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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835.

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Doppelsterne.

Diese Tafel zeigt also, wie schnell die Distanz eines Sterns
von uns zunimmt, wenn der Winkel a oder die jährliche Parallaxe
desselben kleiner wird. Ist dieser Winkel gleich einer Secunde,
d. h. erscheint der Halbmesser der Erdbahn, von dem Stern ge-
sehen, nur mehr unter dem Winkel von einer Secunde, so beträgt
die Distanz des Sterns von der Sonne, oder was hier dasselbe
ist, von der Erde, vier Billionen Meilen oder eine Sternweite,
wie wir sie oben genannt haben, und diese Distanz ist so groß,
daß selbst das Licht, seiner ungeheuern Geschwindigkeit ungeachtet,
sie erst in vollen drei Jahren zurücklegen kann. Wäre aber die
Parallaxe eines Fixsterns nur der hundertste Theil einer Secunde,
so würde die Distanz desselben 412, genauer 4121/2 Billion Mei-
len betragen, wozu das Licht die Zeit von 310 Jahren gebrauchen
würde. So kleine Winkel können wir aber selbst mit unseren
feinsten Instrumenten nicht mehr messen, daher es uns unmöglich
ist, über die Distanz der Fixsterne, deren Parallaxe, wie es scheint,
durchaus beträchtlich kleiner, als eine Secunde ist, etwas Verläß-
liches zu bestimmen.

Man kann es übrigens nur mit Bedauern sehen, daß die
Bemühungen der Astronomen, die Distanz der Fixsterne, wenig-
stens einiger derselben, zu finden, bisher alle vergebens gewesen
sind, und daß auch die Hoffnung, welche die Doppelsterne für
diesen Zweck gewährten, wieder vereitelt worden ist, wenn wir an-
ders nicht einmal zufällig einen solchen bloß optischen Doppelstern
auffinden sollten, der sich zu jener Absicht besonders eignet. In-
dessen könnten selbst die physischen Doppelsterne uns einmal ein
Mittel darbieten, diese so lange vergebens gewünschte Distanz
der Fixsterne zu erhalten. Wir verdanken dieses Mittel dem ge-
schickten Geometer Savary, der sich auch zuerst mit der schwie-
rigen Bahnberechnung der Doppelsterne beschäftiget hat und es
wird, wie ich hoffe, den Lesern nicht unangenehm seyn, seine sinn-
reiche Idee hier kurz entwickelt zu finden.

§. 213. (Entfernung der Doppelsterne von der Erde.) Wenn
die Ebene der Bahn, die wir hier der Kürze wegen als kreisförmig
annehmen, auf der Gesichtslinie senkrecht steht, welche den Cen-
tralkörper S (Fig. 20) mit der Erde T verbindet, so werden alle

Doppelſterne.

Dieſe Tafel zeigt alſo, wie ſchnell die Diſtanz eines Sterns
von uns zunimmt, wenn der Winkel α oder die jährliche Parallaxe
deſſelben kleiner wird. Iſt dieſer Winkel gleich einer Secunde,
d. h. erſcheint der Halbmeſſer der Erdbahn, von dem Stern ge-
ſehen, nur mehr unter dem Winkel von einer Secunde, ſo beträgt
die Diſtanz des Sterns von der Sonne, oder was hier daſſelbe
iſt, von der Erde, vier Billionen Meilen oder eine Sternweite,
wie wir ſie oben genannt haben, und dieſe Diſtanz iſt ſo groß,
daß ſelbſt das Licht, ſeiner ungeheuern Geſchwindigkeit ungeachtet,
ſie erſt in vollen drei Jahren zurücklegen kann. Wäre aber die
Parallaxe eines Fixſterns nur der hundertſte Theil einer Secunde,
ſo würde die Diſtanz deſſelben 412, genauer 412½ Billion Mei-
len betragen, wozu das Licht die Zeit von 310 Jahren gebrauchen
würde. So kleine Winkel können wir aber ſelbſt mit unſeren
feinſten Inſtrumenten nicht mehr meſſen, daher es uns unmöglich
iſt, über die Diſtanz der Fixſterne, deren Parallaxe, wie es ſcheint,
durchaus beträchtlich kleiner, als eine Secunde iſt, etwas Verläß-
liches zu beſtimmen.

Man kann es übrigens nur mit Bedauern ſehen, daß die
Bemühungen der Aſtronomen, die Diſtanz der Fixſterne, wenig-
ſtens einiger derſelben, zu finden, bisher alle vergebens geweſen
ſind, und daß auch die Hoffnung, welche die Doppelſterne für
dieſen Zweck gewährten, wieder vereitelt worden iſt, wenn wir an-
ders nicht einmal zufällig einen ſolchen bloß optiſchen Doppelſtern
auffinden ſollten, der ſich zu jener Abſicht beſonders eignet. In-
deſſen könnten ſelbſt die phyſiſchen Doppelſterne uns einmal ein
Mittel darbieten, dieſe ſo lange vergebens gewünſchte Diſtanz
der Fixſterne zu erhalten. Wir verdanken dieſes Mittel dem ge-
ſchickten Geometer Savary, der ſich auch zuerſt mit der ſchwie-
rigen Bahnberechnung der Doppelſterne beſchäftiget hat und es
wird, wie ich hoffe, den Leſern nicht unangenehm ſeyn, ſeine ſinn-
reiche Idee hier kurz entwickelt zu finden.

§. 213. (Entfernung der Doppelſterne von der Erde.) Wenn
die Ebene der Bahn, die wir hier der Kürze wegen als kreisförmig
annehmen, auf der Geſichtslinie ſenkrecht ſteht, welche den Cen-
tralkörper S (Fig. 20) mit der Erde T verbindet, ſo werden alle

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[330/0340] Doppelſterne. Dieſe Tafel zeigt alſo, wie ſchnell die Diſtanz eines Sterns von uns zunimmt, wenn der Winkel α oder die jährliche Parallaxe deſſelben kleiner wird. Iſt dieſer Winkel gleich einer Secunde, d. h. erſcheint der Halbmeſſer der Erdbahn, von dem Stern ge- ſehen, nur mehr unter dem Winkel von einer Secunde, ſo beträgt die Diſtanz des Sterns von der Sonne, oder was hier daſſelbe iſt, von der Erde, vier Billionen Meilen oder eine Sternweite, wie wir ſie oben genannt haben, und dieſe Diſtanz iſt ſo groß, daß ſelbſt das Licht, ſeiner ungeheuern Geſchwindigkeit ungeachtet, ſie erſt in vollen drei Jahren zurücklegen kann. Wäre aber die Parallaxe eines Fixſterns nur der hundertſte Theil einer Secunde, ſo würde die Diſtanz deſſelben 412, genauer 412½ Billion Mei- len betragen, wozu das Licht die Zeit von 310 Jahren gebrauchen würde. So kleine Winkel können wir aber ſelbſt mit unſeren feinſten Inſtrumenten nicht mehr meſſen, daher es uns unmöglich iſt, über die Diſtanz der Fixſterne, deren Parallaxe, wie es ſcheint, durchaus beträchtlich kleiner, als eine Secunde iſt, etwas Verläß- liches zu beſtimmen. Man kann es übrigens nur mit Bedauern ſehen, daß die Bemühungen der Aſtronomen, die Diſtanz der Fixſterne, wenig- ſtens einiger derſelben, zu finden, bisher alle vergebens geweſen ſind, und daß auch die Hoffnung, welche die Doppelſterne für dieſen Zweck gewährten, wieder vereitelt worden iſt, wenn wir an- ders nicht einmal zufällig einen ſolchen bloß optiſchen Doppelſtern auffinden ſollten, der ſich zu jener Abſicht beſonders eignet. In- deſſen könnten ſelbſt die phyſiſchen Doppelſterne uns einmal ein Mittel darbieten, dieſe ſo lange vergebens gewünſchte Diſtanz der Fixſterne zu erhalten. Wir verdanken dieſes Mittel dem ge- ſchickten Geometer Savary, der ſich auch zuerſt mit der ſchwie- rigen Bahnberechnung der Doppelſterne beſchäftiget hat und es wird, wie ich hoffe, den Leſern nicht unangenehm ſeyn, ſeine ſinn- reiche Idee hier kurz entwickelt zu finden. §. 213. (Entfernung der Doppelſterne von der Erde.) Wenn die Ebene der Bahn, die wir hier der Kürze wegen als kreisförmig annehmen, auf der Geſichtslinie ſenkrecht ſteht, welche den Cen- tralkörper S (Fig. 20) mit der Erde T verbindet, ſo werden alle

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/340>, abgerufen am 21.11.2024.