die Sonne gegen den Kern des Kometen eine
poſitive Schwere hat, ſo wird daraus die elliptiſche Bewegung der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0246" n="236"/><fw place="top" type="header">Kometen.</fw><lb/>
vorbringen würde. Wir werden bald noch andere Himmelskörper<lb/>
kennen lernen, die uns ebenfalls nur als ungemein ausgebreitete<lb/><hi rendition="#g">Nebelgebilde</hi> er&#x017F;cheinen, und die &#x017F;ich in noch viel entfernteren<lb/>
Räumen, als die Kometen, bewegen und die vielleicht nur Con-<lb/>
glomerationen von einer das Weltall erfüllenden, äußer&#x017F;t feinen,<lb/>
durch&#x017F;ichtigen und ela&#x017F;ti&#x017F;chen Ma&#x017F;&#x017F;e, des <hi rendition="#g">Aethers</hi>, &#x017F;ind. Die<lb/>
Kometen mögen die&#x017F;en Aether, wo &#x017F;ie dichteren Schichten de&#x017F;&#x017F;elben<lb/>
begegnen, an &#x017F;ich ziehen, und wenn &#x017F;ie &#x017F;ich &#x017F;päter der Sonne wie-<lb/>
der nähern, entfernt &#x017F;ich vielleicht die&#x017F;e fremde Ma&#x017F;&#x017F;e, welche<lb/>
die &#x017F;tarke Annäherung zur Sonne nicht ertragen kann, wieder von<lb/>
dem Kometen und hängt anfangs nur mehr in der Ge&#x017F;talt eines<lb/>
Schweifes mit ihm zu&#x017F;ammen, bis &#x017F;ie &#x017F;ich endlich ganz von ihm<lb/>
trennt. Bei die&#x017F;er Hypothe&#x017F;e könnten die Kometen im Allgemei-<lb/>
nen gar wohl be&#x017F;tändige Körper &#x017F;eyn, deren eigentlicher Körper<lb/>
unzer&#x017F;tört bleibt, während bloß die mit ihnen zufällig vereinigten<lb/>
fremdartigen Stoffe von jenen Veränderungen getroffen würden<lb/>
und vielleicht ließe &#x017F;ich daraus zugleich erklären, warum die Ge-<lb/>
&#x017F;talten die&#x017F;er Körper, bei ihren ver&#x017F;chiedenen Er&#x017F;cheinungen, &#x017F;o &#x017F;el-<lb/>
ten die&#x017F;elben &#x017F;ind.</p><lb/>
            <p>Nach un&#x017F;eren bisherigen Erfahrungen &#x017F;ind zwar alle Körper<lb/>
des Himmels und der Erde gegen einander &#x017F;chwer, d. h. &#x017F;ie zie-<lb/>
hen &#x017F;ich gegen&#x017F;eitig an. Aber es wäre doch auch möglich, daß<lb/>
einige, daß &#x017F;elb&#x017F;t viele die&#x017F;er Körper, die wir bisher noch nicht<lb/>
unter&#x017F;ucht haben, davon eine Ausnahme machen. Wi&#x017F;&#x017F;en wir doch<lb/>
noch immer nicht, ob der Licht- oder Wärme-Stoff eine Schwere<lb/>
habe oder nicht. Wenn dieß bei dem Licht&#x017F;toffe der Fall wäre,<lb/>
&#x017F;o müßte er &#x017F;ich, &#x017F;eit &#x017F;o vielen Jahrtau&#x017F;enden, &#x017F;chon läng&#x017F;t um<lb/>
die Planeten angehäuft haben, wovon wir aber auch nicht die ge-<lb/>
ring&#x017F;te Spur entdecken können. Und wenn es &#x017F;onach in der That<lb/>
Körper ohne Schwere geben könnte, was hindert uns, noch einen<lb/>
Schritt weiter zu gehen und &#x017F;elb&#x017F;t Körper mit negativer Schwere,<lb/>
d. h. &#x017F;olche anzunehmen, welche die andern Körper nicht nur nicht<lb/>
anziehen, &#x017F;ondern &#x017F;ie von &#x017F;ich ab&#x017F;toßen. Die Chemie hat uns bereits<lb/>
&#x017F;olche Eigen&#x017F;chaften der einzelnen Theile der Körper in Menge kennen<lb/>
gelehrt. Wenn al&#x017F;o die Sonne gegen den Kern des Kometen eine<lb/>
po&#x017F;itive Schwere hat, &#x017F;o wird daraus die ellipti&#x017F;che Bewegung der<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[236/0246] Kometen. vorbringen würde. Wir werden bald noch andere Himmelskörper kennen lernen, die uns ebenfalls nur als ungemein ausgebreitete Nebelgebilde erſcheinen, und die ſich in noch viel entfernteren Räumen, als die Kometen, bewegen und die vielleicht nur Con- glomerationen von einer das Weltall erfüllenden, äußerſt feinen, durchſichtigen und elaſtiſchen Maſſe, des Aethers, ſind. Die Kometen mögen dieſen Aether, wo ſie dichteren Schichten deſſelben begegnen, an ſich ziehen, und wenn ſie ſich ſpäter der Sonne wie- der nähern, entfernt ſich vielleicht dieſe fremde Maſſe, welche die ſtarke Annäherung zur Sonne nicht ertragen kann, wieder von dem Kometen und hängt anfangs nur mehr in der Geſtalt eines Schweifes mit ihm zuſammen, bis ſie ſich endlich ganz von ihm trennt. Bei dieſer Hypotheſe könnten die Kometen im Allgemei- nen gar wohl beſtändige Körper ſeyn, deren eigentlicher Körper unzerſtört bleibt, während bloß die mit ihnen zufällig vereinigten fremdartigen Stoffe von jenen Veränderungen getroffen würden und vielleicht ließe ſich daraus zugleich erklären, warum die Ge- ſtalten dieſer Körper, bei ihren verſchiedenen Erſcheinungen, ſo ſel- ten dieſelben ſind. Nach unſeren bisherigen Erfahrungen ſind zwar alle Körper des Himmels und der Erde gegen einander ſchwer, d. h. ſie zie- hen ſich gegenſeitig an. Aber es wäre doch auch möglich, daß einige, daß ſelbſt viele dieſer Körper, die wir bisher noch nicht unterſucht haben, davon eine Ausnahme machen. Wiſſen wir doch noch immer nicht, ob der Licht- oder Wärme-Stoff eine Schwere habe oder nicht. Wenn dieß bei dem Lichtſtoffe der Fall wäre, ſo müßte er ſich, ſeit ſo vielen Jahrtauſenden, ſchon längſt um die Planeten angehäuft haben, wovon wir aber auch nicht die ge- ringſte Spur entdecken können. Und wenn es ſonach in der That Körper ohne Schwere geben könnte, was hindert uns, noch einen Schritt weiter zu gehen und ſelbſt Körper mit negativer Schwere, d. h. ſolche anzunehmen, welche die andern Körper nicht nur nicht anziehen, ſondern ſie von ſich abſtoßen. Die Chemie hat uns bereits ſolche Eigenſchaften der einzelnen Theile der Körper in Menge kennen gelehrt. Wenn alſo die Sonne gegen den Kern des Kometen eine poſitive Schwere hat, ſo wird daraus die elliptiſche Bewegung der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/246
Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/246>, abgerufen am 21.11.2024.