Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.Beschreibung und Gebrauch der astronom. Instrumente. Wären statt 3 möglichen Fällen 4, 5, 10 oder 100 Fälle möglich,so würde die Wahrscheinlichkeit seiner Aussage nach der Ordnung 1/3 , 5/16, 10/36, und 100/396, also immer näher an 1/4 kommen, d. h. wenn die Anzahl der möglichen Fälle unendlich groß ist, so ist die W. der Aussage eines solchen Zeugen nur gleich 1/4, oder es ist dreimal wahrscheinlicher, daß seine Aussage falsch ist, als daß sie richtig sey. Nehmen wir in einem zweiten Beispiele an, daß zwei Zeugen, §. 71. (Wahrscheinlichkeitsrechnung bei Wahlen.) Die Wah- Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente. Wären ſtatt 3 möglichen Fällen 4, 5, 10 oder 100 Fälle möglich,ſo würde die Wahrſcheinlichkeit ſeiner Ausſage nach der Ordnung ⅓, 5/16, 10/36, und 100/396, alſo immer näher an ¼ kommen, d. h. wenn die Anzahl der möglichen Fälle unendlich groß iſt, ſo iſt die W. der Ausſage eines ſolchen Zeugen nur gleich ¼, oder es iſt dreimal wahrſcheinlicher, daß ſeine Ausſage falſch iſt, als daß ſie richtig ſey. Nehmen wir in einem zweiten Beiſpiele an, daß zwei Zeugen, §. 71. (Wahrſcheinlichkeitsrechnung bei Wahlen.) Die Wah- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0435" n="423"/><fw place="top" type="header">Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.</fw><lb/> Wären ſtatt 3 möglichen Fällen 4, 5, 10 oder 100 Fälle möglich,<lb/> ſo würde die Wahrſcheinlichkeit ſeiner Ausſage nach der Ordnung ⅓,<lb/> 5/16, 10/36, und 100/396, alſo immer näher an ¼ kommen, d. h. wenn die<lb/> Anzahl der möglichen Fälle unendlich groß iſt, ſo iſt die W. der<lb/> Ausſage eines ſolchen Zeugen nur gleich ¼, oder es iſt dreimal<lb/> wahrſcheinlicher, daß ſeine Ausſage falſch iſt, als daß ſie richtig ſey.</p><lb/> <p>Nehmen wir in einem zweiten Beiſpiele an, daß zwei Zeugen,<lb/> von deren richtiger Anſicht (Sicherheit) man überzeugt iſt, und<lb/> deren Wahrhaftigkeit (Redlichkeit) bei beiden gleich <hi rendition="#aq">w</hi> iſt, über<lb/> ein Ereigniß, von welchem aber nur zwei Fälle möglich ſind,<lb/> gleichlautend daſſelbe ausſagen, ſo iſt die W., daß ſie die<lb/> Wahrheit ausſagen, gleich <hi rendition="#aq">w</hi><hi rendition="#sup">2</hi> dividirt durch die Zahl <hi rendition="#aq">w</hi><hi rendition="#sup">2</hi> +<lb/> (1 — <hi rendition="#aq">w</hi>)<hi rendition="#sup">2</hi>. Iſt alſo z. B. <hi rendition="#aq">w</hi> gleich ½, d. h. muß man voraus-<lb/> ſetzen, daß beide Zeugen eben ſo gut redlich als unredlich ſeyn<lb/> können, ſo iſt die W. ihrer Ausſage gleich ½, alſo ihre Ausſage<lb/> ganz ebenſo wahrſcheinlich, als das Gegentheil derſelben. Iſt<lb/> aber <hi rendition="#aq">w</hi> nur gleich ⅓, ſo iſt die W. der gleichlautenden Aus-<lb/> ſage beider Zeugen gleich ⅕. Sind aber nicht zwei, ſondern drei<lb/> ſolche gleichlautende Zeugen vorhanden, ſo iſt die W. ihrer ge-<lb/> meinſchaftlichen Ausſage, wenn wieder <hi rendition="#aq">w</hi> gleich ⅓ iſt, gleich 1/9,<lb/> iſt aber <hi rendition="#aq">w</hi> gleich ⅔, ſo iſt jene W. gleich 8/9, alſo ſchon ſehr groß,<lb/> und noch größer wird dieſe W., wenn von dem Ereigniſſe<lb/> nicht bloß zwei, ſondern mehrere Fälle möglich ſind.</p><lb/> <p>§. 71. (Wahrſcheinlichkeitsrechnung bei Wahlen.) Die Wah-<lb/> len der Candidaten zu Aemtern hängen gewöhnlich von der Mehr-<lb/> heit der Stimmen, aber auch von der Einſicht und Unpar-<lb/> theilichkeit der Wählenden ab, welche letzte nur ſchwer einer Be-<lb/> rechnung unterworfen werden können. Doch gibt es auch hier<lb/> einige allgemeine Geſetze, die ſchon der gemeine Verſtand vor-<lb/> ſchreibt und die von der Analyſe beſtätiget werden. Wenn es<lb/> z. B. den Wählenden an Einſicht fehlt, wenn das Amt beſonders<lb/> wichtig iſt, wenn die Sache, die man dadurch zu erreichen ſucht,<lb/> mit allgemein angenommenen Vorurtheilen im Streite liegt, dann<lb/> wird die gewöhnlich beliebte Mehrheit der Stimmen deſto eher<lb/> auf Irrwege führen, je größer die Anzahl der Stimmenden iſt.<lb/> Daher ſollten größeren Verſammlungen nur ſolche Dinge zur Ent-<lb/> ſcheidung überlaſſen werden, die der größere Theil der Menſchen<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [423/0435]
Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.
Wären ſtatt 3 möglichen Fällen 4, 5, 10 oder 100 Fälle möglich,
ſo würde die Wahrſcheinlichkeit ſeiner Ausſage nach der Ordnung ⅓,
5/16, 10/36, und 100/396, alſo immer näher an ¼ kommen, d. h. wenn die
Anzahl der möglichen Fälle unendlich groß iſt, ſo iſt die W. der
Ausſage eines ſolchen Zeugen nur gleich ¼, oder es iſt dreimal
wahrſcheinlicher, daß ſeine Ausſage falſch iſt, als daß ſie richtig ſey.
Nehmen wir in einem zweiten Beiſpiele an, daß zwei Zeugen,
von deren richtiger Anſicht (Sicherheit) man überzeugt iſt, und
deren Wahrhaftigkeit (Redlichkeit) bei beiden gleich w iſt, über
ein Ereigniß, von welchem aber nur zwei Fälle möglich ſind,
gleichlautend daſſelbe ausſagen, ſo iſt die W., daß ſie die
Wahrheit ausſagen, gleich w2 dividirt durch die Zahl w2 +
(1 — w)2. Iſt alſo z. B. w gleich ½, d. h. muß man voraus-
ſetzen, daß beide Zeugen eben ſo gut redlich als unredlich ſeyn
können, ſo iſt die W. ihrer Ausſage gleich ½, alſo ihre Ausſage
ganz ebenſo wahrſcheinlich, als das Gegentheil derſelben. Iſt
aber w nur gleich ⅓, ſo iſt die W. der gleichlautenden Aus-
ſage beider Zeugen gleich ⅕. Sind aber nicht zwei, ſondern drei
ſolche gleichlautende Zeugen vorhanden, ſo iſt die W. ihrer ge-
meinſchaftlichen Ausſage, wenn wieder w gleich ⅓ iſt, gleich 1/9,
iſt aber w gleich ⅔, ſo iſt jene W. gleich 8/9, alſo ſchon ſehr groß,
und noch größer wird dieſe W., wenn von dem Ereigniſſe
nicht bloß zwei, ſondern mehrere Fälle möglich ſind.
§. 71. (Wahrſcheinlichkeitsrechnung bei Wahlen.) Die Wah-
len der Candidaten zu Aemtern hängen gewöhnlich von der Mehr-
heit der Stimmen, aber auch von der Einſicht und Unpar-
theilichkeit der Wählenden ab, welche letzte nur ſchwer einer Be-
rechnung unterworfen werden können. Doch gibt es auch hier
einige allgemeine Geſetze, die ſchon der gemeine Verſtand vor-
ſchreibt und die von der Analyſe beſtätiget werden. Wenn es
z. B. den Wählenden an Einſicht fehlt, wenn das Amt beſonders
wichtig iſt, wenn die Sache, die man dadurch zu erreichen ſucht,
mit allgemein angenommenen Vorurtheilen im Streite liegt, dann
wird die gewöhnlich beliebte Mehrheit der Stimmen deſto eher
auf Irrwege führen, je größer die Anzahl der Stimmenden iſt.
Daher ſollten größeren Verſammlungen nur ſolche Dinge zur Ent-
ſcheidung überlaſſen werden, die der größere Theil der Menſchen
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