Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Logau, Friedrich von: Deutscher Sinn-Getichte Drey Tausend. Breslau. 1654.

Bild:
<< vorherige Seite
Erstes Tausend
19.
Das Haus-Leben.
JSt Glücke wo vnd was/ so halt ich mir für Glücke
Wann ich mein eigen bin/ daß ich kein Dienstbar Ohr
Um weg verkauffte Pflicht darff recken hoch empor/
Und horchen auff Befehl: Daß mich der Neid berücke
Da bin ich Sorgen-los: Die schmale stürtze-Brücke
Darauff nach Gunst man zeucht/ die bringt mir nicht Gefahr/
Jch stehe wo ich steh vnd bleibe wo ich war;
Der Ehre scheinlich Gifft/ deß Hofes Meisterstücke
Was gehen die mich an? Gut! daß mir das vergnügen
Für grosse Würde gilt! mir ist ja noch so wol
Als dem der Wanst zerschwüllt/ dieweil er Hoffart voll;
Wer biegen sich nicht kan bleibt wann er fället liegen:
Nach Purpur tracht ich nicht/ ich neme weit dafür
Wann Gott ich leben kan/ dem Nechsten vnd auch mir.
20.
Brautschrifft.
BEy so wildem wüsten Wesen/
Da fast niemand kan genesen/
Da die Wolfahrt gar verfähret/
Da das Heil sich abezehret/
Wil von jhren besten Sachen
Ordnung eine Jungfer machen;
Nämlich alles liebe Ding
Das sie auch zum Erb empfing/
Wil sie einem Freunde geben
Weil sie noch fühlt Wärmd vnd Leben.
Nun/ die Testamenterin
Frisch von Leibe/ frisch von Sinn
Führt jhr volles Wolbelieben
Jn dem Busem auffgeschrieben/
Hat
Erſtes Tauſend
19.
Das Haus-Leben.
JSt Gluͤcke wo vnd was/ ſo halt ich mir fuͤr Gluͤcke
Wann ich mein eigen bin/ daß ich kein Dienſtbar Ohr
Um weg verkauffte Pflicht darff recken hoch empor/
Und horchen auff Befehl: Daß mich der Neid beruͤcke
Da bin ich Sorgen-los: Die ſchmale ſtuͤrtze-Bruͤcke
Darauff nach Gunſt man zeucht/ die bringt mir nicht Gefahr/
Jch ſtehe wo ich ſteh vnd bleibe wo ich war;
Der Ehre ſcheinlich Gifft/ deß Hofes Meiſterſtuͤcke
Was gehen die mich an? Gut! daß mir das vergnuͤgen
Fuͤr groſſe Wuͤrde gilt! mir iſt ja noch ſo wol
Als dem der Wanſt zerſchwuͤllt/ dieweil er Hoffart voll;
Wer biegen ſich nicht kan bleibt wann er faͤllet liegen:
Nach Purpur tracht ich nicht/ ich neme weit dafuͤr
Wann Gott ich leben kan/ dem Nechſten vnd auch mir.
20.
Brautſchrifft.
BEy ſo wildem wuͤſten Weſen/
Da faſt niemand kan geneſen/
Da die Wolfahrt gar verfaͤhret/
Da das Heil ſich abezehret/
Wil von jhren beſten Sachen
Ordnung eine Jungfer machen;
Naͤmlich alles liebe Ding
Das ſie auch zum Erb empfing/
Wil ſie einem Freunde geben
Weil ſie noch fuͤhlt Waͤrmd vnd Leben.
Nun/ die Teſtamenterin
Friſch von Leibe/ friſch von Sinn
Fuͤhrt jhr volles Wolbelieben
Jn dem Buſem auffgeſchrieben/
Hat
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0202" n="168"/>
          <fw place="top" type="header">Er&#x017F;tes Tau&#x017F;end</fw><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">19.</hi> </head><lb/>
            <lg type="poem">
              <head> <hi rendition="#b">Das Haus-Leben.</hi> </head><lb/>
              <lg>
                <l><hi rendition="#in">J</hi>St Glu&#x0364;cke wo vnd was/ &#x017F;o halt ich mir fu&#x0364;r Glu&#x0364;cke</l><lb/>
                <l>Wann ich mein eigen bin/ daß ich kein Dien&#x017F;tbar Ohr</l><lb/>
                <l>Um weg verkauffte Pflicht darff recken hoch empor/</l><lb/>
                <l>Und horchen auff Befehl: Daß mich der Neid beru&#x0364;cke</l><lb/>
                <l>Da bin ich Sorgen-los: Die &#x017F;chmale &#x017F;tu&#x0364;rtze-Bru&#x0364;cke</l><lb/>
                <l>Darauff nach Gun&#x017F;t man zeucht/ die bringt mir nicht Gefahr/</l><lb/>
                <l>Jch &#x017F;tehe wo ich &#x017F;teh vnd bleibe wo ich war;</l><lb/>
                <l>Der Ehre &#x017F;cheinlich Gifft/ deß Hofes Mei&#x017F;ter&#x017F;tu&#x0364;cke</l><lb/>
                <l>Was gehen die mich an? Gut! daß mir das vergnu&#x0364;gen</l><lb/>
                <l>Fu&#x0364;r gro&#x017F;&#x017F;e Wu&#x0364;rde gilt! mir i&#x017F;t ja noch &#x017F;o wol</l><lb/>
                <l>Als dem der Wan&#x017F;t zer&#x017F;chwu&#x0364;llt/ dieweil er Hoffart voll;</l><lb/>
                <l>Wer biegen &#x017F;ich nicht kan bleibt wann er fa&#x0364;llet liegen:</l><lb/>
                <l>Nach Purpur tracht ich nicht/ ich neme weit dafu&#x0364;r</l><lb/>
                <l>Wann Gott ich leben kan/ dem Nech&#x017F;ten vnd auch mir.</l>
              </lg>
            </lg>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">20.</hi> </head><lb/>
            <lg type="poem">
              <head> <hi rendition="#b">Braut&#x017F;chrifft.</hi> </head><lb/>
              <lg>
                <l><hi rendition="#in">B</hi>Ey &#x017F;o wildem wu&#x0364;&#x017F;ten We&#x017F;en/</l><lb/>
                <l>Da fa&#x017F;t niemand kan gene&#x017F;en/</l><lb/>
                <l>Da die Wolfahrt gar verfa&#x0364;hret/</l><lb/>
                <l>Da das Heil &#x017F;ich abezehret/</l><lb/>
                <l>Wil von jhren be&#x017F;ten Sachen</l><lb/>
                <l>Ordnung eine Jungfer machen;</l><lb/>
                <l>Na&#x0364;mlich alles liebe Ding</l><lb/>
                <l>Das &#x017F;ie auch zum Erb empfing/</l><lb/>
                <l>Wil &#x017F;ie einem Freunde geben</l><lb/>
                <l>Weil &#x017F;ie noch fu&#x0364;hlt Wa&#x0364;rmd vnd Leben.</l>
              </lg><lb/>
              <lg type="poem">
                <l>Nun/ die Te&#x017F;tamenterin</l><lb/>
                <l>Fri&#x017F;ch von Leibe/ fri&#x017F;ch von Sinn</l><lb/>
                <l>Fu&#x0364;hrt jhr volles Wolbelieben</l><lb/>
                <l>Jn dem Bu&#x017F;em auffge&#x017F;chrieben/</l><lb/>
                <fw place="bottom" type="catch">Hat</fw><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[168/0202] Erſtes Tauſend 19. Das Haus-Leben. JSt Gluͤcke wo vnd was/ ſo halt ich mir fuͤr Gluͤcke Wann ich mein eigen bin/ daß ich kein Dienſtbar Ohr Um weg verkauffte Pflicht darff recken hoch empor/ Und horchen auff Befehl: Daß mich der Neid beruͤcke Da bin ich Sorgen-los: Die ſchmale ſtuͤrtze-Bruͤcke Darauff nach Gunſt man zeucht/ die bringt mir nicht Gefahr/ Jch ſtehe wo ich ſteh vnd bleibe wo ich war; Der Ehre ſcheinlich Gifft/ deß Hofes Meiſterſtuͤcke Was gehen die mich an? Gut! daß mir das vergnuͤgen Fuͤr groſſe Wuͤrde gilt! mir iſt ja noch ſo wol Als dem der Wanſt zerſchwuͤllt/ dieweil er Hoffart voll; Wer biegen ſich nicht kan bleibt wann er faͤllet liegen: Nach Purpur tracht ich nicht/ ich neme weit dafuͤr Wann Gott ich leben kan/ dem Nechſten vnd auch mir. 20. Brautſchrifft. BEy ſo wildem wuͤſten Weſen/ Da faſt niemand kan geneſen/ Da die Wolfahrt gar verfaͤhret/ Da das Heil ſich abezehret/ Wil von jhren beſten Sachen Ordnung eine Jungfer machen; Naͤmlich alles liebe Ding Das ſie auch zum Erb empfing/ Wil ſie einem Freunde geben Weil ſie noch fuͤhlt Waͤrmd vnd Leben. Nun/ die Teſtamenterin Friſch von Leibe/ friſch von Sinn Fuͤhrt jhr volles Wolbelieben Jn dem Buſem auffgeſchrieben/ Hat

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/logau_sinngetichte_1654
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/logau_sinngetichte_1654/202
Zitationshilfe: Logau, Friedrich von: Deutscher Sinn-Getichte Drey Tausend. Breslau. 1654, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/logau_sinngetichte_1654/202>, abgerufen am 21.11.2024.