Löhe, Wilhelm: Prediget das Evangelium aller Creatur! Nürnberg, 1847.erfahren und zum Theile die Taufe empfangen haben. Wir haben kein Recht, von Heiden und wilden Völkern zu verlangen, daß sie alsbald in europäisch-christlicher Weise leben sollen, so wie sie das Evangelium gehört und sich seinem Einflusse hingegeben haben. Ist es doch auch unter uns eine Ungerechtigkeit, schnell über diejenigen abzuurtheilen, welche unter dem Scheine und Schatten des Evangeliums anscheinend langsam vorwärtsschreiten. Es gibt Menschen, welche äußerlich keine glänzenden Beispiele von Belehrung genannt werden können, innerlich aber dennoch einen gewaltigen und nicht sieglosen Kampf kämpfen und ein Werk des h. Geistes in sich verbergen, das vor Gott mehr leuchtet, als manch berühmtes Beispiel eines tugendreichen Lebens. Auch kann ja eine und dieselbe Frucht des Geistes in verschiedenen Menschen ein größeres oder kleineres Zeugnis des h. Geistes sein. Dies läßt sich auf neubekehrte Heiden anwenden. Bei der unaussprechlichen Versunkenheit der heidnischen Völker ist irgend ein Erfolg schon Beweis, daß der Herr sich ihrer angenommen hat und ihnen Seine Pflege angedeihen läßt, und wir müssen, um Gottes Thaten in der Wahrheit zu schauen, vor allen Dingen uns entwöhnen, über erst getaufte Heiden strenger zu urtheilen, als über längst getaufte, längst gelehrte, längst mit Christi Leib und Blut gespeiste Christen, welche alsbald dem ewigen Verderben zugesprochen werden müßten, wenn nicht des Heilands Treue und Langmuth es verwehrte. Nicht umsonst, meine theuern Brüder, haben wir die nächste Pflicht, welche wir den Heiden schuldig sind, gemäß unserm Texte auf die Predigt zurückgedrängt. Nicht umsonst wurde behauptet, daß die einfache Predigt des Evangeliums unter den Heiden weder allzuschwer, noch unfruchtbar sei. Ich wünschte noch zu sagen, wer die Pflicht der Heidenpredigt üben sollte, und dabei ist es gut, vorauszuwissen und festzuhalten, was man soll, überzeugt erfahren und zum Theile die Taufe empfangen haben. Wir haben kein Recht, von Heiden und wilden Völkern zu verlangen, daß sie alsbald in europäisch–christlicher Weise leben sollen, so wie sie das Evangelium gehört und sich seinem Einflusse hingegeben haben. Ist es doch auch unter uns eine Ungerechtigkeit, schnell über diejenigen abzuurtheilen, welche unter dem Scheine und Schatten des Evangeliums anscheinend langsam vorwärtsschreiten. Es gibt Menschen, welche äußerlich keine glänzenden Beispiele von Belehrung genannt werden können, innerlich aber dennoch einen gewaltigen und nicht sieglosen Kampf kämpfen und ein Werk des h. Geistes in sich verbergen, das vor Gott mehr leuchtet, als manch berühmtes Beispiel eines tugendreichen Lebens. Auch kann ja eine und dieselbe Frucht des Geistes in verschiedenen Menschen ein größeres oder kleineres Zeugnis des h. Geistes sein. Dies läßt sich auf neubekehrte Heiden anwenden. Bei der unaussprechlichen Versunkenheit der heidnischen Völker ist irgend ein Erfolg schon Beweis, daß der Herr sich ihrer angenommen hat und ihnen Seine Pflege angedeihen läßt, und wir müssen, um Gottes Thaten in der Wahrheit zu schauen, vor allen Dingen uns entwöhnen, über erst getaufte Heiden strenger zu urtheilen, als über längst getaufte, längst gelehrte, längst mit Christi Leib und Blut gespeiste Christen, welche alsbald dem ewigen Verderben zugesprochen werden müßten, wenn nicht des Heilands Treue und Langmuth es verwehrte. Nicht umsonst, meine theuern Brüder, haben wir die nächste Pflicht, welche wir den Heiden schuldig sind, gemäß unserm Texte auf die Predigt zurückgedrängt. Nicht umsonst wurde behauptet, daß die einfache Predigt des Evangeliums unter den Heiden weder allzuschwer, noch unfruchtbar sei. Ich wünschte noch zu sagen, wer die Pflicht der Heidenpredigt üben sollte, und dabei ist es gut, vorauszuwissen und festzuhalten, was man soll, überzeugt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0016" n="16"/> erfahren und zum Theile die Taufe empfangen haben. Wir haben kein Recht, von Heiden und wilden Völkern zu verlangen, daß sie alsbald in europäisch–christlicher Weise leben sollen, so wie sie das Evangelium gehört und sich seinem Einflusse hingegeben haben. Ist es doch auch unter uns eine Ungerechtigkeit, schnell über diejenigen abzuurtheilen, welche unter dem Scheine und Schatten des Evangeliums anscheinend langsam vorwärtsschreiten. Es gibt Menschen, welche äußerlich keine glänzenden Beispiele von Belehrung genannt werden können, innerlich aber dennoch einen gewaltigen und nicht sieglosen Kampf kämpfen und ein Werk des h. Geistes in sich verbergen, das vor Gott mehr leuchtet, als manch berühmtes Beispiel eines tugendreichen Lebens. Auch kann ja eine und dieselbe Frucht des Geistes in verschiedenen Menschen ein größeres oder kleineres Zeugnis des h. Geistes sein. Dies läßt sich auf neubekehrte Heiden anwenden. 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erfahren und zum Theile die Taufe empfangen haben. Wir haben kein Recht, von Heiden und wilden Völkern zu verlangen, daß sie alsbald in europäisch–christlicher Weise leben sollen, so wie sie das Evangelium gehört und sich seinem Einflusse hingegeben haben. Ist es doch auch unter uns eine Ungerechtigkeit, schnell über diejenigen abzuurtheilen, welche unter dem Scheine und Schatten des Evangeliums anscheinend langsam vorwärtsschreiten. Es gibt Menschen, welche äußerlich keine glänzenden Beispiele von Belehrung genannt werden können, innerlich aber dennoch einen gewaltigen und nicht sieglosen Kampf kämpfen und ein Werk des h. Geistes in sich verbergen, das vor Gott mehr leuchtet, als manch berühmtes Beispiel eines tugendreichen Lebens. Auch kann ja eine und dieselbe Frucht des Geistes in verschiedenen Menschen ein größeres oder kleineres Zeugnis des h. Geistes sein. Dies läßt sich auf neubekehrte Heiden anwenden. Bei der unaussprechlichen Versunkenheit der heidnischen Völker ist irgend ein Erfolg schon Beweis, daß der Herr sich ihrer angenommen hat und ihnen Seine Pflege angedeihen läßt, und wir müssen, um Gottes Thaten in der Wahrheit zu schauen, vor allen Dingen uns entwöhnen, über erst getaufte Heiden strenger zu urtheilen, als über längst getaufte, längst gelehrte, längst mit Christi Leib und Blut gespeiste Christen, welche alsbald dem ewigen Verderben zugesprochen werden müßten, wenn nicht des Heilands Treue und Langmuth es verwehrte.
Nicht umsonst, meine theuern Brüder, haben wir die nächste Pflicht, welche wir den Heiden schuldig sind, gemäß unserm Texte auf die Predigt zurückgedrängt. Nicht umsonst wurde behauptet, daß die einfache Predigt des Evangeliums unter den Heiden weder allzuschwer, noch unfruchtbar sei. Ich wünschte noch zu sagen, wer die Pflicht der Heidenpredigt üben sollte, und dabei ist es gut, vorauszuwissen und festzuhalten, was man soll, überzeugt
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