Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.Beschreibung und Gebrauch der astronom. Instrumente. selben Unrechte, einer gewissen, uns übrigens noch verborgenenAbsicht zuzuschreiben geneigt sind. Um dieß sogleich durch ein Beispiel deutlich zu machen, wollen wir annehmen, daß eine Urne eine uns ganz unbekannte Anzahl von weißen und schwarzen Ku- geln enthalte. Wenn man bei jedem Zuge eine Kugel heraus- nimmt, ihre Farbe bemerkt und sie dann wieder in die Urne zu- rücklegt, um eine neue Ziehung vorzunehmen, so wird man, je länger man diese Ziehungen fortsetzt, desto deutlicher ein bestimm- tes und constantes Verhältniß der beiden Farben bemerken, und dieß Verhältniß der gezogenen weißen und schwarzen Kugeln wird dem Verhältniß der überhaupt in der Urne enthaltenen weißen und schwarzen Kugeln immer näher kommen, je größer die An- zahl der Ziehungen ist. Denken wir uns, in einem zweiten Beispiele, eine Reihe Dieselbe Erscheinung, daß sich alle, selbst die zufälligsten Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente. ſelben Unrechte, einer gewiſſen, uns übrigens noch verborgenenAbſicht zuzuſchreiben geneigt ſind. Um dieß ſogleich durch ein Beiſpiel deutlich zu machen, wollen wir annehmen, daß eine Urne eine uns ganz unbekannte Anzahl von weißen und ſchwarzen Ku- geln enthalte. Wenn man bei jedem Zuge eine Kugel heraus- nimmt, ihre Farbe bemerkt und ſie dann wieder in die Urne zu- rücklegt, um eine neue Ziehung vorzunehmen, ſo wird man, je länger man dieſe Ziehungen fortſetzt, deſto deutlicher ein beſtimm- tes und conſtantes Verhältniß der beiden Farben bemerken, und dieß Verhältniß der gezogenen weißen und ſchwarzen Kugeln wird dem Verhältniß der überhaupt in der Urne enthaltenen weißen und ſchwarzen Kugeln immer näher kommen, je größer die An- zahl der Ziehungen iſt. Denken wir uns, in einem zweiten Beiſpiele, eine Reihe Dieſelbe Erſcheinung, daß ſich alle, ſelbſt die zufälligſten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0424" n="412"/><fw place="top" type="header">Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.</fw><lb/> ſelben Unrechte, einer gewiſſen, uns übrigens noch verborgenen<lb/><hi rendition="#g">Abſicht</hi> zuzuſchreiben geneigt ſind. Um dieß ſogleich durch ein<lb/> Beiſpiel deutlich zu machen, wollen wir annehmen, daß eine Urne<lb/> eine uns ganz unbekannte Anzahl von weißen und ſchwarzen Ku-<lb/> geln enthalte. Wenn man bei jedem Zuge eine Kugel heraus-<lb/> nimmt, ihre Farbe bemerkt und ſie dann wieder in die Urne zu-<lb/> rücklegt, um eine neue Ziehung vorzunehmen, ſo wird man, je<lb/> länger man dieſe Ziehungen fortſetzt, deſto deutlicher ein beſtimm-<lb/> tes und conſtantes Verhältniß der beiden Farben bemerken, und<lb/> dieß Verhältniß der gezogenen weißen und ſchwarzen Kugeln wird<lb/> dem Verhältniß der überhaupt in der Urne enthaltenen weißen<lb/> und ſchwarzen Kugeln immer näher kommen, je größer die An-<lb/> zahl der Ziehungen iſt.</p><lb/> <p>Denken wir uns, in einem zweiten Beiſpiele, eine Reihe<lb/> kreisförmig um uns aufgeſtellter Urnen, deren jede eine große,<lb/> übrigens willkührliche Zahl weißer und ſchwarzer Kugeln enthält.<lb/> Zieht man dann eine Kugel aus der erſten Urne und wirft ſie in<lb/> die zweite, ſchüttelt darnach die Kugeln der zweiten Urne und<lb/> zieht aus ihr eine Kugel und wirft ſie in die dritte Urne u. ſ. f.,<lb/> bis man die aus der letzten Urne gezogene Kugel wieder in die<lb/> erſte wirft, und ſetzt man dieſes Verfahren mit der ganzen Reihe<lb/> von Urnen recht oft fort, ſo wird das Verhältniß der weißen und<lb/> ſchwarzen Kugeln in <hi rendition="#g">jeder einzelnen</hi> Urne ſich dem conſtanten<lb/> Verhältniſſe der weißen und ſchwarzen Kugeln in <hi rendition="#g">allen</hi> Urnen<lb/> zuſammengenommen, immer mehr nähern, je länger jene Ver-<lb/> ſuche fortgeſetzt werden.</p><lb/> <p>Dieſelbe Erſcheinung, daß ſich alle, ſelbſt die zufälligſten<lb/> Dinge, ſehr oft wiederholen, zu einer beſtimmten Regelmäßigkeit<lb/> hinneigen, und zwar deſto mehr hinneigen, je öfter ſie wiederholt<lb/> werden — dieſe ſonderbare Erſcheinung dringt ſich uns gleich-<lb/> ſam als ein allgemeines Geſetz bei allen Ereigniſſen der phyſiſchen<lb/> und ſelbſt der moraliſchen Welt auf. Es ſcheint, daß gewiſſe<lb/> conſtante Kräfte der Natur regelmäßige Wirkungen hervorbringen,<lb/> und daß ſie eben dadurch andere veränderliche Einflüſſe mit der Zeit<lb/> überwiegen und ſo gleichſam aus dem Schooße der Unordnung eine<lb/> gewiſſe Ordnung, und aus der Verwirrung ſelbſt eine Art von Zu-<lb/> ſammenhang und Harmonie erzeugen. Wenn wir bei dieſen Verſuchen<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [412/0424]
Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.
ſelben Unrechte, einer gewiſſen, uns übrigens noch verborgenen
Abſicht zuzuſchreiben geneigt ſind. Um dieß ſogleich durch ein
Beiſpiel deutlich zu machen, wollen wir annehmen, daß eine Urne
eine uns ganz unbekannte Anzahl von weißen und ſchwarzen Ku-
geln enthalte. Wenn man bei jedem Zuge eine Kugel heraus-
nimmt, ihre Farbe bemerkt und ſie dann wieder in die Urne zu-
rücklegt, um eine neue Ziehung vorzunehmen, ſo wird man, je
länger man dieſe Ziehungen fortſetzt, deſto deutlicher ein beſtimm-
tes und conſtantes Verhältniß der beiden Farben bemerken, und
dieß Verhältniß der gezogenen weißen und ſchwarzen Kugeln wird
dem Verhältniß der überhaupt in der Urne enthaltenen weißen
und ſchwarzen Kugeln immer näher kommen, je größer die An-
zahl der Ziehungen iſt.
Denken wir uns, in einem zweiten Beiſpiele, eine Reihe
kreisförmig um uns aufgeſtellter Urnen, deren jede eine große,
übrigens willkührliche Zahl weißer und ſchwarzer Kugeln enthält.
Zieht man dann eine Kugel aus der erſten Urne und wirft ſie in
die zweite, ſchüttelt darnach die Kugeln der zweiten Urne und
zieht aus ihr eine Kugel und wirft ſie in die dritte Urne u. ſ. f.,
bis man die aus der letzten Urne gezogene Kugel wieder in die
erſte wirft, und ſetzt man dieſes Verfahren mit der ganzen Reihe
von Urnen recht oft fort, ſo wird das Verhältniß der weißen und
ſchwarzen Kugeln in jeder einzelnen Urne ſich dem conſtanten
Verhältniſſe der weißen und ſchwarzen Kugeln in allen Urnen
zuſammengenommen, immer mehr nähern, je länger jene Ver-
ſuche fortgeſetzt werden.
Dieſelbe Erſcheinung, daß ſich alle, ſelbſt die zufälligſten
Dinge, ſehr oft wiederholen, zu einer beſtimmten Regelmäßigkeit
hinneigen, und zwar deſto mehr hinneigen, je öfter ſie wiederholt
werden — dieſe ſonderbare Erſcheinung dringt ſich uns gleich-
ſam als ein allgemeines Geſetz bei allen Ereigniſſen der phyſiſchen
und ſelbſt der moraliſchen Welt auf. Es ſcheint, daß gewiſſe
conſtante Kräfte der Natur regelmäßige Wirkungen hervorbringen,
und daß ſie eben dadurch andere veränderliche Einflüſſe mit der Zeit
überwiegen und ſo gleichſam aus dem Schooße der Unordnung eine
gewiſſe Ordnung, und aus der Verwirrung ſelbſt eine Art von Zu-
ſammenhang und Harmonie erzeugen. Wenn wir bei dieſen Verſuchen
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