Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

Kometen.
Linien seyen. Beide Meinungen waren irrig, aber sie sind doch
immer als die ersten Schritte zur künftigen Theorie, zu einer
eigentlichen Bahnbestimmung dieser Himmelskörper zu betrachten.

Diese Erscheinung gab auch den Astrologen jener Zeit Ge-
legenheit, ihre Künste zu üben. Im Anfange seiner Sichtbarkeit
war Jupiter in Opposition und Merkur in Conjunction mit der
Sonne, und am Ende derselben stand Jupiter dem Mars gerade
gegenüber am Himmel. Stoff genug, um daraus eine Menge
von Vorhersagungen abzuleiten. Am klügsten benahm sich noch
Krüger, der, um ganz sicher zu gehen, die Mittelstraße hält, und
von Merkur Stürme und Ungewitter, von Jupiter schönes Wetter
und von Saturn Krankheiten und anderes Unglück ableiten will,
und daher behauptet, daß der Komet sagen wolle, es werde Krieg
mit Frieden und Gutes mit Bösen abwechseln.

Die oben nach Keplers Bemerkung angeführte schnelle Ver-
kürzung und Verlängerung seines Schweifes ist sehr merkwürdig,
und sie ist auch von Cysatus an dem Kometen von 1618, von
Hevel an denen von 1652 und 1661, und erst in unsern Zeiten von
Schröter an dem Kometen von 1807 und von Chladni an dem
von 1812 bemerkt worden. Die beiden letzten zeigten so schnelle
Aenderungen in der Länge des Schweifes, daß die Geschwindigkeit,
mit welcher die Lichtmaterie derselben durch den Weltraum fuhr,
selbst die des Lichtes bei weitem übertroffen haben müßte. -- Noch
wollen wir bemerken, daß Gottfried Wendelin aus der von ihm
beobachteten Erscheinung des Jahres 1607 diejenige vorauszusagen
wagte, welche man in den folgenden Zeiten an ihm bemerken
würde. In der Zukunft, sagt Wendelin, wird der Komet wie
eine feurige Lanze oder gleich einem flammenden Schwerte
erscheinen, das sich in eine feine Spitze endet; sein Licht wird
sich kurz vor seinem Untergange auflösen und zerstreuen,
ähnlich dem fliegenden Saamen mancher Blumen u. f. Wir
werden bald sehen, wie gut oder schlecht Wendelin vor 228 Jahren
rathen konnte. Von dem obgleich sehr unansehnlichen Schweife
unseres Kometen zur Zeit seiner Erscheinung von 1607 weiß der
schon angeführte Krüger, Astronom in Danzig, mancherlei schöne
Dinge zu erzählen, von denen wir nur folgendes hier kurz und

Kometen.
Linien ſeyen. Beide Meinungen waren irrig, aber ſie ſind doch
immer als die erſten Schritte zur künftigen Theorie, zu einer
eigentlichen Bahnbeſtimmung dieſer Himmelskörper zu betrachten.

Dieſe Erſcheinung gab auch den Aſtrologen jener Zeit Ge-
legenheit, ihre Künſte zu üben. Im Anfange ſeiner Sichtbarkeit
war Jupiter in Oppoſition und Merkur in Conjunction mit der
Sonne, und am Ende derſelben ſtand Jupiter dem Mars gerade
gegenüber am Himmel. Stoff genug, um daraus eine Menge
von Vorherſagungen abzuleiten. Am klügſten benahm ſich noch
Krüger, der, um ganz ſicher zu gehen, die Mittelſtraße hält, und
von Merkur Stürme und Ungewitter, von Jupiter ſchönes Wetter
und von Saturn Krankheiten und anderes Unglück ableiten will,
und daher behauptet, daß der Komet ſagen wolle, es werde Krieg
mit Frieden und Gutes mit Böſen abwechſeln.

Die oben nach Keplers Bemerkung angeführte ſchnelle Ver-
kürzung und Verlängerung ſeines Schweifes iſt ſehr merkwürdig,
und ſie iſt auch von Cyſatus an dem Kometen von 1618, von
Hevel an denen von 1652 und 1661, und erſt in unſern Zeiten von
Schröter an dem Kometen von 1807 und von Chladni an dem
von 1812 bemerkt worden. Die beiden letzten zeigten ſo ſchnelle
Aenderungen in der Länge des Schweifes, daß die Geſchwindigkeit,
mit welcher die Lichtmaterie derſelben durch den Weltraum fuhr,
ſelbſt die des Lichtes bei weitem übertroffen haben müßte. — Noch
wollen wir bemerken, daß Gottfried Wendelin aus der von ihm
beobachteten Erſcheinung des Jahres 1607 diejenige vorauszuſagen
wagte, welche man in den folgenden Zeiten an ihm bemerken
würde. In der Zukunft, ſagt Wendelin, wird der Komet wie
eine feurige Lanze oder gleich einem flammenden Schwerte
erſcheinen, das ſich in eine feine Spitze endet; ſein Licht wird
ſich kurz vor ſeinem Untergange auflöſen und zerſtreuen,
ähnlich dem fliegenden Saamen mancher Blumen u. f. Wir
werden bald ſehen, wie gut oder ſchlecht Wendelin vor 228 Jahren
rathen konnte. Von dem obgleich ſehr unanſehnlichen Schweife
unſeres Kometen zur Zeit ſeiner Erſcheinung von 1607 weiß der
ſchon angeführte Krüger, Aſtronom in Danzig, mancherlei ſchöne
Dinge zu erzählen, von denen wir nur folgendes hier kurz und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0272" n="262"/><fw place="top" type="header">Kometen.</fw><lb/><hi rendition="#g">Linien</hi> &#x017F;eyen. Beide Meinungen waren irrig, aber &#x017F;ie &#x017F;ind doch<lb/>
immer als die er&#x017F;ten Schritte zur künftigen Theorie, zu einer<lb/>
eigentlichen Bahnbe&#x017F;timmung die&#x017F;er Himmelskörper zu betrachten.</p><lb/>
            <p>Die&#x017F;e Er&#x017F;cheinung gab auch den A&#x017F;trologen jener Zeit Ge-<lb/>
legenheit, ihre Kün&#x017F;te zu üben. Im Anfange &#x017F;einer Sichtbarkeit<lb/>
war Jupiter in Oppo&#x017F;ition und Merkur in Conjunction mit der<lb/>
Sonne, und am Ende der&#x017F;elben &#x017F;tand Jupiter dem Mars gerade<lb/>
gegenüber am Himmel. Stoff genug, um daraus eine Menge<lb/>
von Vorher&#x017F;agungen abzuleiten. Am klüg&#x017F;ten benahm &#x017F;ich noch<lb/>
Krüger, der, um ganz &#x017F;icher zu gehen, die Mittel&#x017F;traße hält, und<lb/>
von Merkur Stürme und Ungewitter, von Jupiter &#x017F;chönes Wetter<lb/>
und von Saturn Krankheiten und anderes Unglück ableiten will,<lb/>
und daher behauptet, daß der Komet &#x017F;agen wolle, es werde Krieg<lb/>
mit Frieden und Gutes mit Bö&#x017F;en abwech&#x017F;eln.</p><lb/>
            <p>Die oben nach Keplers Bemerkung angeführte &#x017F;chnelle Ver-<lb/>
kürzung und Verlängerung &#x017F;eines Schweifes i&#x017F;t &#x017F;ehr merkwürdig,<lb/>
und &#x017F;ie i&#x017F;t auch von Cy&#x017F;atus an dem Kometen von 1618, von<lb/>
Hevel an denen von 1652 und 1661, und er&#x017F;t in un&#x017F;ern Zeiten von<lb/>
Schröter an dem Kometen von 1807 und von Chladni an dem<lb/>
von 1812 bemerkt worden. Die beiden letzten zeigten &#x017F;o &#x017F;chnelle<lb/>
Aenderungen in der Länge des Schweifes, daß die Ge&#x017F;chwindigkeit,<lb/>
mit welcher die Lichtmaterie der&#x017F;elben durch den Weltraum fuhr,<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t die des Lichtes bei weitem übertroffen haben müßte. &#x2014; Noch<lb/>
wollen wir bemerken, daß Gottfried Wendelin aus der von ihm<lb/>
beobachteten Er&#x017F;cheinung des Jahres 1607 diejenige vorauszu&#x017F;agen<lb/>
wagte, welche man in den folgenden Zeiten an ihm bemerken<lb/>
würde. In der Zukunft, &#x017F;agt Wendelin, wird der Komet wie<lb/>
eine feurige Lanze oder gleich einem flammenden Schwerte<lb/>
er&#x017F;cheinen, das &#x017F;ich in eine feine Spitze endet; &#x017F;ein Licht wird<lb/>
&#x017F;ich kurz vor &#x017F;einem Untergange auflö&#x017F;en und zer&#x017F;treuen,<lb/>
ähnlich dem fliegenden Saamen mancher Blumen u. f. Wir<lb/>
werden bald &#x017F;ehen, wie gut oder &#x017F;chlecht Wendelin vor 228 Jahren<lb/>
rathen konnte. Von dem obgleich &#x017F;ehr unan&#x017F;ehnlichen Schweife<lb/>
un&#x017F;eres Kometen zur Zeit &#x017F;einer Er&#x017F;cheinung von 1607 weiß der<lb/>
&#x017F;chon angeführte Krüger, A&#x017F;tronom in Danzig, mancherlei &#x017F;chöne<lb/>
Dinge zu erzählen, von denen wir nur folgendes hier kurz und<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[262/0272] Kometen. Linien ſeyen. Beide Meinungen waren irrig, aber ſie ſind doch immer als die erſten Schritte zur künftigen Theorie, zu einer eigentlichen Bahnbeſtimmung dieſer Himmelskörper zu betrachten. Dieſe Erſcheinung gab auch den Aſtrologen jener Zeit Ge- legenheit, ihre Künſte zu üben. Im Anfange ſeiner Sichtbarkeit war Jupiter in Oppoſition und Merkur in Conjunction mit der Sonne, und am Ende derſelben ſtand Jupiter dem Mars gerade gegenüber am Himmel. Stoff genug, um daraus eine Menge von Vorherſagungen abzuleiten. Am klügſten benahm ſich noch Krüger, der, um ganz ſicher zu gehen, die Mittelſtraße hält, und von Merkur Stürme und Ungewitter, von Jupiter ſchönes Wetter und von Saturn Krankheiten und anderes Unglück ableiten will, und daher behauptet, daß der Komet ſagen wolle, es werde Krieg mit Frieden und Gutes mit Böſen abwechſeln. Die oben nach Keplers Bemerkung angeführte ſchnelle Ver- kürzung und Verlängerung ſeines Schweifes iſt ſehr merkwürdig, und ſie iſt auch von Cyſatus an dem Kometen von 1618, von Hevel an denen von 1652 und 1661, und erſt in unſern Zeiten von Schröter an dem Kometen von 1807 und von Chladni an dem von 1812 bemerkt worden. Die beiden letzten zeigten ſo ſchnelle Aenderungen in der Länge des Schweifes, daß die Geſchwindigkeit, mit welcher die Lichtmaterie derſelben durch den Weltraum fuhr, ſelbſt die des Lichtes bei weitem übertroffen haben müßte. — Noch wollen wir bemerken, daß Gottfried Wendelin aus der von ihm beobachteten Erſcheinung des Jahres 1607 diejenige vorauszuſagen wagte, welche man in den folgenden Zeiten an ihm bemerken würde. In der Zukunft, ſagt Wendelin, wird der Komet wie eine feurige Lanze oder gleich einem flammenden Schwerte erſcheinen, das ſich in eine feine Spitze endet; ſein Licht wird ſich kurz vor ſeinem Untergange auflöſen und zerſtreuen, ähnlich dem fliegenden Saamen mancher Blumen u. f. Wir werden bald ſehen, wie gut oder ſchlecht Wendelin vor 228 Jahren rathen konnte. Von dem obgleich ſehr unanſehnlichen Schweife unſeres Kometen zur Zeit ſeiner Erſcheinung von 1607 weiß der ſchon angeführte Krüger, Aſtronom in Danzig, mancherlei ſchöne Dinge zu erzählen, von denen wir nur folgendes hier kurz und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/272
Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/272>, abgerufen am 21.11.2024.