Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Löscher, Valentin Ernst: Historie Des Römischen Huren-Regiments Der Theodoræ und Maroziæ. Leipzig, 1705.

Bild:
<< vorherige Seite
Histor. medii aevi.
Vierdte Abtheilung/
begreiffend,
Die
Ideen des medii aevi.

ES ist ein allgemeiner Fehler bey Tractirung der
Historie, daß man von denen frembden und ver-
gangenen Dingen keine zulängliche Ideen hat/
u. also sich dieselben nach seiner Lands-Zeit u. Art
vorstellet/ woraus denn allerhand Jrrungen ent-
stehen müssen. Solches ist zuförderst bey dem medio aevo in
acht zu nehmen/ dessen Dinge durchgängig andre Jdeen mit sich
führen/ als sie zu unsrer Zeit sind/ daher man in Ermanglung der-
selben sich offt gar nicht darein finden kann. Es mag demnach dieses
nöthigste Stück unsrer Einleitung allhier folgen. Zu erst sollen
die General-Jdeen nach denen Seculis von der besondern Art
und Genio dieser und jener Zeit angeführet werden/ hernach die ab-
sonderliche Ideen von dem Staat/ Sprache/ Rechten/ Processen,
Müntzen/ etc. Bey denen General-Ideen ist der Unterscheid zu
brauchen/ daß einige Dinge nur auff jedes Seculum einer beson-
dern Jdee bedürffen/ andre aber/ so noch mehrer Veränderung
unterworffen/ noch vor dem Abfluß eines Seculi müssen verneu-
ert werden: Wir wollen mit den ersten/ so weit wir kommen kön-
nen/ verfahren.

Jm sechsten Seculo nach Christi Geburt brach die Barba-
rey/ so sich im vorigen gezeiget/ mit hellen Hauffen ein/ ohne was
noch im Griechischen Reich übrig blieb/ nebst einigen reliquien
des alten netten Zustands in der Gelehrsamkeit und sonst/ bey ei-
nigen Frantzösischen und Jtaliänischen Clericis: das übrige
ward alles von denen immer mehr einbrechenden Barbarn wild
und rauhe. Die damahls bekannte Welt ward eingetheilet in das

Rö-
Hiſtor. medii ævi.
Vierdte Abtheilung/
begreiffend,
Die
Idéen des medii ævi.

ES iſt ein allgemeiner Fehler bey Tractirung der
Hiſtorie, daß man von denen frembden und ver-
gangenen Dingen keine zulaͤngliche Idéen hat/
u. alſo ſich dieſelben nach ſeiner Lands-Zeit u. Art
vorſtellet/ woraus denn allerhand Jrrungen ent-
ſtehen muͤſſen. Solches iſt zufoͤrderſt bey dem medio ævo in
acht zu nehmen/ deſſen Dinge durchgaͤngig andre Jdéen mit ſich
fuͤhren/ als ſie zu unſrer Zeit ſind/ daher man in Ermanglung der-
ſelben ſich offt gar nicht darein findẽ kañ. Es mag demnach dieſes
noͤthigſte Stuͤck unſrer Einleitung allhier folgen. Zu erſt ſollen
die General-Jdéen nach denen Seculis von der beſondern Art
Genio dieſer und jener Zeit angefuͤhret werden/ hernach die ab-
ſonderliche Idéen von dem Staat/ Sprache/ Rechten/ Proceſſen,
Muͤntzen/ ꝛc. Bey denen General-Idéen iſt der Unterſcheid zu
brauchen/ daß einige Dinge nur auff jedes Seculum einer beſon-
dern Jdée beduͤrffen/ andre aber/ ſo noch mehrer Veraͤnderung
unterworffen/ noch vor dem Abfluß eines Seculi muͤſſen verneu-
ert werden: Wir wollen mit den erſten/ ſo weit wir kommen koͤn-
nen/ verfahren.

Jm ſechſten Seculo nach Chriſti Geburt brach die Barba-
rey/ ſo ſich im vorigen gezeiget/ mit hellen Hauffen ein/ ohne was
noch im Griechiſchen Reich uͤbrig blieb/ nebſt einigen reliquien
des alten netten Zuſtands in der Gelehrſamkeit und ſonſt/ bey ei-
nigen Frantzoͤſiſchen und Jtaliaͤniſchen Clericis: das uͤbrige
ward alles von denen immer mehr einbrechenden Barbarn wild
und rauhe. Die damahls bekannte Welt ward eingetheilet in das

Roͤ-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0241" n="223"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#aq">Hi&#x017F;tor. medii ævi.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Vierdte Abtheilung/<lb/>
begreiffend,<lb/>
Die</hi> <hi rendition="#aq">Idéen</hi> <hi rendition="#b">des</hi> <hi rendition="#aq">medii ævi.</hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">E</hi>S i&#x017F;t ein allgemeiner Fehler bey <hi rendition="#aq">Tracti</hi>rung der<lb/><hi rendition="#aq">Hi&#x017F;torie,</hi> daß man von denen frembden und ver-<lb/>
gangenen Dingen keine zula&#x0364;ngliche <hi rendition="#aq">Idéen</hi> hat/<lb/>
u. al&#x017F;o &#x017F;ich die&#x017F;elben nach &#x017F;einer Lands-Zeit u. Art<lb/>
vor&#x017F;tellet/ woraus denn allerhand Jrrungen ent-<lb/>
&#x017F;tehen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Solches i&#x017F;t zufo&#x0364;rder&#x017F;t bey dem <hi rendition="#aq">medio ævo</hi> in<lb/>
acht zu nehmen/ de&#x017F;&#x017F;en Dinge durchga&#x0364;ngig andre <hi rendition="#aq">Jdéen</hi> mit &#x017F;ich<lb/>
fu&#x0364;hren/ als &#x017F;ie zu un&#x017F;rer Zeit &#x017F;ind/ daher man in Ermanglung der-<lb/>
&#x017F;elben &#x017F;ich offt gar nicht darein find&#x1EBD; kañ. Es mag demnach die&#x017F;es<lb/>
no&#x0364;thig&#x017F;te Stu&#x0364;ck un&#x017F;rer Einleitung allhier folgen. Zu er&#x017F;t &#x017F;ollen<lb/>
die General-<hi rendition="#aq">Jdéen</hi> nach denen Seculis von der be&#x017F;ondern Art<lb/><hi rendition="#aq">Genio</hi> die&#x017F;er und jener Zeit angefu&#x0364;hret werden/ hernach die ab-<lb/>
&#x017F;onderliche <hi rendition="#aq">Idéen</hi> von dem Staat/ Sprache/ Rechten/ <hi rendition="#aq">Proce&#x017F;&#x017F;en,</hi><lb/>
Mu&#x0364;ntzen/ &#xA75B;c. Bey denen General-<hi rendition="#aq">Idéen</hi> i&#x017F;t der Unter&#x017F;cheid zu<lb/>
brauchen/ daß einige Dinge nur auff jedes Seculum einer be&#x017F;on-<lb/>
dern <hi rendition="#aq">Jdée</hi> bedu&#x0364;rffen/ andre aber/ &#x017F;o noch mehrer Vera&#x0364;nderung<lb/>
unterworffen/ noch vor dem Abfluß eines Seculi mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en verneu-<lb/>
ert werden: Wir wollen mit den er&#x017F;ten/ &#x017F;o weit wir kommen ko&#x0364;n-<lb/>
nen/ verfahren.</p><lb/>
          <p>Jm <hi rendition="#fr">&#x017F;ech&#x017F;ten</hi> Seculo nach Chri&#x017F;ti Geburt brach die Barba-<lb/>
rey/ &#x017F;o &#x017F;ich im vorigen gezeiget/ mit hellen Hauffen ein/ ohne was<lb/>
noch im Griechi&#x017F;chen Reich u&#x0364;brig blieb/ neb&#x017F;t einigen <hi rendition="#aq">reliquien</hi><lb/>
des alten netten Zu&#x017F;tands in der Gelehr&#x017F;amkeit und &#x017F;on&#x017F;t/ bey ei-<lb/>
nigen Frantzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen und Jtalia&#x0364;ni&#x017F;chen <hi rendition="#aq">Clericis:</hi> das u&#x0364;brige<lb/>
ward alles von denen immer mehr einbrechenden Barbarn wild<lb/>
und rauhe. Die damahls bekannte Welt ward eingetheilet in das<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ro&#x0364;-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[223/0241] Hiſtor. medii ævi. Vierdte Abtheilung/ begreiffend, Die Idéen des medii ævi. ES iſt ein allgemeiner Fehler bey Tractirung der Hiſtorie, daß man von denen frembden und ver- gangenen Dingen keine zulaͤngliche Idéen hat/ u. alſo ſich dieſelben nach ſeiner Lands-Zeit u. Art vorſtellet/ woraus denn allerhand Jrrungen ent- ſtehen muͤſſen. Solches iſt zufoͤrderſt bey dem medio ævo in acht zu nehmen/ deſſen Dinge durchgaͤngig andre Jdéen mit ſich fuͤhren/ als ſie zu unſrer Zeit ſind/ daher man in Ermanglung der- ſelben ſich offt gar nicht darein findẽ kañ. Es mag demnach dieſes noͤthigſte Stuͤck unſrer Einleitung allhier folgen. Zu erſt ſollen die General-Jdéen nach denen Seculis von der beſondern Art uñ Genio dieſer und jener Zeit angefuͤhret werden/ hernach die ab- ſonderliche Idéen von dem Staat/ Sprache/ Rechten/ Proceſſen, Muͤntzen/ ꝛc. Bey denen General-Idéen iſt der Unterſcheid zu brauchen/ daß einige Dinge nur auff jedes Seculum einer beſon- dern Jdée beduͤrffen/ andre aber/ ſo noch mehrer Veraͤnderung unterworffen/ noch vor dem Abfluß eines Seculi muͤſſen verneu- ert werden: Wir wollen mit den erſten/ ſo weit wir kommen koͤn- nen/ verfahren. Jm ſechſten Seculo nach Chriſti Geburt brach die Barba- rey/ ſo ſich im vorigen gezeiget/ mit hellen Hauffen ein/ ohne was noch im Griechiſchen Reich uͤbrig blieb/ nebſt einigen reliquien des alten netten Zuſtands in der Gelehrſamkeit und ſonſt/ bey ei- nigen Frantzoͤſiſchen und Jtaliaͤniſchen Clericis: das uͤbrige ward alles von denen immer mehr einbrechenden Barbarn wild und rauhe. Die damahls bekannte Welt ward eingetheilet in das Roͤ-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/loescher_historie_1705
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/loescher_historie_1705/241
Zitationshilfe: Löscher, Valentin Ernst: Historie Des Römischen Huren-Regiments Der Theodoræ und Maroziæ. Leipzig, 1705, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/loescher_historie_1705/241>, abgerufen am 09.05.2024.