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Löscher, Valentin Ernst: Historie Des Römischen Huren-Regiments Der Theodoræ und Maroziæ. Leipzig, 1705.

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Intriguen.
offt geändert/ da bald zwey/ bald ein Senator, und zwar zuletzt
gar frembde/ geordnet wurden.

Endlich ließ sich Gregorius XII. bereden/ daß er wieder nach
Rom kam/ allda aber durch seinen Todt zu einer grossen Tren-
nung/ oder dem so genannten Schismate zu Avignon, Anlaß gab.
Das Römische Volck nebst den Grossen waren unendlich er-
picht/ einen Römischen/ oder doch Jtaliänischen/ Pabst zu ha-
ben/ der sie nicht wieder verliesse; Und solcher Gelegenheit brauch-
te sich der Cardinal Ursini, welcher nach dem Pabstuhm un-
vergleichen Appetit hatte/ und hetzte die Römer unter der Hand
immer mehr an; Hingegen bestund der größte Theil der Car-
dinäle aus Frantzosen/ welche durchaus einen aus ihrer nation
wolten erhoben sehen. Da sie sich nun darüber nicht verglei-
chen konnten/ stürmten die Römer indessen das Conclave, und
zwungen die Cardinäle/ daß sie endlich Barthol. Prignani, den
Ertzbischoff von Bari, im Königreich Neapolis, wehlten/ in der
Hoffnung/ weil sie ihn vor den ehrlichsten Praelaten hielten/ er
würde die Wahl/ sie von den rasenden Volck zu erretten/ nur
zum Schein annehmen/ und hernach ihnen zu einer andern
Wahl Freyheit verschafften. Allein sie funden sich betrogen:
Der neue Pabst/ der sich Urbanum V. nennte/ brauchte sich
der Römer/ und zwung die Cardinäle/ ihn vor rechtmäßigen
Pabst zu erkennen/ hielte sie auch/ da sie sich etwas wiedersaz-
ten/ sehr hart. Sie machten sich aber meistens heimlich davon/
und wehlten zu Fondi den Graffen von Genff zum Pabst/ wel-
cher sich Clementem VII. nennete. Beyde Päbste nahmen
Soldaten an/ und forcirten einander recht schändlich mit den
Waffen. Auf Urbani Seiten stund der Käyser und Deutschland/
ingleichen Engelland/ Ungarn und der gröste Theil von Jtalien/
auff Clementis Franckreich und Neapolis, Castilien/ Schott-
land und Savoyen. Jener residirte zu Rom/ dieser zu Avi-
gnon.
Nach ihrem Todte wehlten die Römer Bonifacium
IX.
welcher die Stadt-Partey ziemlich zu Gehorsam brachte/
die zu Avignon aber einen äusserst verschmitzten Spanier/

aus

Intriguen.
offt geaͤndert/ da bald zwey/ bald ein Senator, und zwar zuletzt
gar frembde/ geordnet wurden.

Endlich ließ ſich Gregorius XII. bereden/ daß er wieder nach
Rom kam/ allda aber durch ſeinen Todt zu einer groſſen Tren-
nung/ oder dem ſo genannten Schiſmate zu Avignon, Anlaß gab.
Das Roͤmiſche Volck nebſt den Groſſen waren unendlich er-
picht/ einen Roͤmiſchen/ oder doch Jtaliaͤniſchen/ Pabſt zu ha-
ben/ der ſie nicht wieder verlieſſe; Und ſolcher Gelegenheit brauch-
te ſich der Cardinal Urſini, welcher nach dem Pabſtuhm un-
vergleichen Appetit hatte/ und hetzte die Roͤmer unter der Hand
immer mehr an; Hingegen beſtund der groͤßte Theil der Car-
dinaͤle aus Frantzoſen/ welche durchaus einen aus ihrer nation
wolten erhoben ſehen. Da ſie ſich nun daruͤber nicht verglei-
chen konnten/ ſtuͤrmten die Roͤmer indeſſen das Conclave, und
zwungen die Cardinaͤle/ daß ſie endlich Barthol. Prignani, den
Ertzbiſchoff von Bari, im Koͤnigreich Neapolis, wehlten/ in der
Hoffnung/ weil ſie ihn vor den ehrlichſten Prælaten hielten/ er
wuͤrde die Wahl/ ſie von den raſenden Volck zu erretten/ nur
zum Schein annehmen/ und hernach ihnen zu einer andern
Wahl Freyheit verſchafften. Allein ſie funden ſich betrogen:
Der neue Pabſt/ der ſich Urbanum V. nennte/ brauchte ſich
der Roͤmer/ und zwung die Cardinaͤle/ ihn vor rechtmaͤßigen
Pabſt zu erkennen/ hielte ſie auch/ da ſie ſich etwas wiederſaz-
ten/ ſehr hart. Sie machten ſich aber meiſtens heimlich davon/
und wehlten zu Fondi den Graffen von Genff zum Pabſt/ wel-
cher ſich Clementem VII. nennete. Beyde Paͤbſte nahmen
Soldaten an/ und forcirten einander recht ſchaͤndlich mit den
Waffen. Auf Urbani Seiten ſtund der Kaͤyſer und Deutſchland/
ingleichen Engelland/ Ungarn und der groͤſte Theil von Jtalien/
auff Clementis Franckreich und Neapolis, Caſtilien/ Schott-
land und Savoyen. Jener reſidirte zu Rom/ dieſer zu Avi-
gnon.
Nach ihrem Todte wehlten die Roͤmer Bonifacium
IX.
welcher die Stadt-Partey ziemlich zu Gehorſam brachte/
die zu Avignon aber einen aͤuſſerſt verſchmitzten Spanier/

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[103/0113] Intriguen. offt geaͤndert/ da bald zwey/ bald ein Senator, und zwar zuletzt gar frembde/ geordnet wurden. Endlich ließ ſich Gregorius XII. bereden/ daß er wieder nach Rom kam/ allda aber durch ſeinen Todt zu einer groſſen Tren- nung/ oder dem ſo genannten Schiſmate zu Avignon, Anlaß gab. Das Roͤmiſche Volck nebſt den Groſſen waren unendlich er- picht/ einen Roͤmiſchen/ oder doch Jtaliaͤniſchen/ Pabſt zu ha- ben/ der ſie nicht wieder verlieſſe; Und ſolcher Gelegenheit brauch- te ſich der Cardinal Urſini, welcher nach dem Pabſtuhm un- vergleichen Appetit hatte/ und hetzte die Roͤmer unter der Hand immer mehr an; Hingegen beſtund der groͤßte Theil der Car- dinaͤle aus Frantzoſen/ welche durchaus einen aus ihrer nation wolten erhoben ſehen. Da ſie ſich nun daruͤber nicht verglei- chen konnten/ ſtuͤrmten die Roͤmer indeſſen das Conclave, und zwungen die Cardinaͤle/ daß ſie endlich Barthol. Prignani, den Ertzbiſchoff von Bari, im Koͤnigreich Neapolis, wehlten/ in der Hoffnung/ weil ſie ihn vor den ehrlichſten Prælaten hielten/ er wuͤrde die Wahl/ ſie von den raſenden Volck zu erretten/ nur zum Schein annehmen/ und hernach ihnen zu einer andern Wahl Freyheit verſchafften. Allein ſie funden ſich betrogen: Der neue Pabſt/ der ſich Urbanum V. nennte/ brauchte ſich der Roͤmer/ und zwung die Cardinaͤle/ ihn vor rechtmaͤßigen Pabſt zu erkennen/ hielte ſie auch/ da ſie ſich etwas wiederſaz- ten/ ſehr hart. Sie machten ſich aber meiſtens heimlich davon/ und wehlten zu Fondi den Graffen von Genff zum Pabſt/ wel- cher ſich Clementem VII. nennete. Beyde Paͤbſte nahmen Soldaten an/ und forcirten einander recht ſchaͤndlich mit den Waffen. Auf Urbani Seiten ſtund der Kaͤyſer und Deutſchland/ ingleichen Engelland/ Ungarn und der groͤſte Theil von Jtalien/ auff Clementis Franckreich und Neapolis, Caſtilien/ Schott- land und Savoyen. Jener reſidirte zu Rom/ dieſer zu Avi- gnon. Nach ihrem Todte wehlten die Roͤmer Bonifacium IX. welcher die Stadt-Partey ziemlich zu Gehorſam brachte/ die zu Avignon aber einen aͤuſſerſt verſchmitzten Spanier/ aus

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Zitationshilfe: Löscher, Valentin Ernst: Historie Des Römischen Huren-Regiments Der Theodoræ und Maroziæ. Leipzig, 1705, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/loescher_historie_1705/113>, abgerufen am 21.11.2024.