Logau, Friedrich von: Deutscher Sinn-Getichte Drey Tausend. Breslau. 1654.Erstes Tausend 14. Grabschrifft/ eines Speise- oder Kuchelmeisters. Der hier begraben liegt/ der hielt sehr viel vom essen Und kan im Grabe noch deß essens nicht vergessen; Denn/ weil er selbst nicht mehr die Essens-Lust kan büssen Gibt er sein eigen Fleisch den Würmen zu geniessen. 15. Von der Phyllide. EJnes Morgens schaut ich gehen Phyllis vor den Rosenstrauch/ Da sie nach gewohntem Brauch Seine Zierden sahe stehen. Damals kont ich nicht vergleichen Welches vnter jhnen wol/ Weil sie beyd an Schönheit voll/ Von dem Siege solte weichen: Ob die Phyllis angenommen Von den Rosen jhre Zier/ Oder ob vielleicht von jhr Solche solcher Schein bekommeu/ War gar übel zu bescheiden/ Denn ich hatt in jhren Glantz Mich vertieffet also gantz/ Muste nur die Augen weiden. Endlich hab ich doch erfahren/ Als der Sonne güldnes Rad Traff den letzten Tages-Grad/ Daß die Rosen Diebe waren; Weil
Erſtes Tauſend 14. Grabſchrifft/ eines Speiſe- oder Kuchelmeiſters. Der hier begraben liegt/ der hielt ſehr viel vom eſſen Und kan im Grabe noch deß eſſens nicht vergeſſen; Denn/ weil er ſelbſt nicht mehr die Eſſens-Luſt kan buͤſſen Gibt er ſein eigen Fleiſch den Wuͤrmen zu genieſſen. 15. Von der Phyllide. EJnes Morgens ſchaut ich gehen Phyllis vor den Roſenſtrauch/ Da ſie nach gewohntem Brauch Seine Zierden ſahe ſtehen. Damals kont ich nicht vergleichen Welches vnter jhnen wol/ Weil ſie beyd an Schoͤnheit voll/ Von dem Siege ſolte weichen: Ob die Phyllis angenommen Von den Roſen jhre Zier/ Oder ob vielleicht von jhr Solche ſolcher Schein bekommeu/ War gar uͤbel zu beſcheiden/ Denn ich hatt in jhren Glantz Mich vertieffet alſo gantz/ Muſte nur die Augen weiden. Endlich hab ich doch erfahren/ Als der Sonne guͤldnes Rad Traff den letzten Tages-Grad/ Daß die Roſen Diebe waren; Weil
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Erſtes Tauſend
14.
Grabſchrifft/ eines Speiſe- oder
Kuchelmeiſters.
Der hier begraben liegt/ der hielt ſehr viel vom eſſen
Und kan im Grabe noch deß eſſens nicht vergeſſen;
Denn/ weil er ſelbſt nicht mehr die Eſſens-Luſt kan buͤſſen
Gibt er ſein eigen Fleiſch den Wuͤrmen zu genieſſen.
15.
Von der Phyllide.
EJnes Morgens ſchaut ich gehen
Phyllis vor den Roſenſtrauch/
Da ſie nach gewohntem Brauch
Seine Zierden ſahe ſtehen.
Damals kont ich nicht vergleichen
Welches vnter jhnen wol/
Weil ſie beyd an Schoͤnheit voll/
Von dem Siege ſolte weichen:
Ob die Phyllis angenommen
Von den Roſen jhre Zier/
Oder ob vielleicht von jhr
Solche ſolcher Schein bekommeu/
War gar uͤbel zu beſcheiden/
Denn ich hatt in jhren Glantz
Mich vertieffet alſo gantz/
Muſte nur die Augen weiden.
Endlich hab ich doch erfahren/
Als der Sonne guͤldnes Rad
Traff den letzten Tages-Grad/
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